TetingenSo sieht die Bilanz des Museums Ferrum nach anderthalb Jahren aus

Tetingen / So sieht die Bilanz des Museums Ferrum nach anderthalb Jahren aus
Maschinen aus der ehemaligen „Schungfabrik“: Mit dem Ferrum hat Tetingen ein eigenes Museum Foto: Lucien Montebrusco

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Vor anderthalb Jahren wurde das Museum Ferrum in Tetingen eröffnet. Zusammen mit dem Espace Kirscht bildet es ein wichtiges kulturelles Standbein der Gemeinde. Ein Gespräch mit Pascal Useldinger, Chef des „service évènementiel“, über die bisherigen Erfahrungen und Zukunftspläne für das Museum.

Tageblatt: Welche Bilanz ziehen Sie nach anderthalb Jahren Bestehen des Museums?

Pascal Useldinger: Eine ganz gute Bilanz. Wir hatten bisher noch kein Museum und unser Dienst, der „service évènementiel“, zuvor „service culturel“, hatte bisher noch keine einschlägigen Erfahrungen. Es war für uns Neuland, wir mussten uns herantasten und lernen, womit man es eigentlich zu tun hat, welcher Arbeitsaufwand erforderlich ist, was wir mit unserem Espace Kirscht machen. Wir haben gelernt, zu gehen. Das permanente Museum wird mehr oder weniger etwas Statisches sein, auch wenn punktuell weiterhin daran gearbeitet wird. Was definitiv dynamischer sein wird, ist der Espace Kirscht. Dieser auf den ersten Blick unscheinbare, neun auf neun Meter große Kubus hat bereits eine ganze Reihe unterschiedlicher Ausstellungen beherbergt. Wir hatten „Working Class Heroes“, „The Great Industry“, zusammen mit Kaunas ausgerichtet, „Unfree Labor“, eine Kooperation mit dem MUAR (Musée vun der Aarbecht, Anm. d. Red.), dann die Foto-Expo „Les trésors cachés de Kayl-Tétange“ von Martine Pinnel, die Foto-Expo „Mascarade“ von Laurent Nilles und zweimal unsere traditionelle Kirscht-Ausstellung, die wir weiterhin einmal im Jahr organisieren werden. Insgesamt hatten wir neun Ausstellungen. Unsere erste große Produktion als Gemeindedienst war „Skéiteng Kälifornia“, mit der wir dem Saal eine ganz andere Form, eine ganz andere Aufmachung gegeben hatten. Sie zeigte uns, mit welchen Medien wir arbeiten, wie wir den Raum umgestalten können. Die Arbeit gab uns auch Aufschluss über den dazu notwendigen Aufwand. Und es war ein riesiger Aufwand. Eine zweite Bilanz: Bei den Menschen ist es angekommen: In Tetingen haben wir ein Museum, das Museum Ferrum. Wir haben keinerlei Schwierigkeiten, Künstler zu finden, die ausstellen möchten. Wir werden sogar von Anfragen überflutet. Wir hatten Hunderte Besucher bei den Ausstellungen. Anlässlich der Vernissagen waren die Räumlichkeiten sogar zu klein. 

Ausstellung mit Werken von Emile Kirscht im Espace Kirscht, der neu gebauten „Annexe“ des Kulturzentrums „Schungfabrik“
Ausstellung mit Werken von Emile Kirscht im Espace Kirscht, der neu gebauten „Annexe“ des Kulturzentrums „Schungfabrik“ Foto: Lucien Montebrusco

So groß ist der Anklang, obwohl das Museum nur an wenigen Tagen und wenigen Stunden öffnet?

Ja. Von Donnerstag bis Sonntag, jeweils 14.00 bis 18.00 Uhr. An längere Öffnungszeiten denken wir derzeit nicht. Wir hatten es an Wochenenden von 16.00 bis 20.00 Uhr versucht, stellten aber fest, dass nach 18.00 Uhr quasi niemand mehr kommt. Natürlich soll man nie nie sagen. Aber wir sind nun mal kein so großes Museum, sodass die aktuellen Öffnungszeiten wohl reichen. 

Fünfmal die Woche kommen Schulklassen zu uns nach Absprache. Das sind Klassen aus der ganzen Region, vor allem aber aus dem Minett. Für die Kinder ist dieser Besuch oftmals der erste Schritt in die Welt der Kultur, das erste Museum, das sie besuchen.

