Chamber-Debatte über NahostkonfliktXavier Bettel: „Wir sind Freunde des Friedens“

Chamber-Debatte über Nahostkonflikt / Xavier Bettel: „Wir sind Freunde des Friedens“
Außenminister Xavier Bettel besucht einen Kibbuz im Süden Israels, der am 7. Oktober von der Hamas überfallen wurde Foto: MAEE

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Mehr als drei Monate nach Beginn des Krieges in Israel und Gaza positioniert sich das luxemburgische Parlament. Bei der Forderung nach Waffenruhe und einer Zwei-Staaten-Lösung herrscht Einigkeit. Allein der Begriff „Genozid“ spaltet die Chamber.

Mehr als 100 Tage sind vergangen seit dem grausamen Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel, bei dem mehr als 1.300 Menschen ermordet und mehr als 250 Personen als Geiseln nach Gaza verschleppt wurden. 100 Tage, seitdem Israel als Antwort auf den Angriff und die immerwährenden Raketen aus Gaza begonnen hat, die Hamas zu attackieren, erst aus der Luft, später auch mit Bodentruppen. Bombardierungen und Gefechte, bei denen bis zum heutigen Tag wohl mehr als 23.000 Menschen ums Leben gekommen sind. 100 Tage, in denen dieser Konflikt zwischen Israel und Hamas Menschen auf der ganzen Welt beschäftigt – natürlich auch in Luxemburg. Schon im Dezember hatte „déi Lénk“ eine aktuelle Stunde im Parlament zum Nahostkonflikt angefragt, in der ersten Chamber-Sitzung nach der Winterpause am Dienstag war es so weit.

Der Nahostkonflikt ist seit jeher ein komplexes Thema, geprägt von oft diametral zueinander stehenden Positionen. Auch die Abgeordneten des Parlaments präsentieren in dieser aktuellen Stunde unterschiedliche Meinungen und Sichtweisen. Aber es gibt auch Einigkeit: Parteiübergreifend verurteilen alle Abgeordneten der Chamber den Überfall der Hamas aufs Schärfste. „Es ist nachvollziehbar, dass die israelische
Regierung alles daran setzt, seine Bürger und Bürgerinnen vor terroristischer Gewalt zu schützen“, sagt die außenpolitische Sprecherin von „déi gréng“, Sam Tanson. Gleichzeitig werden aber auch die vielen Toten in Gaza betrauert. Dissens gibt es hingegen in der Frage, wie diese Toten zu bezeichnen sind.

Eine Motion zu Den Haag wird abgelehnt

David Wagner von „déi Lénk“ und Initiator der aktuellen Stunde spricht in seiner Rede vor der Chamber von einem „Genozid“. Es werde von Tag zu Tag klarer, dass der Krieg gegen die Hamas als Vorwand genommen werde, „um die Palästinenser aus Gaza zu vertreiben“. In seiner Motion, die der Chamber zur Abstimmung vorgelegt wird, erinnert er an internationales Recht und die Rolle Luxemburgs. Wagner und „déi Lénk“, unterstützt von LSAP und „déi gréng“, fordern die Regierung dazu auf, die südafrikanische Klage wegen Völkermordes gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu unterstützen. Eine Mehrheit aus CSV, DP, ADR und Piraten wird diese Motion später ablehnen.

Bettel im Flüchtlingscamp Amari bei Ramallah
Bettel im Flüchtlingscamp Amari bei Ramallah Foto: MAEE 

Neben dieser Motion, die sich an die luxemburgische Regierung richtet, bringt Wagner an diesem Tag auch eine Resolution ein, die von der Mehrheit der Abgeordneten – mit Ausnahme der ADR – angenommen wird. In dieser Resolution verurteilt die Chamber die Terroranschläge vom 7. Oktober, bekräftigt das Selbstverteidigungsrecht Israels und fordert die sofortige Freilassung aller israelischen Geiseln. Gleichzeitig verurteilt sie aber auch die militärische Reaktion Israels als überzogen und disproportional und fordert einen sofortigen Waffenstillstand.

