Montag8. Dezember 2025

Demaart De Maart

AnalyseViel Kritik, aber keine Fehler? Mischo zwingt Frieden zum Regierungsumbau

Analyse / Viel Kritik, aber keine Fehler? Mischo zwingt Frieden zum Regierungsumbau
Musste angeblich viel Kritik für wenig Fehler einstecken: Der abdankende Arbeitsminister Georges Mischo Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Premierminister Luc Frieden zieht die Reißleine, Georges Mischos Tage als Minister in der Regierung sind gezählt. Die Erklärung des CEO enthüllt die offenbare Unfähigkeit der Regierung, mit Fehlern und daraus folgender Kritik umzugehen. Eine Analyse.

Georges Mischo (CSV) ist nicht mehr Teil der Regierung Frieden-Bettel. Das hat Premierminister Luc Frieden (CSV) auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz am Montagmorgen bekannt gegeben. Die Erklärungen und Euphemismen, die Luxemburgs CEO für den Rücktritt von Georges Mischo lieferte, glichen dabei einer ähnlichen Bruchlandung wie die Amtszeit des nun „zurückgetretenen“ Arbeits- und Sportministers. Der Nachfolger von Mischo steht dahingegen bereits fest. Wenig überraschend soll der bisherige CSV-Fraktionspräsident Marc Spautz Ende dieser Woche vereidigt werden und das Arbeitsministerium bis zu den kommenden Wahlen führen. Parteikollegin Martine Hansen wird das Sportressort zusätzlich zur Landwirtschaft und dem Konsumentenschutz in ihr Portfolio aufnehmen.

Marc Spautz, hier bei der Delegiertenversammlung der Gewerkschaftsunion OGBL und LCGB vergangene Woche
Marc Spautz, hier bei der Delegiertenversammlung der Gewerkschaftsunion OGBL und LCGB vergangene Woche Foto: Editpress/Hervé Montaigu

„Ich komme gerade aus dem Palast, wo ich den Großherzog über eine geplante Regierungsumbildung informiert habe“, beginnt Luc Frieden seine Erläuterungen am Montag um 11 Uhr im Staatsministerium. „In den vergangenen Tagen und Wochen ist der Arbeits- und Sportminister Georges Mischo auf eine kontinuierliche Art und Weise kritisiert und attackiert worden, die er als verletzend empfunden und es ihm nicht erlaubt hat, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren.“ Nach einem langen Gespräch am Sonntag habe Mischo sich letzten Endes dazu entschieden, Frieden seinen Rücktritt anzubieten. „Ein Schritt, der weder Mischo noch seinen Kollegen in der Regierung leichtfällt.“

Bemerkenswert: Nicht Mischos Fehltritte, sondern die öffentliche Kritik daran werden als Begründung genannt. Selbst auf Nachfrage hin wollte oder konnte Premierminister Frieden nicht öffentlich anerkennen, dass Mischos Handeln eine Rolle gespielt haben soll. „Ich kenne nicht alle Elemente, um zum jetzigen Zeitpunkt eine Schlussfolgerung ziehen zu können“, meint Frieden wohlbemerkt nach der Entscheidung, eine Regierungsumbildung vorzunehmen, und verwies stattdessen auf das „Staatsverständnis“ des Georges Mischo. Der Aussage von Finanzminister Gilles Roth („die Presse hat ihre Aufgabe übernommen“) wollte Frieden ebenfalls nicht zustimmen. „Es ist nicht an mir, die Arbeit der Presse zu kommentieren.“

Der Presseandrang bei der Verkündung der Regierungsumbildung durch Premierminister Luc Frieden war groß
Der Presseandrang bei der Verkündung der Regierungsumbildung durch Premierminister Luc Frieden war groß Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Fehlbesetzung

Das ist die offizielle Version, die den zahlreich erschienenen Pressevertretern präsentiert wurde. Es ist der Versuch eines gesichtswahrenden Abgangs für die Fehlbesetzung Mischo, der mit seinem politischen Unvermögen nicht nur ursächlich und kontinuierlich zur Krise des Sozialdialogs in Luxemburg beigetragen hat, sondern, wie sich jetzt herausstellte, auch die eigenen Regierungskollegen hinterging. Es ist das Ende eines großen Missverständnisses für Frieden und seine CSV. Vorerst: Denn mit seinem Rückzug aus der Regierung beendet Georges Mischo nicht etwa seine politische Karriere, sondern will in den Reihen der CSV-Abgeordneten weiter Politik machen. Auf die Frage, wie ihm das angesichts seiner bisherigen Verfehlungen und nicht offengelegten Deals mit dem Promoteur Eric Lux glaubhaft gelingen will, muss Mischo wohl selbst noch eine Antwort finden. Luc Frieden gelang dies auf Nachfrage nicht.

