Streit über GesetzShowdown mit Facebook in Australien

Streit über Gesetz / Showdown mit Facebook in Australien
Als Reaktion auf ein geplantes neues Mediengesetz blockiert Facebook das Teilen von Nachrichteninhalten auf seiner Plattform in Australien Foto: dpa/AAP/Lukas Coch

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In Australien sollen Facebook und Google lokalen Medien Geld bezahlen, wenn sie ihre Inhalte zeigen. Ein solches Gesetz steht kurz bevor. Google scheint nach ersten Drohungen einzulenken, doch Facebook zeigt sich stur. Am Donnerstag blockierte die Plattform sämtliche australischen Medieninhalte.

Ein geplantes Mediengesetz in Australien führt zum Eklat: Weil Facebook nicht für das Teilen von Nachrichten und anderen journalistischen Inhalten zahlen möchte, hat die soziale Plattform nun Ernst gemacht: Am Donnerstag zeigten die Facebook-Seiten sämtlicher australischer Medien keine Inhalte mehr an. Nutzer konnten Artikel und andere Medienbeiträge nicht mehr sehen und nicht mehr teilen. Facebook schafft damit einen kompletten Medien-Blackout für den fünften Kontinent. Auch internationale Nutzer können nicht mehr auf australische Inhalte zugreifen.

Der radikale Schritt ist eine Reaktion auf einen Gesetzesvorschlag, der bereits vom australischen Repräsentantenhaus verabschiedet worden ist und vermutlich in der kommenden Woche auch vom Senat abgesegnet wird. Sobald das neue Mediengesetz in Kraft tritt, müssen soziale Medien, aber auch Suchmaschinen, künftig für die Nutzung journalistischer Inhalte zahlen. Google drohte Australien deswegen Ende Januar bereits mit der Abschaltung seiner Suchmaschine. Das Unternehmen sprach damals von einem „gefährlichen Präzedenzfall“. Doch nachdem Microsoft angeboten hatte, die „Lücke“ mit seiner Suchmaschine Bing zu füllen, lenkte Google ein. Inzwischen hat der Konzern erste Deals mit Medienunternehmen geschlossen, unter anderem auch mit Rupert Murdochs News Corp.

„Mit schwerem Herzen“

Facebook dagegen geht auf Konfrontationskurs und machte am Donnerstag seine Drohung, australische Nachrichten zu entfernen, wahr. „Das vorgeschlagene Gesetz missversteht die Beziehung zwischen unserer Plattform und den Verlagen“, schrieb William Easton, Facebooks Geschäftsführer in Australien und Neuseeland, auf dem Blog der sozialen Plattform. „Wir stehen vor einer schwierigen Entscheidung“, sagte er. Entweder könne man ein Gesetz einhalten, das die Realitäten dieser Beziehung ignoriere, oder eben keine Nachrichteninhalte mehr über den Dienst in Australien laufen lassen. „Mit schwerem Herzen entscheiden wir uns für Letzteres“, gab er bekannt.

Für Facebook sei der finanzielle Gewinn aus Nachrichten minimal. „Nachrichten machen weniger als vier Prozent der Inhalte aus, die Menschen in ihrem Newsfeed sehen“, schrieb Easton. Im vergangenen Jahr habe Facebook rund 5,1 Milliarden kostenlose Empfehlungen für australische Verlage im Wert von geschätzten 407 Millionen Australische Dollar oder umgerechnet rund 262 Millionen Euro generiert.

Vielfältiger Nachrichtenmediensektor wichtig

Vertreter der australischen Regierung äußerten sich am Donnerstag entsetzt über den Schritt Facebooks, betonten aber, nicht von der Gesetzgebung Abstand nehmen zu wollen. „Es ist sehr wichtig, dass wir in Australien einen vielfältigen und gut ausgestatteten Nachrichtenmediensektor haben“, sagte Kommunikationsminister Paul Fletcher im Interview mit dem Radiosender 2 GB Radio. Dies sei ein entscheidender Teil der Demokratie. „Für ein Unternehmen im Silicon Valley mag das nicht wichtig erscheinen, aber für die australische Regierung und das australische Volk ist es sehr wichtig.“ Gesundheitsminister Greg Hunt betonte vor Reportern, dass nun die Gefahr bestehe, dass sich Fehlinformationen in den von Facebook geschaffenen Lücken ausbreiten. Er forderte das Unternehmen auf, „das Geld zu vergessen“ und an die Gemeinschaft zu denken.

Auch Schatzmeister Josh Frydenberg kritisierte das Social-Media-Unternehmen am Donnerstag. „Die Aktionen von Facebook waren unnötig“, sagte er. Man habe übertrieben heftig reagiert und das werde dem Ruf der Plattform in Australien mächtigen Schaden zufügen. Die aktuellen Ereignisse würden zudem die Macht sozialer Medien zeigen und deutlich machen, warum tatsächlich mehr Regulierung notwendig sei.

Rolle digitaler Plattformen hinterfragt

Carsten Rudolph, ein IT-Experte der Monash Universität in Melbourne, sagte, dass zeitweise auch Seiten für Wettervorhersagen oder die Seiten der Rettungsdienste blockiert waren. Auch eine Seite, die indigene Menschen erreichen möchte, „Bumma Bippera Media 987 FM“, zeigte am Donnerstag keine Inhalte mehr an. 

Der Schritt des US-amerikanischen Konzerns werfe die Frage auf, „welche Rolle digitale Plattformen in unserer Gesellschaft spielen“, sagte Rudolph. Man müsse sich im Klaren darüber sein, dass es dabei rein um Kommerz gehe und die Plattformen „ausbeuterische Data-Mining-Taktiken“ anwenden würden. Digitale Plattformen würden von den Inhalten anderer profitieren. In seinen Augen sollten nicht nur professionelle Medien dafür entschädigt werden. Die Verwendung und Vergütung von Daten müsse insgesamt vom Gesetzgeber geregelt werden.

Konstruktive Diskussion mit Mark Zuckerberg

Australien ist nicht das einzige Land, das mit den Tech-Konzernen über ihre Mediennutzung verhandelt. In Frankreich hat Google beispielsweise Lizenzdeals mit Verlagen geschlossen und in Deutschland hat die US-Firma Partner für ihren „Google News Showcase“ angeworben. Eine Gesetzgebung ist ebenfalls in Diskussion.

Wie der Showdown zwischen Facebook und der australischen Regierung ausgeht, wird auch von Interesse für andere Länder sein. Die Gespräche gehen derzeit noch weiter. Schatzmeister Josh Frydenberg postete auf Twitter, er habe am Donnerstagmorgen eine „konstruktive Diskussion mit Mark Zuckerberg von Facebook“ gehabt. „Er sprach einige verbleibende Probleme mit dem von der Regierung geplanten Kodex für Nachrichtenmedien an, und wir einigten uns darauf, unser Gespräch fortzusetzen, um einen Weg vorwärts zu finden.“