UnternehmenVom Arbeitgeber zum Streik gedrängt – Der Konflikt bei Ampacet spitzt sich weiter zu

Unternehmen / Vom Arbeitgeber zum Streik gedrängt – Der Konflikt bei Ampacet spitzt sich weiter zu
Rabah Bouaddou, Stefan Osorio und Alain Rolling (v.l.n.r.) wundern sich über die Vorgehensweise der Direktion von Ampacet Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Ampacet aus Düdelingen ist ein Unternehmen auf Wachstumskurs. Die Gewinne sind in den letzten Jahren gestiegen. Millionen sollen in den Ausbau der Produktion investiert werden. Doch hat die Geschäftsführung den Mitarbeitern nun den Kollektivvertrag gekündigt. Die Betroffenen wollen sich wehren. Ein Streik kündigt sich an.

Begonnen hatte alles ganz normal, so Stefan Osorio vom OGBL am Donnerstag in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. Vor sieben, acht Monaten, im Frühling dieses Jahres, hatten Personalvertreter und die Direktion von Ampacet mit Verhandlungen begonnen. „Einen ganz normalen Forderungskatalog, wie in allen Betrieben üblich, hatten wir vorgelegt.“

In all den folgenden Monaten habe sich die Geschäftsführung jedoch „um keinen Millimeter bewegt“, sagt er weiter. Die Direktion sei schlussendlich sogar, ganz neu für Luxemburg, hingegangen und habe selber die „Schlichtung“ („Office national de conciliation“) eingeschaltet. „Das macht normalerweise die Gewerkschaft“, erklärt Osorio. Diese Prozedur muss nämlich vor einem Streik angefragt werden. „So drückt uns der Patron quasi in Richtung Streik.“

Gleichzeitig habe das Unternehmen den Mitarbeitern im Sommer dann auch noch den bestehenden Kollektivvertrag (KV) gekündigt. Das sei zwar nicht der beste gewesen, aber doch annehmbar, so Personalvertreter Rabah Bouaddou. „Man will uns alles wegnehmen.“ Die Direktion wolle den KV „kaputt machen“, unterstreicht auch Stefan Osorio. „Die Mitarbeiter fallen damit auf das gesetzliche soziale Minimum zurück.“

Letzte Woche nun habe die Geschäftsführung zusätzlich selber die Nicht-Einigung bei der Schlichtung angekündigt, so der Gewerkschafter weiter. „Das ist nichts anderes als eine Kriegserklärung an alle (derzeit rund 60) Mitarbeiter des Betriebs.“ In einer „Note de service“ seien derweil bereits konkrete Kürzungen angekündigt worden: Traditionell gab es zum „Kleeserchersdag“ ein kleines Geschenk für die Kinder der Mitarbeiter. Das soll nun abgeschafft werden.

Das ist nichts anderes als eine Kriegserklärung an alle Mitarbeiter des Betriebs

Stefan Osorio, OGBL

Attacken gegenüber den Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter sei man in der Industrie ja eigentlich gewöhnt, fügt Alain Rolling, zuständig für den Bereich Chemie beim OGBL, hinzu. Er erinnert an den Fall Guardian und an den rezenten Streik bei der Cargolux. Dieses Mal handle es sich nun aber wirklich um „etwas noch nie Dagewesenes“.

Der Arbeitgeber „wollte von Anfang an nicht verhandeln“, hebt Rolling weiter hervor. „Sein einziges Ziel war es, den KV zu zerstören und Mindestbedingungen für die Arbeitnehmer einzuführen.“ Die Direktion habe im Laufe der Verhandlungen sogar einen eigenen Forderungskatalog nachgereicht, mit Forderungen, die unter denen vom Gesetz vorgesehenen Mindeststandards liegen. Beispielsweise wolle er ganz allein entscheiden, wer wann wie viel Urlaub macht.

Produktion soll ausgebaut werden

Dabei gehe es dem Betrieb überaus gut, heben die Gewerkschafter in der Pressekonferenz weiter hervor: In den letzten vier Jahren sei der Gewinn deutlich, von 1,6 Millionen (2019) auf 3,7 Millionen Euro (2022) gestiegen. Das US-Familienunternehmen Ampacet stellt Plastikgranulat her. Weltweit beschäftigt es rund 2.000 Mitarbeiter. In Luxemburg unterhält die Gruppe seinen Europasitz und ein Produktionswerk. Betroffen vom jetzigen Kampf um die Arbeitsbedingungen ist die Produktionseinheit.

Das Geschäft läuft derart gut, dass eine Verdoppelung der Produktionskapazität geplant ist. Doch gerade in diesem Ausbau vermutet die Gewerkschaft auch die Beweggründe für das Handeln der Direktion. Ohne KV können neue Mitarbeiter deutlich günstiger eingestellt werden, so Osorio.

Nachdem der Konflikt sich in den letzten Wochen dann immer weiter verschärft hat, waren die in Schichten arbeitenden Mitarbeiter zu einer Abstimmung für oder gegen einen Streik aufgerufen worden. Die Mitarbeiter seien dabei so sehr unter Druck gesetzt worden, dass der OGBL entschieden hatte, die Abstimmung außerhalb des Betriebs zu organisieren.

Das Resultat der Abstimmung war derweil sehr deutlich: 88 Prozent der Stimmen waren für eine Arbeitsniederlegung. Die Beteiligungsrate lag bei 90 Prozent. Um dieses Resultat mitzuteilen, war nun am Donnerstag kurzfristig eine Pressekonferenz einberufen worden. Innerhalb der nächsten Stunden und Tage soll nun entschieden werden, wann der Streik beginnt. „Der genaue Moment steht noch nicht fest, das ist eine strategische Frage.“ Lange werde es aber nicht mehr dauern. „Alles ist bereit. Wir sind streikfähig.“

Die Direktion habe „wohl nicht damit gerechnet, dass wir uns derart wehren“, und dass die Mitarbeiter trotz „massivstem Druck“ zur Abstimmung kommen, so Osorio weiter. Für konstruktive Gespräche bleibe man jedoch offen. „Die Mitarbeiter stehen hinter uns“, so auch der Personalvertreter Rabah Bouaddou. „Die Direktion hat uns dazu gedrängt, so zu reagieren.“

Eine solche Vorgehensweise „können wir als OGBL nicht akzeptieren“, hebt auch Alain Rolling hervor. „Wir bluffen nicht. Wir werden uns wehren.“ In der Direktion des Unternehmens seien derweil „keine Unbekannten. Sie haben bereits in anderen Betrieben versucht, den KV zu vernichten.“ Doch das werde ihnen nicht gelingen. „Wir haben in Luxemburg ein Sozialmodell. Und wenn sie es nicht respektieren, dann werden wir sie dazu zwingen.“

Blick in das Werk von Ampacet in Düdelingen
Blick in das Werk von Ampacet in Düdelingen Foto: Editpress/Julien Garroy

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