Mit der Ankündigung vom Montag dürfte nur einer aus den Reihen der CSV aufatmen: Martine Deprez. Hätte Luc Frieden tatsächlich seine Sozial- und Gesundheitsministerin austauschen wollen, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt gewesen. Eine weitere Regierungsumbildung in den kommenden Monaten würde zu sehr den Eindruck einer führungs- und strukturlosen Regierung aufkommen lassen.

Spautz rückt nach

Marc Spautz, bisheriger Fraktionspräsident der CSV, soll das Arbeitsministerium von Georges Mischo erben. „Ich werde den CSV-Gremien, die am Mittwoch zusammenkommen, Marc Spautz als neuen Arbeitsminister vorschlagen“, kündigt Frieden an. „Marc Spautz hat eine große Erfahrung im Arbeitsrecht, gute Kontakte zu den Sozialpartnern – sowohl zu den Gewerkschaften als auch zum Patronat – und ist sofort ‚operationell‘.“ Weil Spautz sich „voll und ganz“ auf den Posten als Arbeitsminister konzentrieren soll, wird Landwirtschafts- und Konsumentenschutzministerin Martine Hansen (CSV) zusätzlich das vakant gewordene Sportressort übernehmen.

Die Wahl von Spautz als Mischos Nachfolger ist sowohl eine Quasi-Selbstverständlichkeit als auch ein cleverer politischer Schachzug. Spautz war besonders in den arbeitsrechtlichen Dossiers einer der größten Kritiker der Regierung Frieden. Mit seiner Integration in die Riege der Minister verschwindet nicht nur eine kritische Stimme, noch dazu aus den eigenen Reihen. Mit Spautz’ Profil als ehemaliger Gewerkschafter nimmt Luc Frieden der Opposition, vor allem aber auch den Gewerkschaften, einen Teil der bisher dargebotenen Angriffsfläche. Zwar ist auch Spautz an die Regierungsagenda gebunden. Dennoch könnte vor allem die Glaubwürdigkeit der Gewerkschaften leiden, wenn diese ihren bisherigen Verbündeten in CSV-Reihen und neuen Arbeitsminister mit einer ähnlichen Schärfe und Vehemenz angehen wie zuletzt Georges Mischo. Zudem verbindet sich mit der Personalie Marc Spautz wohl auch die Hoffnung auf einen Neuanfang im „Comité permanent du travail et de l’emploi“ und den Luxemburger Sozialdialog insgesamt.

<br />
Martine Hansen erhält neben der Landwirtschaft und dem Konsumentenschutz den Sport als drittes Ministerressort

Martine Hansen erhält neben der Landwirtschaft und dem Konsumentenschutz den Sport als drittes Ministerressort Foto: Editpress/Julien Garroy

Beginn der Personalwechsel

Mit Marc Spautz an der Spitze des Arbeitsministeriums ist jedoch nur eine von vielen Personalfragen in der „rue Sainte-Zithe“ geklärt. Denn in Mischos Aussage, dass am Sportmuseum-Dossier mehrere Personen beteiligt waren, die „so was nicht zum ersten Mal machen“, ist ein wahrer Kern enthalten. Es werden wohl mehrere hohe (politische) Beamte von der Abmachung zwischen Georges Mischo und Eric Lux gewusst haben müssen. Der Tausch Mischo/Spautz könnte also nur der Anfang von mehreren Personalrochaden in den oberen Etagen des Arbeitsministeriums sein.

Eine Frage ließ Premier Luc Frieden am Montagmorgen offen: Wer wird nächster Fraktionspräsident der CSV? „Das müssen sie die Fraktion fragen“, meinte Frieden kurz und bündig auf die Frage der Journalisten. Intern laufen die Diskussionen bereits. Dass Luc Frieden als Parteipräsident und Premier das ganze Gewicht seiner beiden Ämter bei der Wahl einbringen wird, gilt als gesichert.

Ein Name kursierte am Montag aber bereits bei RTL: der des amtierenden CSV-Bürgermeisters Laurent Zeimet. Eine Information, die seitens des Tageblatt nicht bestätigt werden konnte. Die Ernennung Zeimets hätte aber auf jeden Fall das Potenzial, Spekulationen um das Standing von Luc Frieden innerhalb der eigenen Partei und Fraktion anzuheizen. Zeimet war einer der wenigen Abgeordneten, die sich öffentlich hinter Marc Spautz und dessen Konfrontationskurs mit der Regierung im Rahmen der Sonntags- und Ladenöffnungszeiten gestellt hatten. Eine Ernennung zum Fraktionschef könnte darauf hindeuten, dass der soziale Flügel der Partei innerhalb der vergangenen Monate beachtlich an Auftrieb gewonnen hätte, der Premier dahingegen eher angeschlagen sei.

Untersuchungsausschuss?