In dieser Frage gibt es in der Chamber viele Meinungsüberschneidungen. So spricht sich der CSV-Abgeordnete Christophe Hansen wie viele seiner Kollegen und Kolleginnen an diesem Tag für eine Waffenruhe aus: „So lange Kugeln, Bomben und Raketen fliegen, wird es keine ernsthaften Friedensverhandlungen geben.“ Der schwer zu erreichende Frieden steht auch im Zentrum der Rede von Außenminister Xavier Bettel (DP), der wenige Tage zuvor auf seiner ersten großen Auslandsreise Israel und das Westjordanland besucht hatte. Bettel zeigte sich tief berührt und erschüttert von seinen Besuchen in den von der Hamas überfallenen und zerstörten Kibbuzim nahe der Grenze zu Gaza, aber auch von den Zuständen im Flüchtlingslager Amari bei Ramallah im Westjordanland.

Zwei-Staaten-Lösung bleibt das Ziel

Der Hass auf beiden Seiten werde immer größer, berichtet Bettel über seine Gespräche mit Israelis und Palästinensern, es fehle eine Zukunftsperspektive. Gerade deshalb bestehe die Gefahr, dass sich viele Jugendliche weiter radikalisierten und zu Anhängern der Hamas würden. Die israelischen Siedlungen im Westjordanland bezeichnete Bettel als „pure Provokation in einer Situation, die sowieso schon brenzlig ist“. Der Außenminister bekräftigte noch einmal den Wunsch der Regierung nach einer Zwei-Staaten-Lösung. „Aber die bekommen wir im Moment nicht, weil das Vertrauen zu sehr zerstört ist.“ Bettel spricht über den Zwang, den viele verspüren würden, in dieser Situation ein eindeutiges Lager wählen zu müssen: entweder als Freund Israels oder als Freund der Palästinenser. „Wir sind Freunde des Friedens“, sagt Bettel zur Haltung der luxemburgischen Regierung.

Außenminister Bettel im Gespräch mit Mohammad Shtayyeh, Ministerpräsident der Palästinensischen Autonomiebehörde
Außenminister Bettel im Gespräch mit Mohammad Shtayyeh, Ministerpräsident der Palästinensischen Autonomiebehörde Foto: MAEE

Eine weitere Motion, die an diesem Tag eingebracht wird, stammt von Bettels Parteikollege Gusty Graas. In seiner Rede vor der Chamber warnt er die internationale Gemeinschaft vor einer Eskalation des Konflikts und verurteilt den Krieg, der „alle Grenzen der Barbarei überschreitet“. Neben einem Waffenstillstand plädiert der DP-Abgeordnete für eine sachliche und determinierte Diskussion. „Es ist mit Sicherheit nicht richtig, sich rein auf eine Seite festzulegen“, so Graas. „Wenn man den historischen Kontext betrachtet, muss man aber feststellen, dass sowohl die eine Seite als auch die andere Fehler gemacht hat und provokativ vorgegangen ist.“

Am Ende der aktuellen Stunde wird die Motion von Gusty Graas einstimmig angenommen. Die Chamber fordert die Regierung dazu auf, ihre Bemühungen um einen Waffenstillstand, die Freilassung aller Geiseln und eine Zwei-Staaten-Lösung weiterzuverfolgen. Die Regierung solle sich weiterhin für einen Schutz der Zivilbevölkerung in Gaza einsetzen und den israelischen Siedlungsbau auf internationaler Ebene verurteilen. Nach der Abstimmung bedankt sich Außenminister Bettel im Namen der Regierung spontan beim Parlament. „Eine große Stunde, als Chamber bei dieser Frage Einstimmigkeit fertig zu bringen“, so Bettel.

Außenminister Bettel mit seinem israelischen Amtskollegen Israel Katz
Außenminister Bettel mit seinem israelischen Amtskollegen Israel Katz Foto: Miri Shimonovich
den tutebatty
20. Januar 2024 - 13.16

Wat eng Ausso. Typesch Bettel!

luxmann
18. Januar 2024 - 18.11

Dass die rechtsextreme netanyahu regierung in Gaza genozid begeht scheint wohl fast jedem klar.

fraulein smilla
18. Januar 2024 - 9.53

Luxemburg soll sich zum Mitlaeufer des korrupten Suedafrikanischen Regime machen ? Von Dei Lenk ,den Tiersmondisten kann man wohl nichts anders erwarten aber LSAP und Dei Greng ,dei immerhin Regierungsanspruch haben haette man doch mehr aussenpolitische Kompetenz zugetraut .