Pascal Useldinger, Chef des „service évènementiel“

Das Museum leistet auch pädagogische Arbeit …

Ja, und das ist unsere dritte Bilanz, und die sollte man nicht unterbewerten. Hier arbeiten zwei Pädagogen, die pädagogische Ateliers veranstalten. Und da reden wir in puncto Zahlen nicht mehr von Hunderten, sondern von Tausenden Kindern, die schon bei uns waren und sich die Ausstellung angesehen haben. Fünfmal die Woche kommen Schulklassen zu uns nach Absprache. Das sind Klassen aus der ganzen Region, vor allem aber aus dem Minett. Für die Kinder ist dieser Besuch oftmals der erste Schritt in die Welt der Kultur, das erste Museum, das sie besuchen. Auf spielerische Art werden sie an die Thematik unseres Museums herangeführt, auch mithilfe unseres Maskottchens Kabutz. Die Kinder, die uns heute besuchen, sind unsere „Kunden“ von morgen. Diese altersgerechten Ateliers sind unentgeltlich. 

Was erwartet uns noch in den kommenden Wochen und Monaten?

Ein Museum führen bedeutet, es mit Leben zu füllen. Und da stellt sich immer die Frage, was wir als Gemeinde zu leisten in der Lage sind. Können wir jedes Jahr eine größere Ausstellung produzieren oder doch lieber jedes zweite Jahr? Im Juni ist die Vernissage von „Vélocité – la vallée des champion*nne*s“, einer Expo, die bis September dauern wird. Die Ausstellung ist keine über einen Verein, sondern allgemein über das Fahrrad im Kayltal. Wir sind hier in der Doku-Fiktion, was uns größere künstlerische Freiheiten erlaubt. Wir arbeiten mit verschiedenen Medien, Bild und Ton, mit Artefakten, aber auch mit fiktiven Charakteren. Dann werden wir auch konventionelle Ausstellungen ausrichten, und natürlich eine Emile Kirscht gewidmete Expo. 2025 wird unter anderem auch das MUAR eine Expo vorstellen. 2025 wird ein gut gefülltes Jahr werden. Und dann planen wir auch bereits 2026 und 2027. Wie bei der Programmgestaltung in der „Schungfabrik“ möchten wir Nischen finden, die an anderen Stellen nicht so bedient werden. Wir sehen uns definitiv in der Komplementarität. Es ist sinnlos – auch mit der permanenten Ausstellung –, dem „Musée des mines“ in Rümelingen Konkurrenz zu machen. Wir erzählen hier Geschichte, bei der das eine oder das andere Thema angeschnitten wird, aber alle weiteren Einzelheiten im Rümelinger Museum behandelt werden. Die ganze Gegend hat ja eine reiche Vergangenheit als Eisenerzindustrie. Diese Vergangenheit wird wohl im Museum erzählt, aber auch in der ganzen Region Kayl, Tetingen, Rümelingen. Wir haben das Ferrum, das „Musée des mines“, das Gonner-Haus, das alte Arbed-Büro, den „Plan incliné“, den „Minettswee“. Die „Schungfabrik“ ist ja auch Startpunkt mehrerer Wanderwege, die eigentlich eine Art Freilichtmuseum sind. Wenn man das Museum Ferrum verlässt, wird die Geschichte weitererzählt, sei es mit dem Bremshäuschen, der Lok am ehemaligen Quai Langenacker, mit der Minett Unesco Biosphere – das alles bildet ein Ganzes. Wichtig ist nun, das alles zu vernetzen und Partner dafür zu finden. Ich glaube, man kann da etwas sehr Interessantes rund um die Eisenerzindustrie aufbauen. Es besteht ein enormes Potenzial für Kulturtourismus in unserer Gegend. 

Das Museum

Das am Kulturzentrum „Schungfabrik“ in Tetingen angegliederte Museum Ferrum wurde im Oktober 2022 offiziell eröffnet. Die Dauerausstellung geht auf die Geschichte der Ortschaft, insbesondere ihre Vergangenheit als Eisenerzabbaugebiet, ein. Informiert wird über die damals hier entstandenen Zulieferbetriebe. In Kayl-Tetingen wurden Buggies zum Transport des Erzes, Karbidlampen für die Arbeit unter Tag und feste Arbeitsschuhe hergestellt. In einer an die ehemalige „Schungfabrik“ angebaute „Annexe“, dem Espace Emile Kirscht, werden Ausstellungen organisiert.
Geöffnet ist das Museum von Donnerstag bis Sonntag von 14.00 bis 18.00 Uhr.

Blick in einen der Ausstellungsräume
Blick in einen der Ausstellungsräume Foto: Lucien Montebrusco