ArcelorMittalUnfälle in Kasachstan: Regierung verfügt „nicht über notwendige Informationen“

ArcelorMittal / Unfälle in Kasachstan: Regierung verfügt „nicht über notwendige Informationen“
In der Kostyenko-Mine im kasachischen Karaganda sind 46 Arbeiter bei einem Feuer gestorben. Das Foto zeigt die Grube am 28. Oktober. Foto: AFP

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In der ArcelorMittal-Mine in Kasachstan gab es schon vor dem schweren Unglück Ende Oktober tödliche Unfälle. Bereits im September wollte die Linken-Abgeordnete Nathalie Oberweis deshalb von der Regierung wissen, wie sie zur Unternehmenspolitik des Konzerns in Kasachstan steht. Eine Antwort erhielt sie am Montag. 

46 Arbeiter haben Ende Oktober bei einem Grubenunglück in einer Kohlemine des Luxemburger Unternehmens ArcelorMittal in Kasachstan ihr Leben verloren. Aber bereits einen Monat vorher hatte die Linken-Abgeordnete Nathalie Oberweis eine parlamentarische Frage zu dem Thema gestellt. „Vor kurzem verbreitete die internationale Nachrichtenagentur AFP Informationen über tödliche Unfälle in Kasachstan in den Minen von ArcelorMittal Temirtau, der örtlichen Niederlassung des Stahlriesen ArcelorMittal“, schrieb Oberweis am 28. September an die Regierung.

„Bei zwei Unfällen innerhalb von weniger als zwölf Monaten sollen zehn Arbeiter ums Leben gekommen sein.“ Oberweis bezieht sich auf Zeugenaussagen, laut denen die Unfälle „Folge der Politik des lokalen Zweigs von ArcelorMittal“ gewesen sein sollen, der zu wenig in die Anlagen investiert haben soll. Die Linken-Politikerin zitiert zudem die französische Nachrichtenseite France24, wo Angehörige sagen, dass Arbeiter „in diesem Unternehmen wie Sklaven behandelt“ würden. Oberweis will wissen, welche Informationen die Regierung zu den tödlichen Unfällen in Kasachstan hat – und ob die Praktiken von ArcelorMittal gegen internationale Leitsätze verstoßen würden. Zudem fragt sie, ob die Regierung mit lokalen Akteuren wie Gewerkschaften in Kontakt stehe.

Der Luxemburger Staat besitzt 1,52 Prozent der ArcelorMittal-Aktien. Die Interessen des Staats werden demnach vom ehemaligen Wirtschaftsminister Etienne Schneider (LSAP) im Aufsichtsrat des Stahlkonzerns vertreten. 

„Beträchtliche Entschädigung“

Wirtschaftsminister Franz Fayot und Außenminister Jean Asselborn (beide LSAP) haben Oberweis an diesem Montag geantwortet. Einschließlich des jüngsten Unfalls „verfügt Luxemburg über Informationen aus den Medien sowie über Informationen, die von der kasachischen Regierung und dem betroffenen Unternehmen übermittelt wurden“, schreiben die beiden Minister. Demnach habe ArcelorMittal mitgeteilt, dass das Unternehmen seit mehreren Monaten mit der kasachischen Regierung über die „Übertragung der Eigentumsrechte“ des betroffenen Tochterunternehmens verhandele und eine Woche vor dem Unglück eine „vorläufige Vereinbarung“ getroffen habe. Der Konzern habe zudem eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der eine „beträchtliche finanzielle Entschädigung für die Hinterbliebenen“ angekündigt wurde. 

Die Regierung habe sich über die Unfälle sowohl mit Verantwortlichen von ArcelorMittal in Luxemburg als auch mit Vertretern der kasachischen Regierung ausgetauscht. Es sei jedoch „nicht üblich“, dass ein Ministerium direkt mit Gewerkschaften in einem anderen Land oder mit Arbeitern vor Ort in Kontakt trete. Die luxemburgische Nationale Kontaktstelle der OECD (OECD National Contact Point for Responsible Business Conduct, LuxPCN) habe sich aber mit ihrem Äquivalent in Kasachstan in Verbindung gesetzt, um zu erfahren, ob dort weitere Informationen zu den „angeblichen Vorfällen oder allgemein zu den Arbeitsbedingungen in der oben genannten Mine“ verfügbar seien. „Bisher gab es keine Rückmeldung“, schreiben Fayot und Asselborn. 

Die Minister erklären, dass die Regierung „derzeit nicht über die notwendigen Informationen“ verfüge, um die Situation rund um die Unfälle in Kasachstan zu bewerten. Sie könne sich nicht zu Mutmaßungen in diesem Zusammenhang äußern. Die Regierung setzte sich uneingeschränkt für die Umsetzung der UNO-Leitlinien zur Wirtschaft und den Menschenrechten ein und ermutige alle in Luxemburg ansässigen Unternehmen, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, damit sie und ihre Tochtergesellschaften die Sicherheits-, Sozial- und Umweltstandards einhalten, die in den Ländern gelten, in denen sie tätig sind.

Die Verantwortung des Luxemburger Staats für die Arbeitsbedingungen bei internationalen Unternehmen mit staatlicher Beteiligung wird nicht zum ersten Mal kontrovers diskutiert. Erst Anfang November forderte Jean-Louis Zeien von der „Initiative pour un devoir de vigilance“ im Gespräch mit dem Tageblatt eine nationale Gesetzgebung in Sachen Sorgfaltspflicht. Der Staat, Unternehmen mit staatlicher Beteiligung und staatliche Stellen müssten bei ihren eigenen wirtschaftlichen Aktivitäten die Einhaltung der UN- und OECD-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte vollständig und unverzüglich gewährleisten. Momentan habe man auf nationaler Ebene kein Instrument, was dies garantieren würde. LuxPCN sei in seiner aktuellen Fassung nichts weiter als ein „Green- und Socialwashing“-Produkt.

liah1elin2
14. November 2023 - 19.59

@Nomi Aber der Mutterkonzern in Luxemburg streicht sehr wohl die Gewinne ein. Das ist auch in Ordnung, nur sollen die Konzernstandards überall umgesetzt werden und Unfälle sind in der Verantwortung der Eigentümer.

Nomi
14. November 2023 - 11.31

Wann et do Akzidenter gin, dann ass et um lokalen Management fir Korrekturen fiir ze huelen !