BGL LigueWarum Artur Abreu ganz besondere 60 Sekunden nie vergessen hat 

BGL Ligue / Warum Artur Abreu ganz besondere 60 Sekunden nie vergessen hat 
Artur Abreu will jetzt einen Stammplatz in Differdingen erobern  Foto: Editpress/Jeff Lahr

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Zehn Jahre später könnte sich sein großer Traum endlich erfüllen: Artur Abreu hat den Wechsel zu Déifferdeng 03 noch zu keinem Moment bereut. Die Qualitäten der Jeunesse, die Stimmung beim aktuellen Leader und 60 Sekunden, die sein Leben geprägt haben: das Interview vor dem 22. Spieltag.

Tageblatt: Im Winter haben Sie Ihrem Herzensverein Petingen den Rücken gekehrt – und sind zu einer Mannschaft gewechselt, die noch kein Spiel in dieser Saison verloren hat. Wie viel Optimismus herrscht in der Differdinger Kabine?

Artur Abreu: Die Stimmung ist nicht zu vergleichen. Das ist auch nicht wirklich überraschend: Differdingen spielt um die oberen Plätze. Das bedeutet aber nicht, dass Euphorie ausgebrochen ist. Hier ist sich jeder bewusst, dass wir noch nichts erreicht haben. Es kann in der BGL Ligue auch ganz schnell wieder nach unten gehen, wenn wir zweimal nur Unentschieden spielen. Wir bleiben ganz ruhig und gehen jedes Spiel mit der nötigen Seriosität an, angefangen mit der schweren Auswärtsreise zur Jeunesse. 

Was oder wer sorgt dafür, dass sich niemand zu sicher fühlt und den Erfolg als Selbstläufer sieht?

Wir haben viele erfahrene Spieler und wissen selbst, dass ein bisschen Unglück reicht, damit sich mental die erste Angst einstellen könnte. Wir treffen in den verbleibenden Spielen noch auf die Jeunesse, Hesperingen und Niederkorn, also drei Konkurrenten, die oben mitspielen. Der Trainer ist jedes Mal der Erste, der uns nach einem Sieg klarmacht, dass wir zwar gewonnen, aber noch gar nichts erreicht haben. Er sorgt mit seinem Trainerstab dafür, dass jeder mit beiden Füßen auf dem Boden bleibt. Und ich weiß aus eigener Erfahrung, dass diese Herangehensweise auch das Beste ist, was wir machen können. Damals sind wir mit Petingen Herbstmeister geworden und hatten sieben Punkte Vorsprung im Winter. Wir dachten damals, wir würden Meister werden. Zum Schluss gab es zwei Remis, eine Niederlage – und Platz vier.

Zweimal standen Sie bislang in der Startelf, dreimal kamen Sie von der Bank: Wie gehen Sie, als ein Spieler, der es gewohnt war, 90 Minuten auf dem Platz zu stehen, mit dieser Jokerrolle bei D03 um?

Ich passe mich an. Selbstverständlich ist jeder Fußballer wütend, wenn er nicht spielt. Das gehört dazu. Aber es macht keinen Unterschied, ob es 90 oder 30 Minuten sind: Ich laufe in beiden Fällen nonstop. Eine Enttäuschung ist das für mich also nicht. Es liegt an mir, dem Trainer bei meinen Einwechslungen zu zeigen, dass er die falsche Wahl getroffen hat. Es ist nachvollziehbar, dass er am Anfang denjenigen vertraute, die in den ersten sechs Monaten der Saison kein Spiel verloren hatten. Ein Trainer ist der Chef und das muss der Spieler akzeptieren. Ich verstehe ihn. Im dritten Spiel stand ich dann erstmals in der Startelf. Ich denke schon, dass ich mir einen Stammplatz erkämpft hätte, aber leider kam dann eine Trainingsverletzung dazwischen und ich konnte nicht gegen Strassen (2:0) spielen. 

Wie viele Freiheiten genießen Sie unter Trainer Pedro Resende und was erwartet er von Ihnen? Kommt Ihnen seine Philosophie entgegen?

