EditorialWarum undifferenzierte Forderungen die Neiddebatte um die Gehälter im öffentlichen Dienst anheizen

Editorial / Warum undifferenzierte Forderungen die Neiddebatte um die Gehälter im öffentlichen Dienst anheizen
 Symbolbild: Editpress

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Die anstehenden Verhandlungen um ein neues Gehälterabkommen spalten bereits Gemüter und Gewerkschaften, bevor die Parteien am Verhandlungstisch Platz genommen haben. Ständiger Begleiter in der öffentlichen Wahrnehmung: Die Neiddiskussion.

Luxemburgs Staatsbeamte verdienen durchschnittlich 8.688 Euro brutto pro Monat“, lautet die Schlagzeile vom Tageblatt am 23. November. Daraufhin hat sich auch eine Leserin ans Tageblatt gewandt und den Wahrheitsgehalt dieser Meldung angezweifelt. Die A1- und A2-Karrieren würden den Durchschnitt in die Höhe treiben – in den Gehaltsstufen B, C, D und E würde die Realität anders aussehen. 

Eines vorweg: Der Durchschnitt, wie er in der Schlagzeile der Tageblatt-Meldung vorzufinden ist, ist richtig, sofern die vom Ministerium übermittelten Zahlen stimmen. Jedoch stellt er den Sachverhalt tatsächlich etwas verkürzt dar. Die Situation ist vielschichtiger, als es auf den ersten Blick aussieht. Sowohl in den unteren Karrieregruppen als auch bei den „Employés“ und „Salariés“ liegen die ausgezahlten Gehälter viel näher an denen des im Privatsektor angestellten Durchschnittsverdieners.

Doch der eingeschickte Leserbrief zeigt, inwiefern die Gehälterdiskussion im öffentlichen Dienst mittlerweile polarisiert. Dieser Diskussion ist natürlich nicht geholfen, wenn Vertreter der CGFP dann völlig realitätsfern behaupten, man habe den Beamten während der Pandemie applaudiert und man wolle nun den gerechten Lohn für die gezeigte Solidarität einstreichen. Der CGFP-Vertreter möge dann aber bitte erklären, seit wann das Pflege- und Gesundheitspersonal zum verbeamteten Personal gehört.

Ohne den Beamten pauschal ein Recht auf Gehaltserhöhung abzusprechen oder deren Einsatz in der Pandemie schmälern zu wollen: Nirgendwo sonst waren die Arbeitsplätze während der Pandemie so sicher wie im öffentlichen Dienst. Anders als Bauarbeiter, Handwerker oder etwa Bedienstete im Horeca-Sektor mussten die Staatsbeamten weder um ihren Job bangen noch Gehaltseinbußen hinnehmen.

Dann kann man auch über den Zeitpunkt der nun gestellten Forderungen diskutieren. Es ist richtig, dass seit inzwischen fünf Jahren keine Gehaltserhöhung mehr beschlossen wurde. Fakt ist aber auch, dass viele der Staatsbeamten – zumindest in den besser vergüteten Karrieren – hinter vorgehaltener Hand zugeben, dass eine Gehaltserhöhung nicht unbedingt überlebensnotwendig sei. Wenn dann undifferenzierte Forderungen nach einer allgemeinen Gehältererhöhung inmitten der größten Energie- und Inflationskrise der letzten 50 Jahre gestellt werden, darf man sich nicht wundern, wenn die öffentliche Unterstützung dafür nicht unbedingt gegeben ist.

Eine differenziertere Herangehensweise wäre, darauf hinzuweisen, dass man besonders in den unteren Karrierestufen nachbessern wolle. Oder es sollte dargelegt werden, dass viele Sektoren in Luxemburg direkt oder indirekt durch die Gehaltsentwicklung im öffentlichen Dienst beeinflusst werden können. Darunter auch der Gesundheits- und Pflegesektor. Also die Menschen, die sich die Gehaltserhöhung in der Pandemie redlich verdient haben.