Kayl-TetingenVon Schulen bis Sport: Bürgermeister Jean Weiler spricht über seine Pläne

Kayl-Tetingen / Von Schulen bis Sport: Bürgermeister Jean Weiler spricht über seine Pläne
Jean Weiler: „Wir dürfen nicht aus dem Bauchgefühl heraus Entscheidungen treffen. Wichtig ist, sich Prioritäten zu setzen.“ Foto: Editpress/Tania Feller

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Seit Januar 2022 ist Jean Weiler (CSV) Bürgermeister von Kayl-Tetingen. Wenige Wochen zuvor hatte Ex-Sozialist Marcel Humbert die LSAP-„déi gréng“-Koalition gesprengt. Er hatte gegen die Haushaltsvorlage gestimmt und damit der CSV und der DP an die Macht verholfen. Die Kommunalwahl im Juni bestätigte Weiler im Amt, strafte aber die DP ab. Seitdem wird Kayl-Tetingen von einer CSV-LSAP-Koalition geführt. 

Tageblatt: Aus Gegnern wurden Verbündete – wie ist das Klima in der CSV-LSAP-Koalition?

Jean Weiler: Das Koalitionsklima ist gut. Niemand ist nachtragend. Bereits als die LSAP noch in der Opposition saß, pflegten wir einen fairen Umgang miteinander, auch wenn zu Beginn Wunden aufgerissen wurden. In der Zwischenzeit haben wir das alles überstanden. Wir arbeiten gut zusammen.

Gutes Klima, auch gesunde Finanzen?

Wir realisieren derzeit relativ große Projekte, andere kommen auf uns zu. Schon allein die Vorhaben der Syndikate TICE und STEP (mit Strom oder Wasserstoff betriebene Busse, eine vierte Klärstufe für die Kläranlage, Anm. d. Red.) werden wirklich teuer. Da wird noch so manches auf uns zukommen. Immer stärker zu Buche schlagen zusätzliche, vom Staat aufgetragene Aufgaben. Wohnungspakt, Klimapakt, Naturschutzpakt – der Staat unterstützt uns wohl, aber das schlägt immer stärker zu Buche. Die Ausgaben fallen höher aus als die zu erwartenden Einnahmen, allein wegen des zusätzlich einzustellenden Personals.

Das neue Budget wird aufgrund des staatlichen Rundschreibens an die Gemeinden erstellt. Wie sind Ihrer Ansicht nach die Perspektiven bei den staatlichen Zuwendungen?

Für dieses Jahr kann mit Mehreinnahmen gerechnet werden. Aber in den kommenden Jahren werden sie langsamer zunehmen. Hinzu kommen die Indextranchen beim Personal, die gestiegenen Beiträge zum Pensionssystem der Beamten. Das sind Kosten, die man nicht beeinflussen kann.

Das heißt, es wird komplizierter, den Haushalt aufzustellen?

Im außerordentlichen Budget hatten wir im vergangenen Jahr mehrere große Projekte, die nun abgeschlossen werden – die rue Notre-Dame und die rue de la Montée, der Parkingplatz beim Kayler Bahnhof. Abgeschlossen sind auch die Arbeiten zum Bau der Annexe der Faubourg-Schule. Alles teure Projekte. Obwohl wir nun mit dem Bau der neuen Schule auf Widdem begonnen haben, können wir jetzt auch andere neue Projekte angehen. Für dieses Jahr sehe ich noch keine Probleme, aber mittelfristig müssen wir langsamer treten. Ist kein Geld vorhanden, werden wir die Realisierung von Projekten zeitlich strecken müssen. Was wir in Angriff nehmen müssen, ist die Erneuerung der von Anfang an als Provisorium gedachten „Maison relais“ bei der „Nuel“-Schule in Tetingen. Dann muss die ehemalige Industriebrache, die Schlackenhalde in Tetingen, erschlossen werden. Nach Abschluss der Sanierungsarbeiten durch ArcelorMittal muss der Kayl-Bach renaturiert werden. Das wird aber nicht schon im kommenden Jahr der Fall sein. Erneuert werden muss der „Hesselsbierg“. Diese Woche schließen wir die Arbeiten am ordentlichen Budget ab. Erst dann entscheiden wir, welche Projekte wir 2024 angehen können.

Stichwort Schlackenhalde. Liegen da bereits konkrete Pläne vor, was dahinkommen soll?

Sicher ist, dass STEP vergrößert wird, auch wenn ihm nicht so viel Gelände überlassen wird, wie von ihm gewünscht. Mit den staatlichen Stellen wurde der Bau eines Polizeikommissariats vereinbart. Wir brauchen auch neue Räumlichkeiten für den Sport und Schulsport, Stichwort Sicosport. Vier Varianten, wie die Schlackenhalde erschlossen werden kann, wurden ausgearbeitet. Eine davon sieht die Verlegung des Tetinger Fußballplatzes dorthin vor. Entschieden ist jedoch noch nichts. Dazu bedarf es noch Beratungen zwischen beiden Fraktionen, was wohl noch dieses Jahr geschehen wird.

Noch ist nicht entschieden, doch zur Erschließung der Schlackenhalde stünden vier Vorschläge zur Wahl
Noch ist nicht entschieden, doch zur Erschließung der Schlackenhalde stünden vier Vorschläge zur Wahl Foto: Editpress/Tania Feller

Weitere Projekte?

