Web 3.0Wie Kryptowährungen das Internet und die Welt verändern sollen

Web 3.0 / Wie Kryptowährungen das Internet und die Welt verändern sollen
Misch Strotz (l.) und Sacha Schmitz (r.) sind der Meinung, dass Kryptowährungen das Internet revolutionieren werden

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Kryptowährungen: für viele Menschen ein kryptischer Begriff, über den in letzter Zeit immer mehr gesprochen wird. Die einen sagen, es handele sich dabei um einen kurzlebigen Trend – andere schwören, die Technologie sei zukunftsweisend. Misch Strotz und Sacha Schmitz gehören zu Letzteren. Die beiden technikbegeisterten Unternehmer erklären dem Tageblatt, warum das digitale Geld ihrer Meinung nach die Welt verändern wird.

„Fundamental geht es darum, eine neue Ebene für das Internet zu bauen: Das Web 3.0“, sagt Misch Strotz. Der 30-Jährige experimentiert seit einigen Jahren mit Kryptowährungen und interessiert sich vor allem für die Technologie, die hinter dem digitalen Geld steckt. Seine Firma Neon Marketing Technology berät andere Unternehmen nicht nur hinsichtlich Kommunikation, sondern seit neuestem auch über das Potenzial der Kryptowährungen. „Wir geben keine Finanztipps – wir wollen viel mehr die geopolitische Bedeutung dieser Technologien in den Mittelpunkt stellen“, erklärt Strotz. Denn: Das Internet steht laut Strotz vor einer Wende, die alle Nutzer betreffen wird.

Was ist Blockchain?

Diese Technologie bildet unter anderem die Basis für Bitcoin, Ethereum und NFTs. Eine Blockchain ist eine verkettete Folge von Daten, die über die Zeit weiter fortgeschrieben wird. Sie wird nicht zentral gespeichert, sondern alle Beteiligten speichern eine Kopie der gleichen Datenbank und schreiben diese fort. Um sicherzustellen, dass die Kette bei allen Beteiligten identisch ist, wird ein vorgeschlagener Block durch ein automatisches Konsensprotokoll festgelegt. Durch kryptografische Verfahren wird sichergestellt, dass die Blockchain nicht nachträglich geändert werden kann. Die Kette der Blöcke ist somit unveränderbar, fälschungs- und manipulationssicher.
Informationen sind also in der Blockchain speicherbar, die fälschungssicher nachweisen, dass Teilnehmer unbestreitbar bestimmte Daten hinterlegt haben, etwa Transaktionen angestoßen haben.

Im Mittelpunkt des Web 3.0 steht das Prinzip der Blockchains. Dabei handelt es sich um eine Methode, Daten dezentralisiert zu speichern (mehr dazu: siehe Kasten). Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum bauen auf diese Technologie auf – die Transaktionen werden nämlich in solchen Blockchains abgespeichert. Doch nicht jede digitale Währung ist gleich. „Bei Ethereum handelt es sich sozusagen um programmierbares Geld“, sagt Strotz, der selbst die Programmiersprache von Ethereum gelernt hat. Heißt: Eine Transaktion kann automatisiert mehrere Funktionen erfüllen. „Das nennt man dann ‚Smart Contracts‘“, erklärt der 30-Jährige weiter.

Mehr als nur digitales Geld

Eine Anwendung für diese „Smart Contracts“ ist das „Non-Fungible Token“ (NFT). Dabei geht es um ein kryptografisches Token, das im Vergleich zum „Fungible Token“, wie zum Beispiel Bitcoin, nicht austauschbar ist – es ist also ein Unikat und kann nicht repliziert werden. „Das ist dann quasi wie eine Besitzurkunde für ein Objekt“, sagt Strotz. Das könne zum Beispiel für die Kunstszene wichtig sein, weil dieser Vertrag auch auf digitale Bilder angewendet werden kann.

