Die Rentendebatte war noch nicht offiziell gestartet, da musste sich die ACEL schon zur Rentenreform äußern, weil die UEL die Aberkennung der Studienjahre forderte. Das bedeutete für die Studentenvertreter erst einmal viel Arbeit, sind Renten nicht unbedingt das erste Thema, mit denen man sich als Student befasst, wie ACEL-Präsident Gianni di Paoli im Tageblatt-Interview erklärt.
Die ACEL soll als einer von vielen Akteuren in den Reformprozess des Luxemburger Rentensystems eingebunden werden. Was ist das bisherige Fazit der ACEL?
Gianni di Paoli: Wir hatten bereits zwei Unterredungen mit der zuständigen Ministerin Martine Deprez. Wir haben uns im März bereits einmal mit ihr getroffen, wo es jedoch nicht ausschließlich über das Thema Rentenreform ging. Im Oktober aber wurden wir im Rahmen der offiziellen Konsultationen ebenfalls eingeladen, wo es dann ausschließlich um die Rentenreform ging.
Wie lief dieses Gespräch ab?
Vonseiten des Ministeriums kam eher wenig Input. Sie wollten eher von uns wissen, was wir zur Diskussion beitragen können und was wir an Feedback von den Studenten erhalten haben. Das Ministerium hat sich ob seiner Ideen jedoch noch bedeckt gehalten. Sie haben uns erklärt, was der Fahrplan für das kommende Jahr ist, wobei wir uns darunter noch nichts Konkretes vorstellen können.
Was hat die ACEL in dem Gespräch denn angesprochen?
Wir haben natürlich auf die Anerkennung der Studienjahre gepocht. Es ist wichtig, den Studenten die Wahl zu lassen, ob sie sich diese Zeit anerkennen lassen wollen oder nicht. Selbst bei fünf Studienjahren fällt es finanziell auch kaum ins Gewicht. Des Weiteren bietet das die Möglichkeit, den Standort Luxemburg weiter attraktiv zu halten. Etwas mehr als drei Viertel der Luxemburger Studenten studieren im Ausland. Wenn man will, dass die irgendwann nach Luxemburg zurückkommen, bietet unter anderem die Anerkennung der Studienjahre ein Incentive, um diese Fachkräfte zurück nach Luxemburg zu holen.
Standortpolitik dürfte Musik in den Ohren der UEL sein, die jedoch genau das Gegenteil gefordert hat. Hat man in der Zwischenzeit den Kontakt zur UEL gesucht?
Wir hatten bereits im März ein Treffen mit der UEL, bei dem dieser Vorschlag so noch nicht gemacht wurde. Das ist dann im Gutachten der CES und im Radio passiert. Seitdem hatten wir noch keinen Austausch mit der UEL. Jedoch hatten wir Zusammenkünfte mit zahlreichen anderen Akteuren aus dem Jugendsektor, der CSL und einigen Parteien, die uns allesamt den Rücken gestärkt haben. In Luxemburg herrscht ein Fachkräftemangel, ob Mediziner über Ingenieure, und dann ist es wichtig, weiterhin interessant zu bleiben.
Was hat die ACEL denn für Forderungen an die Politik?
Wir sehen es als unsere Aufgabe an, eine aktive Stimme für Studenten und junge Menschen im Allgemeinen zu sein. Wir wollen daran erinnern, aktiv in diesen Prozess eingebunden zu werden. Es gibt diese dramatischen Prognosen der IGSS, die – wohl wissend, dass diese nicht immer so eingetreten sind – darauf hindeuten, dass wir irgendwann ein Problem haben werden. Die Menschen werden immer älter, der demografische Wandel findet statt. Man sollte also jetzt nicht auf Kosten der nachkommenden Generationen versuchen, dieses System weitere zehn Jahre beizubehalten, sondern mit gesundem Menschenverstand agieren. Wir haben demnach auch keine konkrete Forderung, an welcher Stellschraube die Politik drehen sollte. Es ist für uns einfach wichtig, dass junge Menschen eingebunden und informiert werden. Wir begrüßen ausdrücklich, dass sowohl die zuständige Ministerin Martine Deprez wie auch Premierminister Luc Frieden bereits gesagt haben, dass die Jugend eingebunden werden soll. Das müssen sie dann aber auch machen – und die Jugend nicht als Vorwand für eine Reform missbrauchen.
Gibt es denn ein großes Interesse seitens der jüngeren Generationen?
