Duelle werden in Zukunft nicht mehr im luxemburgischen „Code pénal“ zu finden sein. Ebenso wenig wie Straftaten in Zusammenhang mit Telegrafensendungen und Pfandhäusern oder mildernde Umstände für den Kindsmord an einem unehelichen Kind. Mit dem Gesetzentwurf 8418 will Justizministerin Elisabeth Margue (CSV) die versprochene Reform des „Code pénal“ umsetzen, um alte Bestimmungen, die zum Teil aus dem 19. Jahrhundert stammen, aus dem Gesetz zu streichen. Dazu gehört – man erinnere sich an den hitzigen Streit um das hauptstädtische Bettelverbot – die sogenannte „einfache Bettelei“. Nach der Reform wird Klarheit herrschen. Die „einfache Bettelei“ ist dann eindeutig nicht mehr verboten.
Die Generalstaatsanwaltschaft begrüßt das in ihrem Gutachten zum Gesetzentwurf. Das passive Betteln werde entkriminalisiert und ein „endgültiger Schlussstrich“ unter die viel und heiß diskutierte Frage gesetzt, „ob das passive Betteln nach einer Gesetzesänderung in Artikel 563 des Strafgesetzbuches im Jahr 2008 noch strafbar war“. Diese neue juristische Klarheit lobt auch Noémie Sadler, Präsidentin der konsultativen Menschenrechtskommission („Commission consultative des droits de lHomme“, CCDH). Die CCDH hat am Freitagvormittag zu einer Pressekonferenz geladen. Zwar wurde die Kommission nicht um ein Gutachten gebeten, man hat aber trotzdem eines erstellt und eingereicht. Denn für Sadler und ihre Kollegen gibt es viel kritisieren. Das Gesetzesprojekt, so die CCDH-Präsidentin, riskiere zu einer Gefahr für die Menschenrechte zu werden.
Unklare Definition, überzogenes Strafmaß
Die Kritik der CCDH bezieht sich vor allem auf die vielleicht wichtigste Änderung. Zwar wird die „einfache Bettelei“ entkriminalisiert, hinzu kommt jedoch ein neuer Straftatbestand: die „aggressive Bettelei“. „Allein der Begriff ist problematisch“, sagt Sadler. In den Augen der Menschenrechtskommission wird eine juristische Unklarheit gelöst und dafür eine neue geschaffen. Charlotte Brouxel, Juristin bei der CCDH, mahnt an, dass der Gesetzestext keine Definition beinhalte, was genau „aggressiv“ bedeute. Im originalen Wortlaut lautet der neue Passus wie folgt: „Le fait de solliciter, de manière agressive, sur la voie publique, dans les lieux et immeubles accessibles au public, ainsi qu’à l’entrée des immeubles servant à l’habitation, la remise de fonds, de valeurs ou d’un bien, est puni d’un emprisonnement de quinze jours à deux ans et d’une amende de 251 euros à 3 000 euros ou de l’une de ces peines seulement.“ Diese Formulierung ließe Interpretationsspielraum, sagt Brouxel. „Strafrecht muss aber so genau wie möglich sein.“
Ganz grundsätzlich sieht die CCDH keine Notwendigkeit für einen eigenen Straftatbestand der „aggressiven Bettelei“. Brouxel fügt an, man müsse sich immer fragen, ob es nicht andere, weniger repressive Mittel gebe, um das gewünschte Ziel zu erfüllen. Das Problem fange aber schon da an, so die Juristin, dass im Text überhaupt kein Ziel definiert werde. Des Weiteren ist man bei der Menschenrechtskommission der Meinung, dass es im „Code pénal“ bereits andere Straftatbestände gebe, die ähnliche Verhaltensweisen abdecken würden – wie tätliche Angriffe oder leichte Gewalt. „Die Einführung eines neuen Straftatbestandes scheint also überflüssig“, heißt es im Gutachten der CCDH.
Ein weiterer Kritikpunkt der Menschenrechtskommission ist die in ihren Augen unverhältnismäßig hohe Strafe in Bezug auf die Art der Straftat. Geldstrafen in dieser Höhe würden an der Lebensrealität von marginalisierten Personen vorbeigehen – und zum Beispiel zu Gefängnisstrafen führen, weil eine Geldstrafe nicht gezahlt werden könne. Die im Text festgelegte Höchststrafe von bis zu zwei Jahren Haft ermögliche es den Behörden außerdem, einen Haftbefehl auszustellen, um die betreffende Person sofort in eine Haftanstalt zu bringen. Die CCDH fürchtet sofortige Repressionen, die dazu führen könnten, dass Personen, die der aggressiven Bettelei verdächtigt werden, ungeachtet der tatsächlichen Schwere des Vergehens, in Untersuchungshaft genommen werden. Die Generalstaatsanwaltschaft hingegen findet den Strafrahmen für den neuen Straftatbestand angemessen. Auch in ihrem Gutachten wird die Frage aufgeworfen, was genau unter „aggressivem Betteln“ zu verstehen sei: „Der Gesetzestext gibt zwar keinen Aufschluss darüber, doch in der Begründung führen die Verfasser des Gesetzentwurfs eine Reihe von Beispielen an.“ Für die Generalstaatsanwaltschaft reichen diese Beispiele aus, der Gesetzestext genüge ihrer Meinung nach den Erfordernissen des Strafrechts.
Für die Menschenrechtskommission steht die Gesetzreform für einen repressiven Kurs der neuen Regierung, der sich auch in anderen Bereichen, beispielsweise im neuen Versammlungsrecht, abzeichne. Die CCDH warnt vor willkürlicher Gesetzgebung aufgrund fehlender Definitionen und fordert die Regierung auf, Integrationsmaßnahmen zu unterstützen, statt Armut zu kriminalisieren. Außerdem dürften durch den neuen Straftatbestand Opfer von Menschenhandel, die zum Betteln gezwungen werden, nicht doppelt bestraft werden – einmal von ihren Ausbeutern und einmal vom Strafgericht. Dafür müsse die Regierung sorgen, so Charlotte Brouxel.
Auch der Staatsrat hat sich bereits in einem Gutachten zu Margues Gesetzentwurf geäußert. Für ihn gehen die Änderungen nicht weit genug. „Der Staatsrat hätte sich eine ehrgeizigere Reform des Code pénal gewünscht als die vorgeschlagenen Änderungen, die weit davon entfernt sind, eine tiefgreifende Reform darzustellen“, heißt es im Gutachten.
De Maart

"Die Menschenrechtskommission sieht darin Gefahren – und einen repressiven Kurs der Regierung."
Aus genau diesem Grund, "wurde die Kommission nicht um ein Gutachten gebeten,"
@Mireille : = Ablenkung vum Sujet ??
@ Mireille / Was wollen sie uns damit sagen? Bitte um Erleuchtung.
Mireille
Ich fuerchte Ich stehe etwas auf der Leitung , helfen Sie mir bitte mal auf die Spruenge .
Pfandhäuser, wie das in Foetz erfreuen sich großer Beliebtheit.