EditorialZur nötigen Medienkritik – Kritische Auseinandersetzung stärkt Legitimität der Berichterstattung

Editorial / Zur nötigen Medienkritik – Kritische Auseinandersetzung stärkt Legitimität der Berichterstattung
Ein Auge fürs Detail: Seit einiger Zeit persifliert eine Website den Auftritt von RTL – mit offenbar durchaus ernstgemeintem Hintergrund Foto: Screenshot

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Das Künstlerkollektiv Richtung22 macht seit geraumer Zeit mit einer Satireseite, die dem ehemaligen Internetauftritt von RTL sehr ähnelt, auf Probleme in der Medienlandschaft (und speziell bei RTL) aufmerksam. Damit wird eine Debatte angestoßen, die schon seit längerem hätte geführt werden müssen.

Dass RTL als privates Unternehmen einen öffentlichen Auftrag ausführt, kann ohne Weiteres als problematisch erachtet werden – ungeachtet dessen, wie sich die Gelder, die der Staat im Rahmen seines Konventionsvertrags an das Medienunternehmen auszahlt, auf die restliche Medienlandschaft auswirken. Als der Konventionsvertrag 2021 erneuert wurde, wiesen bereits LSAP und „déi Lénk“ auf die Problematik hin, ein privates Unternehmen mit einem öffentlichen Auftrag zu versehen. „Wir müssen die private Schiene überdenken“, sagte die LSAP-Politikerin Francine Closener in der Chamber. „Die vorliegende Konvention bietet genügend Zeit, bis 2030 etwas auf die Beine zu stellen.“

Die CSV-DP-Koalition wird voraussichtlich bis 2028 an der Macht sein. Im Koalitionsvertrag ist eine entsprechende Reform jedoch nicht angedacht. Und beim kommenden Regierungswechsel wird es dann wieder zu spät sein, um eine entsprechende Reform vor dem Auslaufen der Konvention anzugehen, ohne zahlreiche Arbeitsplätze zu gefährden. Die Zeichen stehen also auf „Weiter so“.

Der Presserat hat bereits angekündigt, dass sogenannter „Service-Journalismus“ (das Vermischen von Werbung und Journalismus) untersucht werden soll. Das hat die Kommission im Presserat, die die Presseausweise an Journalisten ausstellt, dringend gefordert. Ein erster wichtiger Schritt, um die Trennschärfe zwischen professionellem Journalismus und purem Marketing auch zukünftig zu gewährleisten.

Ob Vermischung zwischen Werbung und redaktionellen Artikeln oder das einfache Wiedergeben von Polizeimeldungen: Kritik von Richtung22 sollte nicht allein auf RTL bezogen werden. Jede Redaktion des Landes könnte sich angesichts der vorgebrachten Punkte einmal selbst kritisch betrachten. Dass die Debatte bisher ausgeblieben ist, ist ebenso unverständlich wie verhängnisvoll.

Wie in anderen Berufssparten auch, kennt man sich in der Medienbranche. Häufig begegnen sich Journalisten, Fotografen und Kameraleute – kurzum Medienschaffende – mehrmals die Woche auf dem einen oder anderen Termin. Den Kollegen, zu denen man ein professionelles oder gar freundschaftliches Verhältnis pflegt, will man nicht unbedingt auf die Füße treten.

Das zeigt auch die jüngste Debatte um das Bettelverbot und die daran anschließenden Fehltritte einiger Politiker. Dass rechtsextreme Parteien auf solche Gelegenheiten warten, um die Grenzen des Sagbaren zu verschieben, ist bekannt. Dennoch griffen Medien Drohungen und anschließende Rechtfertigungen einiger Politiker ohne entsprechende Kontextualisierung auf („Weidig nach Drohung: Mein Kommentar wurde absichtlich missinterpretiert“ beim Luxemburger Wort) oder publizierten diskursverschiebende Headlines („Bettelverbot: Belästigung oder Menschenrecht“ bei RTL). Auch das Tageblatt ist vor solchen Fehltritten nicht gefeit und hat erst kürzlich im Rahmen der Berichterstattung um das Bettelverbot den Polizeijargon in der Überschrift eines Artikels übernommen (Polizei spricht von „Aktionsplan für öffentliche Sicherheit und Gesundheit“). Ein No-go für die Presse, deren Aufgabe es eigentlich ist, rechtsstaatliche und demokratische Werte hochzuhalten.

Diese Zeilen sollen kein Aufruf sein, sich unter Journalisten zu zerfleischen. Eine kritische Auseinandersetzung mit den eigenen Praktiken würde der Legitimität der Berichterstattung jedoch medienübergreifend dienlich sein und die vierte Macht im Staat nachhaltig stärken.

JJ
17. Januar 2024 - 10.30

Privatisierung von Schulwesen,Gesundheit und Sicherheit sollte auch überdacht werden. Da bleiben alle auf der Strecke ausser den Reichen.

fraulein smilla
17. Januar 2024 - 9.48

Ein Journalist darf keine Freundschaften pflegen ,weder zu Kollegen und auf gar keinen Fall zu Politiker egal welscher Couleur .Sowas wie das korrumpierende traditionelle Fischessen auf dem Oktavmaertschen ,duerfte es eigentlich nicht geben . Wo sind die guten alten Zeiten geblieben als beim Wort noch Abbe Heiderscheid und beim TB Alvin Sold aktiv waren ? Heute Einheitsbrei a gogo -Gegen das Bettelverbot ,gegen das Bettelverbot ......