Laut Strotz finden „Smart Contracts“ auch im Finanzwesen ihren Nutzen. Der Name: „Decentralized Finance“ (DeFi). „Dadurch fällt die Bank eigentlich weg, weil der Nutzer sofort mit dem System kommuniziert“, sagt Strotz. Mit DeFi könne man mittlerweile schon Geld leihen – ganz ohne traditionelle Banken. „Die Art und Weise, wie wir in Zukunft mit den Banken interagieren, wird sich fundamental verändern“, sagt der 30-Jährige.

Erste Schritte in die Welt der Kryptowährung

Klingt technisch und nicht einsteigerfreundlich? „Ist es zum Teil auch, aber es wird immer einfacher als Neueinsteiger“, sagt Sacha Schmitz, Mitgründer von Neon. Wie auch Misch Strotz habe er schon länger über Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum gewusst – wirklich Klick habe es für ihn aber erst letztes Jahr gemacht. Allerdings müsse man genau aufpassen, auf wen man in diesem Milieu hört. Momentan sei es noch wie im „Wilden Westen“. „Wer erklärt dir gerade etwas, um selbst Gewinn zu machen, und wer möchte dir wirklich weiterhelfen? Das ist in diesem Bereich sehr gefährlich“, sagt Schmitz. Es gebe Menschen, die für eine bestimmte Kryptowährung werben, weil sie letzten Endes dafür bezahlt werden.

Zuerst solle man die Basis verstehen – also die Technologie hinter den bekannten Systemen wie Bitcoin und Ethereum – und dann könne man sich auf neue Währungen einlassen. „Viele Menschen denken sich: ‚Hier kann ich mein Geld schnell verzehnfachen‘ – und dann ist es plötzlich weg“, sagt Schmitz. Man müsse langsam anfangen, um die Szene besser zu verstehen. Misch Strotz spricht von Personen, die im Dezember 2017 investiert und einen Monat später fast alles verloren hätten. „Das kann immer passieren und das muss man sich eben eingestehen“, fügt Schmitz hinzu. Aber hier gelte ganz klar: Wie bei traditionellen Finanzinstrumenten könne der Markt steigen oder fallen. Bei Kryptowährungen passiere das oft schneller und stärker. „Wer damit nicht umgehen kann, soll besser nur sein Spielgeld investieren – also Geld, bei dem man kein Problem damit hat, wenn es weg ist“, rät Schmitz.

Zukunftsweisende Technologie?

Ein klares Problem der Kryptowährungen ist der Energieverbrauch. Laut einer Studie, die am 6. April 2021 im Fachjournal Nature Communications erschien, soll Bitcoin bis 2024 mehr Strom verbrauchen als ganz Italien. „An Ethereum arbeiten die intelligentesten Menschen der Welt – die wissen, dass der Energieverbrauch ein reales Problem ist“, sagt Strotz. Eine Lösung, die voraussichtlich Anfang 2022 online gehen soll, soll Ethereum ohne Hardware abbauen und als Konsequenz fast keine Energie benutzen. „Man geht davon aus, dass der Energieverbrauch um 99,8 Prozent fallen wird, sobald das neue System namens ‚Proof-of-Stake‘ eingeführt wird“, sagt Strotz.

Wie schnell die Kryptowährungen im Mainstream ankommen werden, hängt laut Sacha Schmitz davon ab, wann sich die großen Institutionen und Firmen aktiver mit diesem Phänomen befassen. „Die meisten Menschen vertrauen ihrer Bank – wenn diese dann ihre eigenen Leistungen in dem Milieu anbieten, dann kann das relativ schnell gehen“, sagt Schmitz. Kryptowährungen seien unumgänglich. „Ganz egal, ob Kryptos das ‚normale Geld‘ in Zukunft ablösen werden oder nicht: Die Technologie wird Teil des Finanzsektors“, sagt Schmitz weiter.

