Deutschland„Sonst lähmen wir Europa für Monate“: Asselborn hofft auf schnellere Regierungsbildung als 2017

Deutschland / „Sonst lähmen wir Europa für Monate“: Asselborn hofft auf schnellere Regierungsbildung als 2017
Jean Asselborn hat als Außenminister seit Mitte 2004 schon fünf deutsche Amtskollegen erlebt Foto: Editpress/Julien Garroy

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Am Tag nach der Bundestagswahl sind in Deutschland drei realistische Varianten vorstellbar, um eine Regierungskoalition zu bilden. Und auch auf das Amt des Bundeskanzlers haben am Montagnachmittag sowohl Olaf Scholz als auch Armin Laschet Anspruch erhoben. Es ist jedenfalls leicht denkbar, dass der Weg zu einer stabilen Regierung so langwierig wird wie 2017 – was eine Aussicht ist, die dem Außenminister Luxemburgs nicht unbedingt gefällt.

„Ich rede jetzt mal als Europäer: Letztes Mal hat die Regierungsbildung sechs Monate gedauert“, stellt Jean Asselborn (LSAP) gegenüber dem Tageblatt fest. Der Außenminister Luxemburgs befürchtet dunkle Wolken am Zeithorizont. „Wenn das wieder so lange geht, dann stehen im April 2022 schon die Wahlen in Frankreich an. Dann blockieren wir Europa vielleicht für neun Monate.“

Das könne man sich aber schlichtweg „nicht leisten“, denn natürlich hat Europa im Kalender für die nähere Zukunft keine Leerstellen stehen, sondern jede Menge Themen und Termine: „Wir haben ja nicht nur die grundsätzliche Zukunftsdebatte in Europa, sondern auch, was zum Beispiel das Klima angeht, die Konferenz in Glasgow.“  Von 31. Oktober bis 12. November 2021 findet in der schottischen Hafenstadt die UN-Klimakonferenz 2021 statt – nachdem sie wegen Corona um ein Jahr verschoben worden war, sodass der Handlungsdrang also noch größer ist als ohnehin schon. „Es sind vielleicht auch sofort Entscheidungen zu treffen!“, sagt Asselborn.

Und an weiteren Themen herrsche auch kein Mangel: Die Rechtsstaatlichkeits-Debatten um Polen und Ungarn, der Haushalt und der 750 Milliarden Euro schwere Aufbaufonds („Next Generation“) werden wohl auch weiter für Gesprächsbedarf und Beschäftigung sorgen – und könnten ein handlungsfähiges Deutschland, das nicht nur mit sich selbst beschäftigt ist, umso willkommener machen, nicht nur bei einem Europäer aus Luxemburg.

Untraute Zweisamkeit

Asselborn macht aber im Gespräch ebenso deutlich, dass Deutschland seine demokratischen Angelegenheiten natürlich zuallererst selbst regelt: „Es ist ja nicht an mir, den Parteien zu sagen, was sie zu tun haben“, sagt Asselborn. Es sei jedenfalls festzustellen, dass Deutschland in derselben Lage sei wie viele andere europäische Länder: „Mit einer Zweierkoalition funktioniert es nicht mehr.“ Beziehungsweise würde es in Deutschland vielleicht noch funktionieren, aber eine Auflage der großen Koalition sei wohl derzeit von niemandem gewollt.

Nun gebe es also faktisch mit der Union eine Partei, die massiv verloren habe, und mit der SPD und den Grünen zwei Parteien, die massiv gewonnen hätten. „Mit einer Logik, die nicht quietscht, läge es auf der Hand, dass sich die Parteien, die gewonnen haben, mit der FDP zusammensetzen, um eine Ampelkoalition zu bilden.“

Da sei aber ein kleiner Haken, glaubt Asselborn: Die Unionsparteien wüssten, dass mit dem Gang in die Opposition die Gefahr besteht, dass darüber so viel Unruhe ausbricht, die die Union an den Rand ihrer Belastungsgrenze bringen könnte. Und da es, anders als in Luxemburg, in Deutschland keinen „Formateur“ als Regierungsbildner gibt, sondern jeder mit jedem sprechen kann, wären auch andere Farbspiele als eine Ampel denkbar – zum Beispiel „Jamaika“ oder sozusagen zunächst eine bundesweite Auflage der Koalition aus Nordrhein-Westfalen, wo Armin Laschets CDU mit der FDP regiert, zu der noch die Grünen stoßen würden. „Dann kommt die Frage, wie reagieren die Grünen darauf? Gibt es da einen Unterschied zwischen Habeck und Baerbock, was sagt die Basis?“, fragt Asselborn. Laut vorläufigem Ergebnis käme eine solche Koalition auf eine ausreichende absolute Mehrheit.

Die Grenzen dicht, die Herzen offen: Die Kollegen Asselborn und Maas beim demonstrativen Treffen bei Schengen im Mai 2020. 
Die Grenzen dicht, die Herzen offen: Die Kollegen Asselborn und Maas beim demonstrativen Treffen bei Schengen im Mai 2020.  Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Aber dann, natürlich, „wäre Scholz ein stärkerer Kanzler als Laschet, allein vom Wahlresultat her“, weiß Asselborn und ist also auch wieder so schlau wie am Anfang: „Da die SPD so nahe an den Grünen ist wie die CDU an der FDP, da kann man sich vorstellen, dass das jedenfalls eine lange Sache wird!“

Ansonsten freue er sich jedenfalls, dass die AfD dank weniger Stimmen ihre Stellung als größte Oppositionspartei in jeder Kombination verlieren wird – und auch etwa den Vorsitz des Haushaltsausschusses und das herausgehobene Rederecht im Parlament. Der „Überraschungseffekt“ habe sich bei den Rechtspopulisten klar abgeschwächt, glaubt Asselborn.