Wir haben eine Umfrage gestartet und waren überrascht, wie viele Teilnehmer wir hatten und wie viel Interesse es an der Thematik gegeben hat. Dabei hat sich herausgestellt, dass viele junge Menschen nicht gut informiert sind. Andere haben wiederum ein sehr pessimistisches Bild. Daraufhin haben wir eine eigene Informationskampagne gestartet, bei der jeder seine eigene Meinung kundtun konnte. Im kommenden Jahr wollen wir dann eine weitere Kampagne starten, bei der wir die einzelnen Stellschrauben des Rentensystems erklären wollen.
Fühlen Sie sich nach den zwei Gesprächen mit Ministerin Deprez denn eingebunden in den Reformprozess?
Wir haben es schon ausdrücklich begrüßt, dass wir zweimal von der Ministerin für Gespräche eingeladen wurden. Wir sollen ihren Aussagen zufolge auch in die kommenden Expertenrunden eingebunden werden. Wie das alles vonstatten gehen soll, haben wir auch auf Nachfrage noch nicht in Erfahrung bringen können. Jedoch sollen auf unseren Input hin größere Umfragebögen verteilt werden, weil unsere Erfahrung gezeigt hat, dass die 500 Zeichen auf der Internetplattform schwätzmat.lu nicht ausreichen.
Gibt es noch weitere Veranstaltungen vonseiten der ACEL im Rahmen der Rentenreform?
Wir werden neben der Infokampagne, in der wir die einzelnen Stellschrauben erklären wollen, einige Informationsabende in Zusammenarbeit mit anderen Akteuren veranstalten, die sich an junge Menschen richten, die sich über die Renten informieren wollen.
Was bedeutet für die ACEL Generationengerechtigkeit?
Es kann nicht sein, dass wir nach dem Studium die Renten für die derzeitigen Rentner absichern und in 40 Jahren leer ausgehen. Das System muss entsprechend abgesichert werden, damit es möglichst lange bestehen bleiben kann. Das Luxemburger Rentensystem an sich ist gut. Dafür sind eventuell Anpassungen nötig und deswegen begrüßen wir auch, dass sich die Gesellschaft jetzt schon Gedanken macht. Denn das System ist nicht das Problem.

Neben der Rentenreform sind besonders das Praktikumsgesetz, ein neues Gesetz für Studienbeihilfen und die Wohnungsnot im Bereich der Studentenwohnungen Themenblöcke, denen sich die ACEL im kommenden Jahr vermehrt widmen will. „Derzeit ist es so, dass es einen Konflikt zwischen einigen Gesetzestexten gibt, so dass Praktikanten teilweise mehr als die Hälfte ihrer Abfindung für Sozialbeiträge abtreten müssen“, sagt Di Paoli. Das aber sei nicht Sinn der Sache und das habe die Politik auch so erkannt. Das Gesetz für Studienbeihilfen soll mit einigen Verbesserungen ebenfalls neu geschrieben werden. „Zukünftig soll jeder, der einen Bachelor- oder Masterstudiengang abschließt, eine Prämie von 250 Euro erhalten“, sagt Di Paoli. Das erlaube es dem Ministerium, genaue Statistiken über Absolventen zu führen und denen eine kleine Zuwendung zukommen zu lassen. Auch sollen die Zinsen auf Studentenkredite auf 1,8 Prozent gedeckelt werden und die „bourse de mobilité“ für Studenten im Ausland um fünf Prozent erhöht werden. Beim Thema Logement bedauert Di Paoli, dass das Wohnungsbauministerium „keine Strategie“ für Studentenwohnungen habe. Der digitale Wandel geht ebenfalls nicht an der ACEL vorbei. Der „guide du futur étudiant“ soll über die kommenden zwei Jahre komplett digitalisiert werden.
De Maart

Es gibt in der Rententhematik ein einziges Argument das ich gelten lasse: die stetige Erhöhung der Alterserwartung (von 1960 bis 2024 um ca 10 Jahre) stellt ein Problem. Die einzig logische Lösung dieses Problems ist eine gezielt angepasste regelmässige Beitragserhöhung! Die Alterserwartung spielt z.B. bei der Berechnung der Versicherungsprämie (dritte Säule) eine wesentliche Rolle. Dass das bei den Berechnungen der Hauptsäule offensichtlich unterlassen wurde, war ein grober Fehler, den man tunlichst beheben sollte. Fazit: Nur eine Beitragserhöhung gekoppelt mit einer Anpassung an die Lebenserwartung (siehe Index) löst unser Rentenproblem.