Gemeinderat Kayl-TetingenWie aus einer Zweier- fast eine Dreierkoalition geworden wäre

Gemeinderat Kayl-Tetingen / Wie aus einer Zweier- fast eine Dreierkoalition geworden wäre
 Symbolfoto: Editpress/Alain Rischard

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Eigentlich sollte sich die Gemeinderatssitzung in der „Schungfabrik“ in Tetingen am Donnerstag hauptsächlich mit der Haushaltsvorlage 2021 befassen. Doch zwischendurch flackerte immer wieder die Personalie Marcel Humbert auf. Zum Schluss schrammte das rot-grüne Bündnis an einer Dreierkoalition mit der DP vorbei.

Der langjährige LSAP-Schöffe hatte letzte Woche seinen Rücktritt aus dem Schöffenrat angekündigt. Das geschehe auf Wunsch seiner Fraktion hin, hatte Humbert betont. Er werde jedoch als Gemeinderat weiterhin für die Bürger einstehen. Dieses Engagement wiederholte er auch am Donnerstag, nachdem er sich zuvor bei den Mitarbeitern der Gemeinde für die gute Zusammenarbeit bedankt hatte.

Die Erklärung Humberts, er sei auf Wunsch der Fraktion zurückgetreten, lieferte der Opposition die Vorlage, um nach möglichen Rissen in der LSAP und in der rot-grünen Koalition zu suchen. Den Anfang dazu machte CSV-Rat Camille Thomé. Humbert sei für die Vereine stets dagewesen, lobte er den politischen Gegner. Für den voraussichtlichen Nachfolger Marco Lux liege die Latte sehr hoch. Hinter dem Rücktritt schien Thomé Ränkespiele des Koalitionspartners „déi gréng“ zu sehen. Erstaunt sei er, dass die einst stolze LSAP vor dem kleinen Partner „kusche“, so Thomé. Es sei schade, was da geschehen sei, schloss sich Romain Becker (DP), dem Vorstoß Thomés an. Es sei schwer, Humbert zu ersetzen.

Vor allem die Aussage, seine Partei „kusche“ vor dem Koalitionspartner, missfiel Bürgermeister John Lorent (LSAP). Seine Partei diskutiere darüber, dass sie sich regenerieren müsse. Man müsse in die Zukunft schauen, betonte er. Der sozialistische Fraktionssprecher Marco Lux zeigte sich wenig später darüber erstaunt, dass sich die Opposition mit der Änderung im Schöffenrat stärker beschäftige als die Mehrheitsparteien. Alles sei in seiner Fraktion abgesprochen worden, so Lux. Das politische Mandat sei an die Person gebunden. Niemand könne sie dazu bewegen, das Amt abzulegen. Folglich müsse der Betroffene selbst entscheiden.

Kandidatur von Krings

Zuvor hatte DP-Rat Patrick Krings die anstehende Änderung in der Gemeindeführung als Zeichen eines getrübten Koalitionsklimas gedeutet. Die Uneinigkeit im Schöffenrat sei schlimmer geworden. In dieser Mehrheit herrsche eine schlechte Atmosphäre, sagte er. Was seine Partei als Vorwand nahm, um die Haushaltsvorlage 2021 abzulehnen. Kayl-Tetingen bedürfe einer neuen Mehrheit, so Krings.

Von einer Klimakrise in Kayl-Tetingen wollten jedoch weder Schöffin Viviane Petry („déi gréng“) noch Bürgermeister Lorent reden. Man habe ein ambitiöses Koalitionsprogramm, das man gewissenhaft abarbeite. Ohne Einigkeit sei das nicht möglich, sagte Petry. Die Fakten sprechen eine andere Sprache, betonte Lorent. Von Uneinigkeit könne nur die Rede sein, wenn man gegen ein Projekt sei.

Diese betonte Einigkeit sollte auch bei der geschlossenen Sitzung nach der regulären Ratstagung währen. Mit den sieben Stimmen der Mehrheit wurde Marco Lux zum neuen Schöffen gewählt. Dem Vernehmen nach stellte DP-Rat Krings unerwartet ebenfalls seine Kandidatur. Eine Schwachstelle bei den Koalitionären und Kayl-Tetingen hätte sich mit einer Dreierkoalition LSAP-Grüne-DP anfreunden müssen.

Marco Lux ersetzt Marcel Humbert im Schöffenrat
Marco Lux ersetzt Marcel Humbert im Schöffenrat Foto: Luis Mangorrinha/Le Quotidien

Richtig gehandelt

Dass der Riss im Gemeinderat nach wie vor zwischen LSAP-„déi gréng“-Mehrheit und CSV-DP-Opposition verläuft, verdeutlichte ebenfalls die Abstimmung zum Haushaltsentwurf 2021. Er wurde mit den Stimmen der Mehrheit gebilligt. Zuvor hatten sich die Fraktionssprecher je nach Parteifarbe belobigend bzw. kritisch dazu geäußert. So beanstandete CSV-Rat Jean Weiler die steigenden Ausgaben im ordentlichen Haushalt und den schlechten Zustand des Straßennetzes. Allein die Gehälter bestreiten fast die Hälfte der laufenden Ausgaben, rief Bürgermeister Lorent in Erinnerung. Er sehe da nicht, wo Personal eingespart werden könne. Die Bürger erwarteten von der Gemeinde gute Dienstleistungen. Von den Problemen beim Straßennetz wisse man. Die Gemeinde investiere jedoch Millionen in die Instandsetzung von Straßen, so Lorent und nannte dabei die Projekte rue Notre-Dame, rue de la Chapelle und bald die rue de la Montée.

DP-Rat Patrick Krings tat sich seinerseits schwer, Negativpunkte zu betonen. Insgesamt bescheinigte er der Mehrheit, im Zusammenhang mit den Pandemie-bedingten Einnahmeausfällen richtig gehandelt zu haben, indem sie gleich im Frühjahr ein Krisenbudget erstellte und dabei Einsparungen in Höhe von 4,9 Millionen Euro identifizierte. Die Verschuldung bewege sich auch nach der 12,5-Millionen-Euro-Anleihe für den Kauf der Schlackenhalde in Tetingen in einem verkraftbaren Rahmen.

Zu Beginn der Sitzung hatte sich der Gemeinderat mit der Subsidienvergabe an die örtlichen Vereine befasst. Den 54 Vereinigungen werden rund 68.000 Euro zufließen. Jugendarbeit soll besonders gefördert werden. Nicht mehr dabei sein wird in Zukunft das „Foyer de la femme“, das seine Tätigkeit einstellt. Mehreren Vereinen wurden wegen verspäteter Anträge die Mittel gekürzt. 2021 wollen die Parteien über neue Regeln bei der Vergabe von Zuschüssen reden.