BGL LigueWarum es den Käerjenger Noah Scheidweiler im Herbst in die USA ziehen könnte

BGL Ligue / Warum es den Käerjenger Noah Scheidweiler im Herbst in die USA ziehen könnte
Noah Scheidweiler hat ein Vollstipendium an einem amerikanischen College erhalten Foto: Editpress/Gerry Schmit

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Bevor es Noah Scheidweiler im Sommer in die große Welt verschlägt, will er mit der UN Käerjeng ein ruhiges Saisonende erleben – und nicht wie 2023 plötzlich in einem Relegationsspiel ungeplant im Fokus stehen. Warum er der UNK das zutraut und welche Zukunftspläne der U21-Nationalspieler hat, erzählte er im Interview.

Tageblatt: Wie verbringen Sie Ihre Osterferien?

Noah Scheidweiler: Derzeit stehen bei mir die Abschlussexamen (Marketing-Sektion) im Fokus. Die Motivation, zu lernen, fehlt allerdings (lacht). Aber das wird schon gehen … Mein ursprünglicher Plan war, später Sportmanagement zu studieren, aber mittlerweile tendiere ich eher zu generellem Management mit einer Spezialisierung im Bereich Sport. Ich bin ein Fan von Sport im Großen und Ganzen. Es ist eine tolle Möglichkeit, in der Branche zu arbeiten, selbst wenn man es nicht in den Profibereich schafft.

Wie fühlt sich die erste komplette Saison der Fußballkarriere im Seniors-Bereich an? 

Ich habe letztes Jahr ja schon ein paar Spiele bestreiten können. Es war interessant, um das Niveau zu spüren und erste Erfahrungen zu sammeln. Als man mir mitgeteilt hat, dass ich in dieser Saison das Tor hüten würde, war ich natürlich überglücklich. Ich bin sehr froh, dass ich das Vertrauen des Trainerteams und des Vereins gewonnen habe. Ich glaube schon, dass ich im Moment das Maximum für den Klub und mich selbst heraushole. 

Wann hat Ihnen Trainer Franck Rinaldo zu verstehen gegeben, dass Sie die Nummer eins im Tor sein würden?

Joe (Frising) musste sich aufgrund seiner Verletzung einer Operation unterziehen. Ich hatte damals also schon eine Vorahnung. Konkret ausgesprochen wurde es dann eine Woche vor Saisonauftakt. Den Druck, den ich mir selbst gemacht habe, spürte ich eher bei meinen ersten Spielen in der vergangenen Saison. Ich hatte ja auch schon die Möglichkeit, bei Testspielen und im Pokal zwischen den Pfosten zu stehen. Wenn man dir dann sagt, dass du die Nummer eins bist, willst du dich noch etwas mehr beweisen – und zeigen, dass du den Platz nicht mehr hergeben willst. Eigentlich war ich gut vorbereitet. Oft bin ich im Vorfeld sehr aufgeregt, aber wenn der Moment dann gekommen ist, schaffe ich es, ruhig zu bleiben und das Beste daraus zu machen.

Hatten Sie gerade zu Beginn der Meisterschaft Zweifel daran, dass er weiter auf Sie setzen würde?

Der Anfang war schwer, da wir in den ersten fünf Spielen keinen Punkt geholt hatten. Der Trainer war noch dabei, Dinge auszuprobieren. Es war anstrengend, da wir enorm viele Gegentore kassiert haben. Man stellt sich selbst infrage. Ich bin sehr selbstkritisch und hinterfrage alles – selbst Gegentreffer, bei denen ich nichts machen konnte. Bevor wir die ersten Punkte geholt haben, war die Stimmung nicht top. Dann hereinzukommen, war schwer, aber mental war es wichtig, aufzustehen. Nach diesen fünf Duellen haben wir allerdings richtig guten Fußball gespielt. Die Leistung hat sich verbessert, die Chemie wurde besser, wir kämpfen füreinander. 

Was haben Sie in den vergangenen Monaten gelernt?

Ich habe gemerkt, dass die Erfahrungen aus der BGL Ligue und der U21 mir viel Selbstbewusstsein geben. Ich spüre, dass die Leute auf mich zählen und ich das Niveau habe. Das bestätigt dann mein Gefühl und ich spiele besser. Ehrlich gesagt habe ich am meisten von meinen Mitspielern gelernt: Matthias Jänisch, Tom Siebenaler, Guillaume Mura, das sind Spieler, die schon einiges miterlebt haben. Wenn die während der Partie mit dir sprechen, dich unterstützen und dir gut zureden, ist das schon wichtig für die eigene Zuversicht. 

Im März hüteten Sie erstmals das Tor der U21-Auswahl. Wie erlebten Sie das 1:1 gegen Serbien und wie lange hat es gedauert, das 0:7 in England abzuhaken?

Ich war sehr zufrieden, diese Länderspiele bestreiten zu dürfen. Ich weiß, dass es sich um etwas Besonderes handelt. Gegen Serbien startete das Ganze aber nicht sehr gut, denn nach drei Minuten lagen wir bereits hinten. Über das 1:1 kann man sich gegen Serbien nicht beklagen. Mit meiner Leistung und vom Kämpferischen her war das schon ganz gut. Die Erfahrungen in England, vor so vielen Zuschauern, waren mega: Dort standen uns Spieler wie Noni Madueke (Chelsea) oder Harvey Elliott (Liverpool) gegenüber. Es war wie ein Traum. Das 0:7 ist auch zu hoch ausgefallen. In der zweiten Hälfte haben wir die Latte getroffen – das ist uns nicht so gut bekommen … Danach wollten wir unbedingt das Tor erzielen. Wenn man gegen England mit acht Leuten nach vorne zu stürmt und dann den Ball verliert, geht es ganz schnell … Nach Spielende habe ich gleich den Torwarttrainer um eine Analyse gebeten, weil ich damit abschließen wollte, um mich auf den nächsten Gegner, Schifflingen, vorbereiten zu können. Ich wollte nach einer intensiven Woche mental für das nächste Spiel bereit sein. Wir waren beide mit meiner Leistung zufrieden. Klar, 0:7 sieht nicht gut aus, aber ich habe acht Bälle gehalten, von denen sieben Strafraumaktionen waren. 

