Nach Lehrer-UmfrageSEW/OGBL schlägt Alarm wegen Zuständen in der „voie de préparation“

Nach Lehrer-Umfrage / SEW/OGBL schlägt Alarm wegen Zuständen in der „voie de préparation“
Steve Goetzinger, Véronique Assa, Joëlle Damé und Vera Dockendorf (v.l.) stellen die Ergebnisse der Umfrage in der „Voie de préparation“ vor Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Nach bedenklichen Berichten von Lehrkräften führte das SEW eine Umfrage zu den Zuständen in der „voie de préparation“ durch. Die Rückmeldungen sind katastrophal.

Vorbereitung auf eine Lehre, eine weiterführende Schule oder die Arbeitswelt: Die „voie de préparation“ (VP) soll mit einem modularen Lehrkonzept Schülerinnen und Schüler unterstützen, die aus verschiedenen Gründen Probleme mit dem Weiterkommen im klassischen Bildungsangebot der Sekundarstufe haben. Diesem Anspruch scheint die VP jedoch nicht mehr gerecht zu werden. Das Syndikat „Erzéiung a Wëssenschaft“ (SEW) des OGBL schlägt Alarm. In den letzten Monaten hätten besorgniserregende Berichte aus den Schulen das SEW erreicht. 

Auf einer Pressekonferenz am Dienstag stellten Vertreterinnen der Gewerkschaft zusammen mit Lehrkräften aus der VP nun die Ergebnisse einer Umfrage unter dem Lehrpersonal vor. Daran nahmen insgesamt 88 Lehrer aus 19 von 20 Schulen teil, die den VP anbieten. Damit haben mehr als ein Drittel der im VP tätigen Lehrkräfte Rückmeldung gegeben.

Laut der Umfrage würden nur 35 Prozent der Lehrenden den Beruf unter den aktuellen Bedingungen weiterempfehlen, obwohl fast 100 Prozent grundsätzlich gerne unterrichteten. Müdigkeit, mentale Erschöpfung, Überforderung und Stress seien im Kollegium stark verbreitet. 71 Prozent der Befragten gaben laut des SEW an, dass sich ihr Gesundheitszustand aufgrund des Berufs in den letzten Jahren verschlechtert habe.  

Laut Vera Dockendorf, Sprecherin des SEW für die Sekundarstufe, führe eine immer höhere Arbeitsbelastung des Lehrpersonals in der gesamten „voie de préparation“ zu mangelhafter Inklusion und schulischer Qualität. Die Lehrerinnen und Lehrer hätten das Gefühl, ihrer Aufgabe nicht gerecht werden zu können. Zudem fühlten sie sich schlecht vorbereitet, um gleichzeitig Wissensvermittler, Pädagoge und Therapeut zu sein. 

Mission impossible

Die Ursachen der Probleme lägen einerseits in mangelnden Ressourcen, andererseits in immer größeren Klassen und immer mehr Schülerinnen und Schülern mit starken individuellen Problemen, die besondere Betreuung benötigten. Die Ansprüche an ihre akademischen und beruflichen Ziele seien mit der Realität oftmals nicht kompatibel. Der Großteil der Lehrkräfte meldete zurück, dass die Inklusion an ihrer Schule momentan nicht gelinge. 

Um die Missstände zu beheben, brauche es laut dem SEW deutlich kleinere Klassen von maximal zwölf Schülern, einen anwesenden Erzieher im Unterricht und deutlich mehr Personal für den schulpsychologischen Beratungsdienst (Sepas) und die Teams zur Unterstützung von Schülern mit besonderen Bildungsbedürfnissen (ESEB). Darüber hinaus benötige das Lehrpersonal deutlich mehr Zeit für die Betreuung, den Austausch mit Eltern sowie administrative Aufgaben. Zudem brauche es mehr Ersatzlehrer, ein generelles Konzept gegen den Lehrermangel und einen Ausbau des CCP- und DAP-Angebots. 

Durch das Inklusionsgesetz seien die Kapazitäten überlastet, der administrative Aufwand enorm. Einen Ersatz des ehemaligen „Ediff“ könne der VP jedoch nicht leisten. Die „voie de préparation“ drohe zu einem Auffangbecken für alle Jugendlichen zu werden, die aus unterschiedlichsten Gründen durch das Netz des Schulsystems gefallen seien, so Dockendorf. Um das zu verhindern, müsse die Schulpflicht bis 18 Jahre abgeschafft werden. Das SEW fordert zudem mehr disziplinarische Optionen und ein stärkeres Mitspracherecht bei den Orientierungspunkten für das Lehrpersonal. Darüber hinaus brauche es eine Diagnosepflicht, um Schülern mit starken Auffälligkeiten adäquate Hilfe zukommen lassen zu können – was manche Eltern verweigerten.  

Ferner bemängelten die Lehrkräfte fehlende Anerkennung für ihren Einsatz. Der Großteil der Befragten fühle sich insbesondere von Gesellschaft, Medien und Politik wenig bis gar nicht respektiert. 

Kee Matsproocherecht, keng Autonomie, awer voll Verantwortung

anonyme Rückmeldung eines Lehrers an das SEW/OGBL

Joëlle Damé, Präsidentin des SEW/OGBL, sprach am Dienstag von „strukturellen Problemen“ in der „voie de préparation“, die zulasten der Lehrer und Schüler ignoriert würden. Laut der Umfrage hätten 25 Prozent aller in der VP eingesetzten Lehrkräfte das Gefühl, dass das Bildungsministerium die Probleme nicht richtig einschätze. Grund sei ein fehlender Austausch zwischen Ministerium und Lehrkräften. Die VP sei jahrelang zugunsten von „pet projects“ der Minister vernachlässigt worden, so das SEW. Einerseits schrecke die Politik vor der politischen Brisanz des Themas zurück, andererseits wären die betroffenen Schülerinnen und Schüler schlichtweg keine relevante Wählergruppe. Nachdem die Gewerkschaftsvertreter dem Bildungsministerium bereits am 7. März einen Brief geschickt haben, hoffen sie nun auf eine zügige Einladung zum Dialog.