Mittwoch5. November 2025

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BildungspolitikSEW/OGBL: Menschlichkeit statt Kontrollzwang

Bildungspolitik / SEW/OGBL: Menschlichkeit statt Kontrollzwang
Mit einer Reihe von Forderungen zog der SEW/OGBL vors Parlament Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Erstmals anlässlich des von den Vereinten Nationen zum Internationalen Tag der Bildung ausgerufenen 24. Januar hat die Gewerkschaft Bildung und Wissenschaft (SEW) des OGBL ein Piquet organisiert – in Form einer „Eduaction“. Sie hatte dazu vor dem Parlament am Krautmarkt aufgerufen und forderte mehr Gehör für das Schulpersonal.

Das Trillerpfeifenkonzert vor der Chamber dürfte den Parlamentariern und Regierungsmitgliedern und insbesondere dem zuständigen Minister Claude Meisch (DP) noch in den Ohren nachhallen. Denn die vom SEW/OGBL organisierte Aktion war lautstark. Verteilt wurde „Deng social Energy“-Drink. Zum Abbau von Stress, Gewalt, Mobbing, mangelnder Kommunikation und Anerkennung sowie einer schlecht umgesetzten Inklusion sowie einer ausufernden Verwaltungsbürokratie an den Schulen des Landes dürfte das nicht ausreichen. Dafür muss sich nach der Ansicht der Gewerkschaft der Lehrkräfte gewaltig etwas ändern. Die Liste der Probleme, die vorgetragen wurde, ist lang. Und die Situation ist demnach besorgniserregend.

SEW-Chefin Joëlle Damé redete Tacheles
SEW-Chefin Joëlle Damé redete Tacheles Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Neben den Vertretern der traditionellen Luxemburger Schulen waren auch die Lehrer und Lehrerinnen aus den Europaschulen eingeladen. Für sie wurde eigens eine Rede auf Englisch gehalten. Zudem wurde eine Postkartenaktion organisiert, bei der man drei Wünsche für die Bildungspolitik angeben konnte. Nicht zuletzt wurde ein Text vom Präsidenten des Lehrerverbandes Baselland, Roger von Wartburg, unter anderem über Gewalt, Rassismus und Homophobie, aber auch Absentismus und Bewegungsmangel an Schulen vorgetragen, der nach den Worten von SEW-Präsidentin Joëlle Damé „ideal zu unserer Situation im Land“ passt: „Die Schule wird’s schon richten.“ Er erntete anhaltenden Beifall.

Schwierige Bedingungen für Schulpersonal

Joëlle Damé betonte einmal mehr, wie wichtig eine sozial gerechte Schule ohne Gewalt und Mobbing für eine Gesellschaft sei, die sich Nachhaltigkeit zum Ziel gesetzt hat. Dafür bräuchten die Lehrkräfte und das psychosoziale Personal an den Schulen die nötige Rückendeckung. „Die Realität ist eine andere“, weiß die SEW-Präsidentin. „Das Personal arbeitet im Schulalltag teils unter schwierigen Bedingungen. Es fehlt oft an den nötigen Ressourcen sowie an dem nötigen Rückhalt und an der Unterstützung seitens der Chefetagen.“ Stattdessen werde die Professionalität der Lehrkräfte immer mehr in Frage gestellt.

„Viele fühlen sich einfach alleingelassen“, sagte Joëlle Damé. Dem Schulpersonal gehe es nicht gut, obwohl sie für ihren Beruf „brennen“. Die Bildungspolitik sei weit weg von der Realität derer, die jeden Tag vor den Schulklassen stehen. „Die Lehrkräfte sind die, welche die politischen Reformen umsetzen müssen“, so Damé, „und die Konsequenzen gleich zu spüren bekommen.“ Das jüngste Beispiel sei die Alphabetisierung auf Französisch. Da gebe es ein Projekt und eine entsprechende Timeline – und das Personal müsse dann schauen, wie es dies umsetzen könne. Die Gewerkschaft fordert: „Hört uns zu! Holt uns mit ins Boot! Wir sind diejenigen, die die Kompetenz und Erfahrung besitzen. Ohne starke Lehrkräfte gibt es keine starke Schule und keine starke öffentliche Schule.“ Das Personal solle konsequent gestärkt werden. „Wir brauchen wirksame und transparente Prozeduren gegen Gewalt und Mobbing.“

Das Wohlbefinden und der Schutz von Schülern und Lehrern müssten prioritär sein. Die Probleme unter den Teppich zu kehren oder die Ausrede, es handle sich um ein Berufsrisiko, könne nicht akzeptiert werden. Das Schulpersonal habe derzeit keine wirksame Möglichkeit, sich gegen das Mobbing zu wehren. Es hänge vom Gutdünken der Direktion oder der zuständigen Beamten im Bildungsministerium ab, ob die Probleme ernst genommen würden oder nicht. „Das kann nicht sein“, betonte die Gewerkschafterin. „Wir brauchen eine unabhängige Anlaufstelle, an die sich das Schulpersonal werden kann, wenn es Hilfe braucht, gedemütigt oder schikaniert wird.“ Für eine kritische Stimme brauche es Personaldelegationen an den Schulen.

Die aktuelle „Conférence du lycée“ sowie die Schulkonferenz im „Fondamental“ seien nicht stark genug aufgestellt. In den vergangenen Jahren habe es eine Entwicklung von einem demokratisch-partizipativen Modell hin zu einer „Top-down-Gouvernance“ gegeben. „Dabei sind wir es, die jeden Tag versuchen, den Kindern eine gute Bildung zu garantieren.“ Die ganze Verantwortung für das, was in den Schulen schiefläuft, könne nicht auf die Lehrkräfte abgewälzt werden. Es reiche nicht aus, dem Schulpersonal Resilienzkurse zu verschreiben. „Wir müssen uns auf das konzentrieren, was wichtig ist: das Recht von jedem Kind auf eine gute Bildung.“ Was das Thema Inklusion angeht: Der SEW/OGBL stehe klar für Inklusion. Doch die gebe es nicht zum Nulltarif. Zum Schluss sagte die SEW-Präsidentin: „Wir brauchen keinen administrativen Wasserkopf und keinen Kontrollzwang, sondern mehr Menschlichkeit und eine ehrliche Debatte darüber, was die Schule leisten soll.“

Unter den Teilnehmern waren auch einige Parlamentarier
Unter den Teilnehmern waren auch einige Parlamentarier Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante
Hoppala
24. Januar 2025 - 9.12

"Eis Fuerderunnen!" ? Jaja. Man sieht wie dringend die Bildung Unterstützung braucht.