Was macht den modernen Keeper aus? 

Es wird immer weniger Wert auf die Größe gelegt, sondern auf das Spiel mit beiden Füßen. In dieser Saison habe ich mich viel verbessert, da der Trainer mich oft in solche Spielsituationen gezwungen hat. Es war mein großer Schwachpunkt. Zudem soll der moderne Torwart soll Selbstbewusstsein ausstrahlen, viel kommunizieren. Er ist schlussendlich der Einzige, der alles sieht. Wenn er gebraucht wird, soll er natürlich ebenfalls auf der Linie präsent sein und die Bälle halten. Ich meine, dass ich ganz gut auf der Linie bin. Wenn man es von außerhalb des Sechzehners versucht, ist es relativ schwer, gegen mich zu treffen. Das Fußspiel wurde schon viel besser. Woran ich arbeiten muss, sind die hohen Bälle. Trotz meines Alters denke ich, dass ich ein guter Leader von hinten heraus bin.

Wie viel davon ist in der BGL Ligue erforderlich?

Der Schritt von der U19 in die BGL Ligue ist groß – und nicht viele Jugendspieler erleben ihn, selbst wenn sie das Niveau haben. Es sind Stammspieler etabliert oder Vereine rekrutieren Ex-Profis im Ausland. Dann wird es als U19-Spieler schwer, in den Kader zu kommen. Einige Vereine haben nicht den Mut, einem 18-Jährigen das Vertrauen zu schenken, weil er keine Erfahrung in der BGL Ligue hat. In der U15 bin ich zurück nach Luxemburg und Käerjeng gekommen, seitdem fühle ich mich sehr wohl. Es ist ein familiärer Verein, in dem die Entwicklung der Spieler im Vordergrund steht – und nicht nur die Ergebnisse. Es wird kein Druck auf die Spieler ausgeübt. Wenn man sich anstrengt, bekommt man in Käerjeng seine Chance. Ich hoffe, dass ich mich mit sportlicher Leistung dafür bedanken kann.

Könnte ein Angebot aus dem Ausland die Studienpläne nochmal verändern?

Im Moment ist noch alles offen. Der Plan ist es eigentlich, nach Amerika zu gehen. Aber vielleicht ergibt sich aufgrund meiner Spiele in der U21 und der BGL Ligue noch etwas – und ein Verein im Ausland bietet mir einen Profi-Vertrag an. Zuallererst muss ich meine Examen bestehen … 

Liegt schon etwas Konkretes auf dem Tisch?

Von der Uni ja, vom Profibereich noch nichts Konkretes. Ein College in den USA hat mir ein Vollstipendium angeboten. Die Idee wäre also Studium und Leistungssport zu verbinden – mit der Vision, irgendwann in die MLS zu kommen. Am liebsten wäre mir aber die Anfrage eines Profivereins, bei dem ich versuchen würde, nebenher zu studieren, um einen Plan B zu haben. 

Zurück zu Ihrem Verein, der UN Käerjeng. Wie viele Punkte werden nötig sein, um die Klasse zu halten?

Es ist eine verrückte Saison. Am Anfang der Saison hieß es, es sei noch niemand mit 30 Punkten abgestiegen. Das ist diesmal nicht so sicher. Ich denke, dass wir mit neun weiteren Punkten auf der sicheren Seite wären. Wir haben die schweren Brocken bis auf Niederkorn hinter uns. Wir können und müssten eigentlich auch mehr als neun Punkte in diesen acht Spielen holen. Es kommen auch definitiv andere Vereine eher für die Barragespiele infrage. Letztes Jahr war das sehr verrückt, als sich Joe ausgerechnet in der Relegationspartie nach 20 Minuten verletzte und wir mit 0:1 im Rückstand lagen. Der Torwarttrainer kam zu mir und sagte, ich solle mich warmmachen. Ich dachte, es sei ein Scherz …

Was erwartet Sie am Sonntag gegen Petingen?

Seit dieser Saison spielen die Petinger nicht mehr diesen außergewöhnlichen Fußball, den man noch letztes Jahr bei ihnen sah. Zudem merkt man, dass sie ihren Starspieler vermissen. Ihre Rückrunde ist nicht konstant. Ich habe heute gelesen, dass wir seit acht Jahren nicht mehr gegen sie gewonnen haben. Diesmal könnte es also eine kleine Überraschung geben. 

Wäre es denn tatsächlich eine Überraschung?

Wenn man bedenkt, dass es acht Jahre sind, schon, aber vom Niveau her haben wir gute Chancen, nicht nur einen, sondern vielleicht auch drei Punkte zu holen.

Steckbrief

Noah Scheidweiler
Geboren am
29. August 2004
Nationalität: Luxemburger
Position: Torwart
Bisherige Vereine: Itzig, E. Trier (D/Jugend), Käerjeng (seit 2018)