ForschungWie das Wetter das Coronavirus beeinflusst – Forscher finden Erstaunliches heraus

Forschung / Wie das Wetter das Coronavirus beeinflusst – Forscher finden Erstaunliches heraus
„Sehr plausibel“: Den Forschern zufolge ließ sich der beste Zusammenhang mit der relativen Luftfeuchtigkeit feststellen Foto: AFP/Yasin Akgul

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Bringt die Kälte des Winters die zweite Corona-Welle? Hilft Sonnenschein, das Virus zu unterdrücken? Eine australische Studie hat nun den Zusammenhang zwischen Covid-19 und dem Wetter untersucht und Erstaunliches herausgefunden.

Das Wetter ist bei den meisten von uns seit jeher schon ein beliebtes Thema. Selbst ohne Covid-19. Kein Wunder, dass viele nun auch einen Zusammenhang zu der Viruserkrankung suchen. Ein beliebter Satz ist: Im Winter kommt die zweite Welle. Doch ist an dieser „Volksweisheit“ wirklich etwas dran?

Tatsächlich explodierten die Neuinfektionen auf der Südhalbkugel in den vergangenen Monaten. Dort sind Juni, Juli und August die Wintermonate. Beispiel Australien: Dort ist Melbourne in einem zweiten Lockdown, nachdem die täglichen Neuinfektionen in den Wintermonaten plötzlich wieder in die Hunderte gingen. Auch in Sydney verzeichneten die Behörden in den vergangenen Wochen wieder deutlich mehr Covid-19-Fälle – doch bei weitem nicht so viele wie im deutlich kälteren Melbourne.

Immer mehr Beweise lassen vermuten, dass das Klima ein Faktor für die Verbreitung von Covid-19 ist

Michael Ward, Epidemiologe an der Universität von Sydney

Australische Forscher der Universität von Sydney haben gemeinsam mit Wissenschaftlern der Fudan-Universität in Schanghai untersucht, wie das Wetter Covid-19 beeinflusst. Dafür verglichen die Wissenschaftler Covid-19-Fälle, die sich zwischen Februar und Mai in Sydney angesteckt haben, mit einer Reihe von Wetterbedingungen, die von der australischen Wetterbehörde, dem Bureau of Meteorology, aufgezeichnet wurden: darunter Temperatur, relative Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit sowie Niederschlag in den 14 Tagen vor dem jeweiligen gemeldeten Fall.

Dabei fiel auf, dass sich der beste Zusammenhang mit der relativen Luftfeuchtigkeit feststellen ließ. Für jede einprozentige Abnahme der relativen Luftfeuchte wurde ein Anstieg der Covid-19-Fälle um sieben bis acht Prozent festgestellt. Dies deutet laut den Forschern darauf hin, dass trockene Luft die Ausbreitung des Virus unterstützen könnte.

Saisonale Ausbrüche wahrscheinlich

„Trockene Luft scheint die Ausbreitung von Covid-19 zu begünstigen“, sagte Michael Ward, ein Epidemiologe an der Universität von Sydney. „Immer mehr Beweise lassen vermuten, dass das Klima ein Faktor für die Verbreitung von Covid-19 ist.“ Dies erhöhe die Chance auf saisonale Krankheitsausbrüche.

Laut Ward gibt es biologische Gründe, warum Feuchtigkeit bei der Übertragung von Viren in der Luft eine Rolle spielt. „Wenn die Luftfeuchtigkeit niedriger ist, ist die Luft trockener und die Aerosole werden kleiner“, sagte er und fügte hinzu, dass Aerosole kleiner als Tröpfchen sind. „Wenn Sie niesen und husten, können diese kleineren infektiösen Aerosole länger in der Luft schweben“, erklärte der Forscher. Das erhöhe die Gefahr für andere Menschen. Ist die Luft jedoch feucht und die Aerosole größer und schwerer, dann bleiben sie weniger lang in der Luft und sinken schneller auf Oberflächen herab.

Die Studie, die die Forscher diese Woche im Fachmagazin „Transboundary and Emerging Diseases“ veröffentlicht haben, zeigt damit auch auf, warum es sinnvoll ist, Masken zu tragen. Masken würden zweigleisig funktionieren, erklärte Ward. Zum einen würden sie verhindern, dass „infektiöse Aerosole einer infektiösen Person in die Luft gelangen“, zum anderen, „dass sich infektiöse Aerosole bei einer nicht infizierten Person ansetzen“.

Laut Tim Inglis, einem Mikrobiologen und Leiter der Abteilung Pathologie und Labormedizin an der Universität von Westaustralien, der nicht an der Untersuchung beteiligt war, sind die Ergebnisse der Studie „sehr plausibel“, wie er dem australischen Sender ABC sagte. Experten, die sich mit ähnlichen Atemwegsviren wie Sars oder Mers befasst haben, hätten ebenfalls Verbindungen zu verschiedenen Wetterindikatoren wie Luftfeuchtigkeit und manchmal Temperatur festgestellt.

Und die Luftfeuchtigkeit im Innern?

Zu bedenken ist jedoch, dass die Studie nur Daten in Sydney ausgewertet hat und keine anderen Klimazonen und Länder untersucht hat. Auch Länder mit höherer Luftfeuchtigkeit wie Indonesien verzeichnen hohe Infektionsraten mit Covid-19. Denn eine höhere Luftfeuchtigkeit stoppt die Übertragung natürlich nicht völlig und verhindert zudem keine der anderen Übertragungsformen.

Außerdem haben die Daten bisher nur einen Zusammenhang zwischen der Luftfeuchtigkeit im Freien und der Anzahl der Covid-19-Fälle untersucht. Es wird jedoch angenommen, dass die meisten Übertragungen in Innenräumen stattfinden. Laut dem australischen Forscher Ward wäre es deswegen interessant, als Nächstes zu untersuchen, ob auch in Innenräumen ein Zusammenhang mit der Luftfeuchtigkeit bestehe. Letzteres könnte helfen, zu verstehen, warum sich an manchen Orten wie in Fleischverarbeitungsbetrieben oder in Altenheimen so viele Menschen gleichzeitig ansteckten.