Insgesamt lässt er seinen Offensivspielern sehr viel Freiheiten – unter einer Bedingung: Er will, dass wir defensiv dazu beitragen, dass wir als Mannschaft kompakt stehen. Nach vorne gesehen ist es ihm egal, wenn wir uns abwechseln und von links auf rechts gehen. Nur was die Defensivarbeit angeht, ist er eben sehr strikt. Die Philosophie ist neu für mich. Ich war es acht Jahre lang in Petingen gewohnt, auf dem linken Flügel zu spielen. Es ist auch etwas ganz anderes, wenn das Team für dich spielt, oder du umgeben von zehn Leute mit super Qualität bist, die alle selbst die Entscheidung erzwingen können. Ich bin nicht mehr der Einzige, der den Unterschied machen muss. Und ehrlich gesagt habe ich diesen Wandel gerade jetzt gebraucht. In Petingen wurde zu Recht viel von mir erwartet. Jetzt wollte ich bewusst zu einem Verein, der eben nicht alles auf mich zentriert. Es war absolut die richtige Entscheidung, in Differdingen zu unterschreiben. 

Am Samstag reisen Sie auf die „Grenz“ und treffen dort auf die formstärkste Mannschaft der Rückrunde. Wo sehen Sie die Stärken und Schwächen der Jeunesse?

Der Kader der Jeunesse ist eigentlich sehr stark besetzt. Deshalb ist es nur schwer zu verstehen, was in der Hinrunde so schlecht gelaufen ist. Inzwischen scheint der Trainer die richtigen Ideen und Worte gefunden zu haben. Individuell sind die gut besetzt mit Leuten wir Drif, Neuzugang Mendes, Todorovic, Noudira, Teixeira, Klica. Es liegt an uns, Lösungen zu finden. Ich sehe dieses Duell als eines der schwersten der Rückrunde an. Ich erinnere mich an das Hinspiel mit Petingen. Wir hatten drei klare Torchancen und hätten gewinnen müssen. Jetzt ist die Situation eine andere. Ich habe eines ihrer letzten Spiele gesehen, man merkt gleich, dass sie mit einer ganz unterschiedlichen Mentalität antreten. Zudem ist es kein Zufall, wenn man sechs Spiele in Serie gewinnt. Wir müssen hinten kompakt stehen, denn ein Tor gelingt uns selbst eigentlich immer …

Ab wann darf in Differdingen offiziell von einem Meistertitel geträumt werden?

Wenn wir das Duell gegen Hesperingen gewinnen und drei Spieltage vor Schluss noch immer sieben Punkte Vorsprung haben. Es stehen noch neun Spiele aus, davon drei gegen direkte Konkurrenten. Es ist viel zu früh. In einem Monat wissen wir schon etwas mehr …

Sie haben nie verheimlicht, dass es Ihr großes Ziel ist, einen „europäischen Sommer“ zu erleben. Ausgerechnet vor zehn Jahren haben Sie Ihre einzige Minute in der Europa League gespielt, als 19-Jähriger. Würde sich für Sie im Juli damit ein Kreis schließen?

Ich erinnere mich an diesen Moment in Litauen, es war gegen Klaipeda. Das vergisst man nicht. Danach hatten wir uns mit Petingen qualifiziert und es war sehr bitter, dass ich mir damals einen Kreuzbandriss zugezogen hatte. Mein Ziel ist es gewesen, vor meinem 30. Geburtstag wieder „europäisch“ zu werden. Es sah nicht danach aus, als hätte ich mir diesen Traum noch einmal mit Petingen erfüllen können. Differdingen war der Verein, der mich damals ins große Bad geschmissen hat, mit Herrn Marc Thomé als Trainer. Übrigens war mein erstes BGL-Ligue-Spiel damals gegen die Jeunesse auf der „Grenz“ … Als im Winter diese Anfrage aus Differdingen kam, gab es nicht viel zu diskutieren. Wenn wir Meister werden, umso besser.