Liberty SteelVom Hoffnungsträger zum Sorgenkind

Liberty Steel / Vom Hoffnungsträger zum Sorgenkind
Nichts geht mehr: Liberty Steel in Düdelingen Foto: Editpress/Julien Garroy

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Ein Betrieb, der nichts mehr produziert, wird künstlich aufrechterhalten. Die Beschäftigten haben nichts mehr zu tun, werden aber nach wie vor bezahlt. Was sie plagt, ist die Ungewissheit und die Angst, nach einem Konkurs auf der Straße zu stehen.

„So etwas hatten wir noch nicht“, sagt Stefano Araujo. Zumindest hat dies der OGBL-Zentralsekretär des Syndikats Hüttenindustrie und Bergbau noch nicht erlebt. Liberty Steel in Düdelingen, spezialisiert auf die Galvanisierung von Stahl, produziert nicht mehr, weil für die Produktion kein Geld mehr vorhanden ist. Und trotzdem erhalten die rund 170 Mitarbeiter noch ihre Löhne. Das Geld kommt von den anderen Teilen des Stahlkonzerns Liberty Steel, der 1992 von Sanjeev Gupta gegründet wurde und zu dessen Familienholding GFG Alliance gehört. Das Werk wurde vor vier Jahren von ArcelorMittal gekauft, als es noch gut 280 Mitarbeiter hatte – entlassen wurde niemand, doch Abgänge wurden nicht ersetzt. Noch vor drei Jahren hatte der in Indien geborene britische Geschäftsmann Gupta verkündet, er wolle 100 Millionen Euro in Liberty Liège-Dudelange investieren. Davon bleibt bis heute nichts zu sehen. Mittlerweile hat Liberty Galati, die rumänische Tochtergesellschaft von Liberty Steel, die Lütticher Fabrik mit ihren 500 Beschäftigten übernommen. Und in Düdelingen?

Liberty-Standort
Liberty-Standort Foto: Editpress/Julien Garroy

Die Gewerkschaften OGBL und LCGB hatten am Montag eine von ihnen angefragte Unterredung mit Wirtschaftsminister Lex Delles (DP) und Arbeitsminister Georges Mischo (CSV). Denn seit einiger Zeit schwebt das Damoklesschwert über den Mitarbeitern des Düdelinger Standorts, dass in Kürze ihre Löhne nicht mehr ausbezahlt werden. „Seit August 2022 wird dort nichts mehr produziert“, weiß Stefano Araujo. Das Unternehmen habe zwar schon mehrmals Kurzarbeit beantragt, doch der Antrag sei vom Konjunkturkomitee abgelehnt worden, weil die Ursachen der jetzigen Situation beim Unternehmen selbst liegen und keinen externen wie etwa der Konjunktur geschuldet sind. „Das Unternehmen hat Kunden, die Interesse an den Produkten zeigen und auch bezahlen würden, aber die Firma selbst kann die Produktion nicht bezahlen“, erklärt Araujo. Ein ums andere Mal betont er: „Ökonomisch macht das alles keinen Sinn.“ Liberty Steel werde mittlerweile nicht mehr als seriöser Verhandlungspartner betrachtet. Außerdem ging das Gerücht um, dass das Werk wieder verkauft werden sollte, doch dazu kam es nicht.

Es sieht so aus, als wolle Gupta die Situation nutzen, um seine Unternehmen möglichst mit öffentlicher Hilfe am Leben zu halten. Aber dafür nimmt er die Betriebe, die Beschäftigten und alle Beteiligten als Geiseln.

