EditorialWehrhafte Demokraten sind in diesem Jahr gefordert

Editorial / Wehrhafte Demokraten sind in diesem Jahr gefordert
In Serbien wehren sich die Menschen gegen die Wahlmanipulationen ihres autoritär gestrickten Präsidenten Aleksandar Vucic Foto: AFP/Andrej Isakovic

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Die Kriege und Krisen, die die Welt in das neue Jahr mit hineingeschleppt hat, dürften auch 2024 zu einem nicht besseren Jahr werden lassen. Zumal in den größten Konflikten, die nicht nur die europäische Öffentlichkeit am meisten beschäftigen, zumindest keine Entspannung, geschweige denn eine Lösung in Sicht ist. Im Nahen Osten wird angesichts der Brutalität und Beharrlichkeit, mit der beide Seiten gegeneinander vorgehen, jede Hoffnung erstickt, dass sich Israelis und Palästinenser in absehbarer Zeit auf den Weg hin zu einer Friedenslösung begeben könnten. Und den Krieg in der Ukraine will der russische Machthaber Wladimir Putin, wie er vor wenigen Wochen in aller Deutlichkeit erklärt hat, keineswegs in welcher Form auch immer beilegen. Im Gegenteil. Erst recht nicht, nachdem die Waffenschmieden des Landes nun auf Hochtouren laufen und der heimische Repressionsapparat derart effizient ist, dass ein Aufmucken im Land gegen das tägliche sinnlose Verheizen vieler Hunderter russischer Soldaten in den „Fleischwölfen“ an den Frontlinien im Nachbarland unmöglich geworden ist.

Und es zeichnet sich zumindest für die sogenannte westliche Welt ausgerechnet im Zuge von Wahlen, die doch eigentlich ein Höhepunkt im Leben von Demokratien sein sollten, weiteres Ungemach ab. Denn nicht nur bei den im Juni anstehenden Europawahlen, sondern auch bei den US-Präsidentschaftswahlen im November drohen gerade jene als Gewinner aus diesen Urnengängen hervorzugehen, die es darauf anlegen, ebendiese Demokratien zu demontieren. Gemeinsam ist ihnen, dass sie mit dem Schüren von Missgunst und Hass, dem Verbreiten von Halbwahrheiten bis hin zu Lügen mehr darauf bedacht sind, die Gesellschaften zu spalten und die Menschen gegeneinander aufzubringen, als sie angesichts immer komplexer werdender Herausforderungen, denen sie sich stellen müssen, derart beisammen zu halten, dass jeder ein mehr oder weniger zufriedenstellendes Auskommen in diesen nicht einfachen Zeiten findet.

Zwar dürften die vorausgesagten Zugewinne rechtsextremer, rechtspopulistischer und anderer Gegner des europäischen Einigungsprozesses bei den Europawahlen jenen politischen Kräften, die sich weiterhin konstruktiv an der Weitergestaltung der Europäischen Union beteiligen, noch unterlegen sein. Doch der Zuwachs Ersterer in der europäischen Volksvertretung könnte die Arbeit zugunsten der Menschen in der EU unnötigerweise erschweren. Das drohende Unheil, das mit einer zunehmend wahrscheinlicher werdenden Wiederwahl Donald Trumps zum nächsten US-Präsidenten einhergeht, wiegt demgegenüber weitaus schwerer. Und begrenzt sich mitnichten auf die USA.

Doch allen Unkenrufen zum Trotz, die jüngste Vergangenheit hat gezeigt, dass sich im Kampf zwischen freiheitlich-rechtsstaatlichen und autoritären Kräften Erstere bei weitem nicht unterkriegen lassen. In Polen ist ein Regierungswechsel gelungen, der es ermöglichen sollte, das Land wieder von dem von der PiS-Partei eingeschlagenen antidemokratischen Weg abzubringen. In Serbien wehren sich die Menschen mit Straßenprotesten vehement gegen Wahlmanipulationen des sich dem Moskauer Diktator anbiedernden serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic. Und in den US-Bundesstaaten Colorado und Maine wurde entschieden, wenn auch nicht endgültig, dass Donald Trump wegen seines Putschversuchs am 6. Januar 2021 von den US-Präsidentschaftswahlen ausgeschlossen werden soll, so wie es die US-Verfassung vorsieht.

2024 wird ein herausforderndes Jahr für alle, die weiterhin in freien, offenen, von demokratischen und rechtsstaatlichen Prinzipien getragenen Staaten und Gesellschaft leben wollen. Auf dass sich möglichst viele Menschen überall auf der Welt in diesem Jahr als wehrhafte Demokraten erweisen.

CG
4. Januar 2024 - 11.39

@jung.luc.lux Ob die Leute sich für das europäische Spektakel interessieren werden wir ja bei den Europawahlen sehen. Ich glaube da werden viele Leute nicht teilnehmen da sie die EU mit ihren "Führern" satt haben.

jung.luc.lux
2. Januar 2024 - 10.18

Ich bin weder rechtspopulistisch noch rechts extremistisch, aber ich bin gegen ein Europa von Lobbyisten (Gliphosat) und vieler Finanzskandalen. Ich glaube nicht dass noch viele Leute sich für das europäische Spektakel interessieren.

Robert Hottua
2. Januar 2024 - 9.04

Wie schwerwiegend sind denn die Anbiederungen aus der unfehlbaren päpstlichen Bistumszeitung "Luxemburger Wort" von vor 90 Jahren an den sechzig Millionen Toten erzeugenden Nationalsozialismus? Unter den Opfern waren auch 500.000 "Zigeunerbettler". MfG Robert Hottua