Wir wollen das Zentrum von Kayl neu gestalten, wobei dies nicht nur die Großstraße, sondern auch die Handelsstraße bis zum „Widdem“ hinauf einschließen wird. Die entsprechenden Pläne wollen wir der Öffentlichkeit im kommenden Jahr vorstellen. Wir setzen auf Bürgerbeteiligung. Klar ist, dass nicht alles gleichzeitig umgesetzt werden kann. Im kommenden Jahr soll auch ein Dorfentwicklungsplan ausgearbeitet werden. Derlei Instrument ist wichtig, um zu wissen, was wir wann wo machen können und ob wir uns die Projekte finanziell leisten können. Wir dürfen nicht aus dem Bauchgefühl heraus Entscheidungen treffen. Wichtig ist, sich Prioritäten zu setzen.

„Dorfentwicklungsplan“ klingt zunächst ziemlich anspruchsvoll. Was genau ist darunter zu verstehen? Das Neubauviertel Quartier Nord, die erwähnte Umgestaltung des Zentrums …

Sämtliche Vorhaben, die für die Gemeinde angedacht oder notwendig sind: die Erschließung der Schlackenhalde, neue Schulen, welche Straßen erneuert werden müssen usw. Der Plan soll zeigen, wie wir uns entwickeln wollen. Wir wollen sehen, welche Folgen die Umsetzung eines Vorhabens auf andere Projekte hat. Wir brauchen einen Gesamtüberblick, damit wir heute nicht etwas bauen, was wir später bereuen werden, und Geld nicht unnötig ausgegeben wird. Elemente des Entwicklungsplans werden dann schrittweise der Öffentlichkeit vorgestellt.

Insbesondere die frühere CSV-DP-Opposition wies auf die Notwendigkeit hin, ein Seniorenhaus in der Gemeinde zu errichten. Ist das nicht mehr aktuell?

Wir haben im vergangenen Jahr mehrere Möglichkeiten ausgelotet, die aber zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis geführt haben. Derzeit ist die Frage nicht aktuell, zumal in Rümelingen ein neues Seniorenhaus gebaut wird. Zwar werden wir im Dorfentwicklungsplan schauen, wo eine solche Einrichtung möglich wäre. Aber für die Realisierung solcher Vorhaben werden wir Partner brauchen. Als Gemeinde können wir ein solches Haus nicht betreiben.

Dauerbrenner erschwinglicher Wohnraum: Tut die Gemeinde genug dafür?

Es reicht niemals. Wir haben zwei Wohnungen in einem Neubauprojekt gekauft, die wir für erschwinglichen Wohnraum nutzen wollen. Wir haben ein Projekt mit dem „Fonds du logement“ in der Schifflinger Straße, das aber nicht so richtig in die Gänge kommt. Ja, es gibt keinerlei Fortschritt, und da sind wir mit dem „Fonds du logement“ nicht zufrieden. Die Gemeinde hat das Gelände als Erbpachtland überlassen. Der Fonds soll die Häuser bauen und verwalten. Es ist ja nicht so wichtig, wer die Häuser baut, wichtig ist das Vorhandensein von Wohnraum. In unserem „Programme d’action local logement“ (PAL) haben wir uns Richtlinien vorgegeben, wie wir in diesem Bereich vorgehen wollen. Abgesehen davon ist ja bei jeder Neubausiedlung Wohnraum zu erschwinglichen Preisen vorgesehen.

Jean Weiler hat Pläne für das Zentrum von Kayl
Jean Weiler hat Pläne für das Zentrum von Kayl Foto: Editpress/Tania Feller

Zur Frage fehlender Flüchtlingsunterkünfte. Die Regierung spielt den Gemeinden den Ball zu. Nur wenige würden Unterkünfte bereitstellen, heißt es. Rund 30. Kayl ist nicht dabei. Wie steht die Gemeinde zu diesem Vorwurf?

Es kommt ja darauf an, ob die Gemeinde das geeignete Gelände hat. Die Gemeinden sollen ja das Areal zur Verfügung stellen. Ein geeignetes Gelände müsste konform zum Bautenreglement sein. Das Problem ist eng mit dem der allgemeinen Wohnungsnot verknüpft. In den Unterkünften leben noch viele Personen, denen der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde, die also die Einrichtungen verlassen und sich eine Wohnung suchen müssten, wie alle anderen Wohnungssuchenden auch. Daher sind die Flüchtlingsunterkünfte blockiert. Die Frage ist also, ob wir zusätzlichen Wohnraum oder zusätzliche Aufnahmeeinrichtungen bauen sollen. 

Ein leidiges Thema in Kayl-Tetingen ist der jährlich zunehmende Durchgangsverkehr. Gibt es Lichtblicke für die leidgeprüften Bürger?

Ja, schon, den öffentlichen Transport. Im „Plan national de mobilité“ steht, dass die Züge (Rümelingen – Nörtzingen) im Halb-Stunden-Takt fahren sollen. Außerdem könnte in den Stoßzeiten eine Direktverbindung nach Luxemburg geschaffen werden. Zusammen mit Rümelingen wollen wir das mit dem neuen Ressortminister besprechen.

Der Bürgermeisterposten ist ein Vollzeitjob. Bleibt Ihnen noch Zeit zum Musizieren (Jean Weiler spielt Tenorsaxofon in der Harmonie Victoria Tetingen und ist dort Vorstandsmitglied, Anm. d. Red.)?

Ja, diese Zeit nehme ich mir. Ich versuche, so oft wie möglich an den Proben teilzunehmen (lacht), und das soll auch so bleiben.