Stefano Araujo, OGBL-Zentralsekretär

„Keiner der Standorte ist rentabel“

Die Situation an den anderen Standorten der Gruppe, die in der GFG-Holding zusammengefasst ist, mit etwa 30.000 Beschäftigten und europäischen Standorten wie etwa Großbritannien, Tschechien und Rumänien, sei ähnlich, so Araujo, der hinzufügt: „Keiner der Standorte ist rentabel.“ In Düdelingen sind die Mitarbeiter höchstens mit Räum- und Reinigungsarbeiten sowie kleinen Wartungsarbeiten beschäftigt. „Wir fürchten, dass es zum Konkurs kommt. Dann brauchen wir einen Plan B.“ Die Ausarbeitung eines „Plan de maintien dans l’emploi“ scheiterte vor einem Jahr. Bereits zur Vorgängerregierung in Person des damaligen Wirtschaftsministers Franz Fayot und Arbeitsminister Georges Engel (LSAP) hatte man Kontakt aufgenommen. Die Regierung hatte zum Beispiel mit der „Société nationale de crédit et d’investissement“ (SNCI) ausgehandelt, dass diese als Zwischenkäufer das Werk kaufe und dann weiterverkaufe. Schnellstmöglich sollte ein seriöser Betrieb gefunden werden, der Interesse zeige. Dies wäre der erste Plan B, die andere Möglichkeit wäre ein Konkurs. Die Regierung zeige sich bereit, in diesem Fall die Mitarbeiter zur Überbrückung zu unterstützen, bis diese dann woanders untergekommen sind. „Die beiden Minister haben zugesagt, die Linie der Vorgängerregierung fortzuführen“, sagt Araujo. Das wäre wenigstens eine Kontinuität in einer Reihe von Brüchen. „Es sieht so aus, als wolle Gupta die Situation nutzen, um seine Unternehmen möglichst mit öffentlicher Hilfe am Leben zu halten“, sagt der Gewerkschafter. „Aber dafür nimmt er die Betriebe, die Beschäftigten und alle Beteiligten als Geiseln.“

Stefano Araujo
Stefano Araujo Foto: Editpress-Archiv/Fabrizio Pizzolante

In einer Erklärung von vergangener Woche weist der europäische Betriebsrat der GFG Alliance Gupta persönlich auf die kritische Situation hin, in der sich die europäischen Unternehmen der Gruppe befinden. Die Mitarbeiter sorgten sich über die Verschlechterung der Lage in den einzelnen Betrieben und die Reduzierung der Arbeit, heißt es in der Erklärung. Die einzelnen Standorte der Unternehmensgruppe hätten nicht genügend Kapital zur Verfügung, um Rohstoffe zu kaufen und damit die Produktion zu gewährleisten. Außerdem verliere die gesamte Gruppe qualifiziertes Personal aufgrund der tiefgehenden Personalumstrukturierungen und aufgrund einer zunehmenden Resignation wegen zu niedriger Gehälter und des Fehlens beruflicher Stabilität. Und nicht zuletzt fehlt es an einem Austausch zwischen den Generationen wegen des hohen Durchschnittsalters der Belegschaften sowie aufgrund des Nachwuchsmangels in den Betrieben. Zudem habe sich das Image der Unternehmen aus der Gruppe unter anderem wegen verspäteter Zahlungen verschlechtert. Die Unterzeichner der Erklärung fordern Gupta zu einer Stellungnahme und zum Handeln auf.

Auf schnelles Wachstum gesetzt

GFG Alliance hat auf schnelles Wachstum gesetzt. Ihre Methode heißt „Leveraged Buyout“ (LBO), fremdfinanzierte Übernahme mit dem Kapital von Investoren. Das Onlinemagazin Reporter.lu wies bereits im vergangenen Jahr darauf hin, dass der Investor Greensill Capital, 2011 von dem australischen Geschäftsmann Lex Greensill gegründet, „nicht auf festen Beinen“ stand. Mittlerweile hat er Konkurs angemeldet. Dabei hat alles einmal anders ausgeschaut. „Was nach einer grünen Revolution in der Luxemburger Stahlindustrie aussah“, schrieb Reporter.lu, „wurde zum Albtraum für die Beschäftigten.“ Also nichts als die „Geschichte einer großen Täuschung“. Liberty Steel war ein Hoffnungsträger, danach wurde es ein Sorgenkind, heute ist es ein Sanierungsfall. Und LBO hat sich als Methode erwiesen, die nicht nur den Standort Düdelingen, sondern das gesamte Kartenhaus von Ranjeev Gupta zum Einstürzen bringen könnte. Von Buyout bleibt dann letztendlich das „out“.

Nomi
5. Dezember 2023 - 15.09

Ass alles der EU-Kommissio'un hir Schold, well Sie d'ArcelorMittal forcei'ert haat Diddeleng ze verkaafen !