EditorialSchweigen der Polizei und der Justiz ist Gift für die Gesellschaft

Editorial / Schweigen der Polizei und der Justiz ist Gift für die Gesellschaft
Seit 2019 wird Nicolas Holzem vermisst. Über die Suchaktion nach ihm in Bolivien ist offiziell wenig bekannt gemacht worden. dr

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Die Vorkommnisse im hauptstädtischen Bahnhofskommissariat seien Gift für den Ruf der Polizei, schrieb Armand Back in seinem Editorial am Samstag. Wahrlich, so ist es!

Aufklärung ist in der Tat dringend nötig. Dabei ist es verständlich, dass diese nicht von heute auf morgen erfolgen kann. Die Spurensuche ist komplex und bis aus Verdachtsmomenten Fakten werden, die zudem rechtlich belangbar sind, kann es mitunter länger dauern. Da sollte man sich in Geduld üben – auch im Interesse der Verdächtigen –, aus Respekt vor der Unschuldsvermutung. Das Problem, zärtlich formuliert, besteht aber darin, dass auf dem Weg der Wahrheitsfindung sehr wenig kommuniziert wird. Leider ist das öfters, meistens, der Fall, wenn es um Polizei, Justiz oder andere öffentliche Stellen geht. Und das ist dann nicht nur Gift für die Polizei, sondern auch für die Gesellschaft. Die empfindet das sehr zurückhaltende Mitteilungsbedürfnis nämlich zunehmend als Affront, gar als Desinformation. Gut ist das nicht! Gut ist vor allem nicht, was daraus entstehen kann.

Schreiben, was ist, wird von Journalisten verlangt. Aus gutem Grund. Geht es doch darum, korrekt und objektiv zu informieren – so vollständig wie möglich. Einfach ist das nimmer. Das liegt weniger an der schreibenden Zunft als an denen, die sich als Gralshüter der Faktenlage sehen. Zu oft schweigen sie und lassen somit zu, dass Gerüchte, Halb- und Unwahrheiten die Runde machen.

Kann man es denkenden und neugierigen Menschen übelnehmen, dass sie sich Gedanken machen über das, was um sie herum geschieht? Sollten sie stillschweigend hinnehmen, dass sie nicht eingebunden werden? Nein, sollten sie nicht! Nachvollziehbar ist, dass sie sich dann aus Bröseln ein Brot backen, oder, anders formuliert, ihre Gedankenwelt zum Film machen.

Beispiele gefällig? Beginnen wir mit einem Klassiker. Die Bommeleeër-Affäre. Sie hat Luxemburg erschüttert, aber mehr noch hat sie das Vertrauen der in Luxemburg lebenden Menschen erschüttert. Ob die Affäre jemals aufgeklärt wird, steht in Sternen außerhalb unserer Galaxis. Der Schaden bleibt.

2019 brennt es im Parking Rousegäertchen. Bis heute ist nicht wirklich bekannt, warum. Eine Schande! 2012 verschwindet François Thillman in Paris. Noch heute wird der junge Luxemburger auf der Polizei-Vermissten-Liste geführt. Kein offizielles Wort darüber, was in den letzten elf Jahren unternommen wurde, um die Sache aufzuklären. Nicolas Holzem, auch Luxemburger, seit Juni 2019 in Bolivien vermisst. Keine Informationen. Offensichtlich hatte der zuständige Untersuchungsrichter keine Lust, zu erklären, wie seine Arbeit in solchen Fällen aussieht. Schade!

Anderes Beispiel. Wenn bei möglichen Straftaten in Luxemburg die Beschreibung der mutmaßlichen Täter (m/f) so dürftig ist, dass eigentlich jede(r) infrage kommen könnte, dann läuft etwas falsch. Die Bevölkerung soll bei der Suche eingebunden werden. Richtig! Geschieht aber nicht wirklich. Schade!

Wenn Menschen das Gefühl haben, kein gleichberechtigter Partner zu sein, nicht möglichst vollumfänglich informiert zu werden, dass ihnen gar etwas verschwiegen wird, dann machen sie sich ihren eigenen Film. Netflix kann dann einpacken. Merkwürdige Ideen, gar Verschwörungstheorien jeglicher Art, entstehen. Alles nicht gut. Gift für die Gesellschaft.

Drum wär’s besser, dass solche Filme gar nicht erst entstünden. In diesem Sinne: Manchmal ist Reden Gold und Schweigen nicht mal Bronze.

Flep
21. August 2023 - 16.28

Luxemburg wie es war und immer noch ist. Bürger für dumm halten. Taktik: "Was ich nicht weiss macht mich nicht heiss".

Robert Hottua
21. August 2023 - 13.39

Zur Situation der Gralshüter der Faktenlage: 1933 hat das unfehlbare päpstliche "Luxemburger Wort" die Wege des Braunhemdpropheten begrüsst, bejaht und gesegnet. Einer dieser Wege hat in Frankreich zu einem Leichenberg von 40.000 PsychiatriepatientInnen geführt. Darüber schreibt Frau Sieglind Ellger-Rüttgardt in dem Buch: "Du bist nichts, Dein Volk ist alles", DSV, 1991, Seiten 88-104. Frau Sieglind Ellger-Rüttgardt ist eine deutsche emeritierte Professorin für Allgemeine Rehabilitationspädagogik und Lernbehindertenpädagogik. MfG Robert Hottua

Nomi
21. August 2023 - 10.47

Et gett nemmen eng Leisung : Transparent Informatio'un an Zeitno, fir d'Vertrauen vum Bierger an den Staat rem hirzestellen. Et ass nach net ze speit, mee et get heich, heich Zeit !