Komplexe Steuererklärungen werden unnötig

Doch wie werden diese Regierungen dann auf die Kryptowährungen und die Technologie, die dahintersteht, reagieren? Verbieten wäre laut Misch Strotz kontraproduktiv. „Das würde die Menschen nur neugieriger machen“, sagt der 30-Jährige. Laut dem amerikanischen Technikportal und Mediennetzwerk The Verge plant die US-Regierung, die Kryptowährungen stärker zu regulieren. Laut Handelsblatt hat auch die deutsche Bundesregierung durchblicken lassen, dass Zahlungen mit Bitcoin und anderen Kryptowährungen meldepflichtig werden könnten.

Laut Strotz müsse sich die Regierung eigentlich über die Verbreitung der Kryptowährungen freuen. Alle Transaktionen würden nämlich öffentlich auf der Blockchain gespeichert werden. „Wenn der Staat weiß, welches ‚Wallet‘ wem gehört, dann kann er auf die letzten Jahre hin alles nachverfolgen“, erklärt Strotz. Das würde dann Ressourcen sparen – habe allerdings auch zur Konsequenz, dass die aktuelle Arbeit des Steuerberaters wegfallen könnte. Der Grund: Für seine Steuererklärung müsse man dann nur die Zusammenfassung der Transaktionen abgeben.

„Momentan geht es in der Kryptoszene hauptsächlich ums Geld, weil man so die Aufmerksamkeit der Menschen bekommt“, gibt Schmitz zu. „Das ist nur temporär“, fügt Strotz hinzu. Beide sind sich einig: Die Technologie ist auch eine Lösung für gesellschaftliche Probleme. „Früher hat man nicht gestohlen, weil man vor dem Urteil Gottes Angst hatte, danach, weil man sich vor dem Rechtsstaat fürchtete, und in Zukunft wird es durch Kryptografie einfach nicht mehr möglich sein, zu stehlen“, sagt Strotz. Die Idee des Staates, wie wir ihn heute kennen, werde dadurch also obsolet.

Durchblick verloren? Was die Fachausdrücke bedeuten:

Bitcoin: Die erste Kryptowährung, die die Technologie der Blockchains eingeführt hat.
Ethereum: Die zweitbekannteste Kryptowährung. Sie ist programmierbar dank „Smart Contracts“ und deshalb flexibler als Bitcoin.
Smart Contracts basieren auf der Blockchain-Technologie und ermöglichen automatische Verträge, die bei bestimmten Ereignissen in Kraft treten.
Decentralized Finance (DeFi): Auf Basis dieser Architektur kann eine offene und transparentere Finanzinfrastruktur entstehen, die ohne zentralisierte Infrastruktur wie Banken auskommt.
Wallet: In einer Wallet werden Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum verwaltet – jedoch nicht direkt aufbewahrt. Was sich tatsächlich in der Wallet befindet, sind die Private und Public Keys, die den Zugriff auf die Bestände der Nutzer ermöglichen.

Dagobert Duck a.k.a J.C. Kemp
9. Juni 2021 - 16.41

Die Naivität einiger Kommentatoren ist erschreckend. Edelmetalle sind nur so lange etwas wert, wie jemand sie abkauft. Und so lange, wie ein Staat deren Besitz nicht für illegal erklärt. Was ja auch nicht zum ersten Mal geschieht, USA von 1933 - 1974, zB.

HTK
9. Juni 2021 - 12.41

@Dagobert, wie gesagt.Banken operieren mit Geld das es nicht gibt.Sie dürfen 10x mehr "ausgeben" als sie selbst besitzen.Sie "arbeiten" mit Geld das ihnen nicht gehört und verdienen daran.Das ist der Sinn des Bankwesens.Im Islam z.B. sind Zinsgeschäfte untersagt.Zins und Zinses-Zins ist eine katholische Erfindung.Damals hat man tunlichst den Auftritt des Jesus im Tempel vergessen wo er die Wucherer hinausgeworfen hat.Aber das sind Geschichten der Geschichte.Wer sicher gehen will,der lege in Gold oder Silber an.Das verschwindet erst wenn die Sonne "explodiert".

Grober J-P.
8. Juni 2021 - 9.02

Bitte nicht weitersagen, meine Bitcoins liegen im Strumpf unterm Bett, so wie meine Oma das schon getan hat, die war sogar nicht auf Banken gut zu sprechen.

