Freefly: Wieso Patrick Floener Fallschirmspringer wurde

Freefly: Wieso Patrick Floener Fallschirmspringer wurde

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Patrick Floener ist bereits über 1.000 Mal aus einem Flugzeug gesprungen.
Das ist öfter, als viele in ihrem Leben in einem Flieger sitzen.

„Es ist ein Gefühl wie Fliegen“, erklärt Patrick Floener. 2017 war er Luxemburger Champion im Freefly, einer relativ neuen Disziplin im Fallschirmsport, bei der es auch schon mal kopfüber in die Tiefe geht. Überraschend kurz ist jedoch das eigentliche Flugvergnügen: Zwischen 45 Sekunden und einer Minute schweben die Springer in der Luft. Grundsätzlich werden sie mit dem Flugzeug auf eine Höhe von 4.000 bis 5.000 Metern gebracht. Das hat den Vorteil, dass sie sich dann länger im freien Fall befinden, um ihre Sprünge zu absolvieren.

Kurz vor dem Sprung in die Tiefe hat Patrick Floener keine Angst mehr. Das hat nach 30, 40 Sprüngen abgenommen. Ein gewisses Risiko besteht natürlich immer, doch „statistisch gesehen ist es sichererer als Autofahren“, betont der 30-Jährige. Doch er würde nie springen, wenn er mal nicht in Form sei. Bislang ist ihm noch nichts passiert. Er ist ein paar Mal bei der Landung gefallen, wenn der Untergrund nass war oder er ein schnelleres Tempo auf der Zielgeraden draufhatte. Wenn etwas geschieht, ist es sehr oft auf menschliches Versagen zurückzuführen: „Auch den Besten können Fehler passieren.“

Kurz vor dem Sprung aus dem Flugzeug, bevor es ernst wird, gilt es, sich mental auf das Kommende vorzubereiten. „Wenn es ein spezifischer Sprung ist oder viele Menschen dabei sind, dann gehe ich alles im Kopf durch, um zu wissen, wie ich wo hinkomme und worauf ich aufpassen muss.“

Ein Geschenk zum Geburtstag

Alles begann vor gut fünf Jahren, als seine Schwestern ihm zu seinem 25. Geburtstag den ersten Ausbildungssprung geschenkt haben. „Sie meinten, ich hätte ständig davon gesprochen.“ Das Hobby nimmt natürlich eine Menge Zeit in Anspruch: „Im Sommer sind wir eigentlich jedes Wochenende irgendwo unterwegs, um zu springen, solange es das Wetter zulässt.“ Im Winter machen Patrick Floener und seine Mitstreiter Urlaub an sonnigen Orten, um springen zu können. „Es ist nicht immer so einfach, die Balance zwischen genügend Training, den Events und Familie, Freunden und sonstigen Freizeitaktivitäten zu finden.“


Disziplinen im Fallschirmsport

Im Gegensatz zum herkömmlichen Formationsspringen bewegt sich der Sportler beim Freefly in allen möglichen Körperhaltungen der Erde entgegen. Dabei wird zwischen „Head up“ (Kopf nach oben) und „Head down“ (Kopf nach unten) unterschieden. Durch diese Positionen hat der Körper weniger Luftwiderstand und es können Geschwindigkeiten von bis zu 350 km/h erreicht werden. Entsprechend schwieriger als beim traditionellen Formationsspringen ist es dann auch, die einzelnen Formationen aufzubauen.


Freefly entdeckte er bei seinem ersten Flug in einem Windkanal. Damals waren noch andere Freeflyer vor Ort und deren Künste haben ihn sofort beeindruckt. Der Windkanal ist perfekt zum Üben: „Wir können uns auf das reine Fliegen konzentrieren. Es hat den weiteren Vorteil, dass die Freeflyer dort im Detail an ihren Sprüngen arbeiten können, um sie später durchzuführen. Die Coaches, die im Windkanal arbeiten, haben oft bereits 20 Jahre Flugerfahrung und können ganz genau sagen, was bei der Körperhaltung gut und weniger gut war und wie es möglich ist, schneller oder langsamer zu fliegen.“ Etwas anderes ist es natürlich, wenn die Gruppe für einen Absprung zuerst 15 Minuten lang nach oben fliegt, sich dann vorbereitet, herausspringt und sich auf alles konzentrieren muss, was mit dem Sprung zu tun hat.

Europarekord im Blick

Das nicht ganz alltägliche Hobby wird von Familie und Freunden eigentlich ganz positiv angenommen und stößt auf Interesse. Seine Schwestern haben einen Tandemsprung absolviert. Eine von ihnen hat Patrick Floener sogar beim Sprung begleitet. „Prinzipiell reden wir nicht so viel darüber. Es ist ein Sport wie jeder andere auch.“ Ähnlich sieht es bei seinen Freunden aus, wobei viele selber im Fallschirmsport aktiv sind. Etwas, das bei aller Konzentration auf den ästhetischen Aspekt der Sprünge natürlich nicht vergessen werden darf, ist der Fallschirm, der auf der richtigen Flughöhe geöffnet werden muss. Dafür haben die Sportler einen Altimeter dabei, der angibt, auf welcher Höhe sie sich gerade befinden.

Sie sind jedoch oft in Gruppen unterwegs und je nach Position nicht immer in der Lage, vom Altimeter abzulesen. Deswegen haben sie noch einen weiteren Höhenmesser am Helm dabei, der einen Piepton abgibt, wenn es Zeit ist, sich vorzubereiten – denn sie können nicht direkt nebeneinander den Fallschirm öffnen und müssen zu einem bestimmten Zeitpunkt voneinander wegfliegen. Dann piept es ein weiteres Mal, wenn es tatsächlich an der Zeit ist, den Fallschirm zu öffnen.

Nachdem die Freunde im September inoffizielle Rekorde geflogen sind, steht für nächstes Jahr ein Europarekord an. Doch da sei es schwieriger hineinzukommen. „Vorher müssten wir noch eine Reihe von Camps absolvieren. Dementsprechend teuer wird das dann auch.“ Und selbst wenn sie dann ein Ticket bekommen, sind sie noch nicht sicher dabei. „Aber allgemein nehmen wir oft an Camps auf der ganzen Welt teil. Dort wird auf einem ganz hohen Level geflogen.“


Inoffizieller Benelux-Rekord

Am ersten Septemberwochenende ging in Schaffen (B) mit insgesamt 16 Mann die bislang größte „Vertical Head up“-Formation in den Benelux-Staaten an den Start. Dies zählt als offizieller Klubrekord beim Paracentrum Vlaanderen (PCV). Mit dabei waren zwei Luxemburger: Patrick Floener und Gilles Prim, die beide Luxemburger Meister 2017 im Freefly sind und seit 2013 springen. Beim inoffiziellen luxemburgischen Rekord sprangen drei Sportler sowohl Head up als auch Head down, und zwar abwechselnd. Beide haben bisher über 1.000 Sprünge absolviert und sind bei Events auf der ganzen Welt unterwegs. Alleine dieses Jahr waren sie auf der „AngleWeek“ in Schweden, „Island Siege“ in Texel in den Niederlanden und beim „Airspace Outbreak“ in Sevilla am Start.