Wen auch immer er als nächsten Kollegen begrüßen darf, er freue sich ganz entspannt darauf, versichert Asselborn. Den noch nicht so lange zurückliegenden Ärger um die wegen Corona geschlossenen Grenzen lässt er dabei nicht einfach unter den Tisch fallen. „Heiko Maas hat mir sehr viel geholfen, das konnte ich ja seinerzeit auch nicht immer so sagen“, verteidigt der Europäer aus Luxemburg den drahtigen SPD’ler aus Saarlouis. „Die Grenzschließungen wollte er auch nicht, das kam viel mehr von den Gesundheits- und Innenministerien!“ Jean Asselborn, der in 17 Jahren die deutschen Außenminister Joschka Fischer (Kanzler Gerhard Schröder), Frank-Walter Steinmeier, Guido Westerwelle, Sigmar Gabriel und eben Heiko Maas (alle in Kabinetten von Angela Merkel) kennengelernt hat, resümiert jedenfalls: „Da gab es nie ein größeres Problem.“

Sepp
28. September 2021 - 17.07

Wann de Jang net Politiker gi wär, dann wär e Kach ginn.

Blaad fum Baam
28. September 2021 - 14.58

Wenn ich meine Universitätsfreunde irgendwo auf der Welt treffe werde ich fast immer mit « Salut Gast , merde alors ! , » lachenden Mundes begrüsst und umarmt ! Unser Olle Jang, ist unser aller bester in aller welt Botschafter, und verdient vor seinem imminenten altersbedingten Abgang den Bankenburg Witzbold Orden mit Ëschëschen Baad.

Nomi
28. September 2021 - 13.18

@ Pol : De JA gett am Ausland jo net mei' eescht geholl. De JA ass blann ob den 2 Aahn an mierkt daat net. Me mir als Letzeburger sinn all blamei'ert ! Wann ech am Ausland mech viirstellen als Letzeburger, "Ah, Jo, den Quasselborn " Daat seht jo Alles !

Nomi
28. September 2021 - 13.15

De JA soll sech aus den aaneren Laenner raushaalen an keng Wensch ausdrecken. Di Deitsch wessen waat se bei sech machen. Daat ass dono ze akzeptei'eren, an faerdeg. Mir wellen jo och keng Anmeschung an di letzeburger Verhaeltnisser !

Pol
28. September 2021 - 11.26

Wo käme Luxemburg und Europa hin, wenn es Jean Asselborn nicht gäbe. Natürlich hat auch er recht auf seine eigene Meinung, aber ist es wirklich nötig, dass die Presse jede Teilnahme an einer Kochsendung veröffentlicht und jeden seiner Kommentare hochspielt ? Wir Luxemburger im Ausland stellen immer mehr fest, dass er dabei ist, zur Witzfigur zu mutieren und aufgrund seiner Kommentare sehr viel Kopfschütteln hervorzurufen. An Asselborns Wesen wird Europa sicher nicht genesen.

In Assel geborener
28. September 2021 - 10.47

Dass es in Euro-Teutonien mit einer Zweierkoalition so wenig funktionieren wird wie das in seinem Bankenburg vom Escher Turn-und Bürgermeister unter Ausschluss und Gewalt aufgedrängte und angewandte Zweiklassensystem zwischen seinen Un-und Pekusierten Schildbürger , ist für unseren undiplomierten Chefdiplomaten kein Kreuz , lediglich ein kleiner Haken . Wie eine Logik die quietscht ,liegt es unserem Joschka Freund , der wie er auch am Anfang seiner „ Karritäre “mit Turnschlappen und später in der Regierung mit Hemd und Krawatte herumstolzierte ,auf der Hand dass wie in der 2022er Europa Kultur(?)Hauptstadt die germanischen Wahlgewinner ihre Herrschaft wie in Jamaika ausüben werden. Darauf ein dreifaches, kräftiges sehr diplomatisches “ Merde alors“, oder ?

JJ
28. September 2021 - 10.32

Die Jugend hat FDP gewählt.So wir einst die DP wählten bevor wir wussten was dahinter steckt. "Demokratisch" klang hoffnungsvoll und die CSV war die Ewiggestrige.Das wollten wir nicht,damals. Und heute? Die FDP ist die Partei des Kapitals,auch wenn Lindner sich mit Grün schmückt und auf Klima komm raus dummschwätzt. Jetzt sind sie dabei, die Gelben.Schon wieder. Und das kann Verhandlungen nur erschweren.

Realist
28. September 2021 - 6.23

Feelt am Fong just nach, dass den H. Asselborn hinnen mol seet, wéi di nei Regierungskoalitioun gefällegst äusgesinn soll. Eisen Äusseminister ass wierklech Chef dran, fir sech ongefrot an am falschen Toun an di intern Affairen vun anere Länner anzemëschen..

Aufhören…
27. September 2021 - 22.41

Europa ist längst gelähmt