Blücher
7. Juni 2021 - 21.20

@Dagobert:Dem habe ich vor Jahren schon vorgesorgt und mein eigenes bewährtes Vorsorgesystem vergangener Krisen, Weltkriege angelegt. Tauschen und glänzende Metallwährungen werden wohl Trumpf sein.

Dagobert Duck a.k.a J.C. Kemp
7. Juni 2021 - 19.51

Natürlich werden Regierungen, Zentralbanken, IWF und Banken alles mögliche unternehmen, um eine nicht behördliche Währung zu destabilisieren oder zu zerstören. Eine der hauptsächlichen Existenzberechtigungen von Staaten ist die Währungshoheit. @HTK & Blücher: Versuchen Sie mal, ihr gesamtes Geld von der Bank abzuheben. Sie werden feststellen, dass Sie nichts rausbekommen als einen Minimalstbetrag. Das Geld existiert nicht mehr. Es sind auch nur noch Bits und Bytes in einem Computer. Zu allem Überfluss werden Sie noch Besuch von den freundlichen Uniformierten bekommen, die denn so wissen möchten, was Sie denn mit diesem Geld anstellen möchten. Und frei irgendwohin transportieren dürfen Sie es auch nicht.

Blücher
7. Juni 2021 - 17.11

Revolutionen mag ich nicht , sie enden im Chaos . Den beiden Utopisten kann ich nur wünschen ihre heilige Kuh das Internet nicht durch geomagnetische Stürme lahm gelegt wird. Diese geomagnetischen Stürme sind keine Seltenheit , ihre Folgen können verheerend sein. 1972 hat solch ein Sturm fast einen Atomkrieg ausgelöst. Da scheinen Stromausfälle wie in Kanada harmlos . Etliche Artikel zum Thema sind im Netz einsehbar.

HTK
7. Juni 2021 - 11.22

Wie anfällig ist die digitale Welt? Ein Sonnflare(siehe Québec ohne Strom)ein Virus, ein Hacker usw. Wie "handelt" ein 80-Jähriger das digitale Geld? Was tun wenn man sich mal einloggt und das Konto steht auf 0? Sowieso ist Geld nur eine Abmachung.Ein Vertrag.Für ein Stück Papier(oder Digitales)wo 50€ draufsteht kriegt man Waren im Gegenwert(+- Inflation).Was aber wenn der Bäcker morgen sagt:" Nö.Papier find ich blöd.Gib mir deine Uhr, dann gebe ich dir Brötchen." Tauschhandel.Das ist noch nicht so lange her. Wir sollten uns nicht zu sehr auf die Steckdose verlassen.Wir sind doch heute schon halb daneben wenn unser Handy kaputt ist oder ein Server streikt.

Sepp
7. Juni 2021 - 10.01

Werden dann nicht die Entwickler dieser Währungen zu den neuen Herrschern dieses Planeten? Oder hab ich etwas nicht verstanden? Wenn ich eine Währung entwickle kann ich mir doch einfach mal ein paar "Coins" in die Wallet legen. Dann ist mir der Staat als Herrscher doch lieber.

Nomi
7. Juni 2021 - 9.52

Nom Motto : Geschter haat ech dach nach xxxxx € an haut sin se fort ! Et kann keen kontrollei'eren wat geschidd ass ! Et ass keen responsabel !

Nomi
7. Juni 2021 - 9.50

Et kann een mol net mei' ob d'Toilett go'en, den Staat wees Bescheed ! Domadder verlei'ert den Bierger seng Individualitei't, seng Freiheet, seng eegen Decisio'unen, met sengen Su'en ze machen wat hee wellt ! An dei' Server, wo'u daat drop leeft, verschwenden enorm Quantitei'ten un Energie, = Pollutio'un !

Schmit Tim
7. Juni 2021 - 6.57

Schöne neue Welt. Der Staat ist über alles informiert. Sehr begrüssenswert.