Ob das Dossier „Sportmusée“ nach Mischos Demission weitere Kreise ziehen wird, ist noch offen. Die LSAP hatte noch vor Bekanntgabe der Regierungsumbildung beantragt, das Thema auf die Tagesordnung im Haushaltskontrollausschuss der Chamber zu setzen und den Rechnungshof mit einer Analyse des Dossiers zu beauftragen. Wie die LSAP-Abgeordnete und Escher Gemeinderätin Liz Braz gegenüber dem Tageblatt bestätigt, werden die Chamber-Fraktionen ihre Fragen in dem Dossier sammeln und an das Sport- und das Finanzministerium sowie das Ministerium für öffentliche Bauten weitergeben. „Wir werden anschließend analysieren, ob wir es dabei belassen oder eventuell den Rechnungshof mit der Angelegenheit beauftragen“, sagt Braz. Es sei jedoch schwer vorstellbar, dass die Angelegenheit mit der Regierungsumbildung erledigt sei. „Es stellen sich fundamentale Fragen über das Vorgehen des Staates und wie es sein kann, dass der Regierungsrat ein Projekt durchwinkt, wo eigentlich Finanzkontrolleure, eine ,Commission des soumissions‘ oder auch ein ,Comité d’acquisition‘ hätten Alarm schlagen müssen.“ Auch die Möglichkeit eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses sei nicht vom Tisch. Das hänge letztlich davon ab, ob bei den nun folgenden parlamentarischen Untersuchungen über die Personalie Mischo hinaus Fehler seitens der Regierung passiert seien.

Den Wechsel im Arbeitsministerium begrüßt die LSAP-Abgeordnete Liz Braz hingegen. „Er hat genug Porzellan zerschlagen, um diesen Rücktritt zu rechtfertigen“, meint Braz. Dass er ausgerechnet über ein Dossier im Sportministerium stolpert, sei vielleicht etwas überraschend. „Es ist aber nun an der Zeit, dieses Dossier über die Personalie Mischo hinaus aufzuklären.“ Mit der Personalie Spautz verbindet Braz die Hoffnung, dass ein Gegengewicht zu Premier Frieden Einzug in die Regierung findet. „Ein positiver Wechsel im Sinne des Landes“, sagt Braz. Ob sich der Opposition mit einer von Spautz geleiteten Arbeitspolitik nicht weniger Reibungspunkte anbieten würden? „Es wäre wünschenswert, wenn wir nicht so viel kritisieren müssten“, meint Braz. Das würde ja bedeuten, dass es besser laufen würde als bisher. „Wenn das durch einen CSV-Minister passiert, ist das eben so.“

Chronik eines gescheiterten Projektes

5. Juni 2025
Sportminister Georges Mischo stellt auf einer Pressekonferenz das Projekt eines nationalen Sportmuseums auf der Industriebrache „Rout Lëns“ vor. Das Museum soll rund 30 Millionen Euro kosten.

26. November

Auf Anfrage der LSAP wird das Sportmuseum in der zuständigen Chamber-Kommission diskutiert. Vor allem die fehlende Ausschreibung und die damit verbundene Abhängigkeit vom Immobilienunternehmen IKO Real Estate werden von der LSAP-Politikerin Liz Braz kritisiert. Mischo behauptet, dass eine öffentliche Ausschreibung nicht notwendig gewesen sei, da der optimale Standort gefunden worden sei. Was die Umbauarbeiten anbelangt, würde alles nach dem Gesetz für öffentliche Ausschreibungen laufen.

1. Dezember
Das Online-Magazin Reporter.lu veröffentlicht eine Recherche zum Sportmuseum und zur problematischen Vorabvereinbarung mit der IKO-Unternehmensgruppe.

3. Dezember
Das Finanzministerium legt das Projekt auf Eis, wie Reporter.lu als Erstes berichtet. Mischo habe seine Regierungskollegen nicht vollständig über sein Vorgehen informiert. Die Regierung will das Projekt juristisch prüfen lassen.

5. Dezember
Georges Mischo kündigt an, dass er sein Prestigeprojekt zurückzieht. Dies verkündete er nach dem Ministerrat gegenüber RTL.

8. Dezember
Premierminister Luc Frieden kündigt eine Regierungsumbildung an. Georges Mischo war als Minister nicht mehr zu halten. Marc Spautz übernimmt das Arbeitsministerium, während Martine Hansen das Sportressort zugeteilt wird.

Reinertz Barriera Manfred
8. Dezember 2025 - 18.27

Auch der CEO müsste sich fragen, ob er der richtige Mann ist, die Regierung zu leiten in diesen Tagen ...

Reinertz Barriera Manfred
8. Dezember 2025 - 18.25

ES ist jetzt klar, dieser Mann ist aus, der andere ist aus den Arbeitnehmer-Gewerkschaften, also eine gute Wahl...