Covid-19Regierung plant wieder strengere Maßnahmen – vielleicht

Covid-19 / Regierung plant wieder strengere Maßnahmen – vielleicht
Mit neuen Coronamaßnahmen kommt scheinbar auch ein neuer Look. Gesundheitsministerin Paulette Lenert (l.) hat ihre markante Brille abgelegt und Premierminister Xavier Bettel hat seinen Dreitagebart wegrasiert. Foto: Editpress/Julien Garroy

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Werden in Luxemburg neue gesetzliche Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie eingeführt? Ja. Nein. Vielleicht. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat die Regierung jedenfalls griffbereit im Parlament hinterlegt. Der Text sieht einen Teil-Lockdown für Gaststätten und Restaurants, eine weitere Beschränkung der sozialen Kontakte im privaten Bereich und ein Veranstaltungsverbot für Kinos, Konzerthäuser und Theater vor. Auch Breitensport soll nur noch in kleinen Gruppen erlaubt sein. Ob der Entwurf am kommenden Montag im Parlament zur Abstimmung gelangt, hängt davon ab, wie die Zahl der Neuinfektionen sich in den nächsten Tagen entwickelt.

Haben die Coronamaßnahmen, die das Parlament auf Wunsch der Regierung am 29. Oktober getroffen hat, gegriffen? Konnten sie die Ausbreitung der Pandemie in Luxemburg eindämmen? Mit diesen Fragen beschäftigte sich am Dienstagvormittag der Regierungsrat in einer außerordentlichen Sitzung. Seit dem exponentiellen Anstieg der Neuinfektionen Anfang Oktober hat die Situation sich in den vergangenen beiden Wochen auf hohem Niveau weitgehend stabilisiert. Seit Mitte Oktober schwanke die Positivitätsrate (Anteil der positiven Tests an den Gesamttests) zwischen 5 und 7 Prozent und sei niedriger als in den Nachbarländern, sagte Premierminister Xavier Bettel (DP) am Dienstagmittag auf einer Pressekonferenz. Bei den Neuinfektionen ist seit über zehn Tagen eine leicht sinkende Tendenz zu beobachten, doch insgesamt seien die Zahlen noch immer zu hoch. Gleiches gilt wohl für die Krankenhäuser, die laut Lenert zwar personell am Limit seien, doch im Hinblick auf die Belegung noch nicht ganz ausgelastet seien. Am Montag wurden laut Bettel 246 Covid-19-Patienten stationär behandelt, davon 48 auf der Intensivstation. Die Auslastung der Intensivbetten lag Bettel zufolge bei 50%, bei den gewöhnlichen Covid-Betten lag sie bei 66%. Damit sei der Anteil der Hospitalisierungen an den Gesamtinfektionszahlen niedriger als in den Nachbarländern, betonte der Premierminister. Größere Auswirkungen auf andere Bereiche der Gesundheitsversorgung seien zurzeit nicht zu beobachten. Das Risiko, dass die Lage aus dem Ruder läuft, bleibt Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) zufolge aber extrem hoch. Gestiegen ist zuletzt vor allem die Zahl der Toten mit einer Covid-19-Erkrankung. Dabei spielten Komorbiditäten eine wichtige Rolle, wusste der Premierminister. Das Durchschnittsalter der in den letzten drei Wochen mit einer Covid-19-Erkrankung Verstorbenen sei sehr hoch, erklärte Bettel. Laut dem ADR-Abgeordneten Fernand Kartheiser lag es bei 83,7 Jahren. 75% der Toten seien über 80 Jahre alt gewesen, präzisierte Paulette Lenert. Laut einer Meldung von Radio 100,7 habe sich rund ein Drittel aller Covid-19-Sterbefälle in den vergangenen drei Wochen in Alters- und Pflegeheimen ereignet.  Welche Schlüsse soll die Regierung also aus dieser uneindeutigen Lage ziehen? Sie weiß es noch nicht genau.

„Kein goldener Mittelweg“

Bei der Bekämpfung des Coronavirus gebe es keinen goldenen Mittelweg, meinte die Gesundheitsministerin am Dienstag. Dabei hatte die Regierung doch gerade diesen Mittelweg beschritten, als sie vor drei Wochen auf einen Lockdown verzichtete und stattdessen eine nächtliche Ausgangssperre und die Begrenzung der Zusammenkünfte auf vier Personen beschloss. „Mir sinn net iwwert der Limitt vun deem, wat mer an de Spideeler packen, mee mir sinn an enger neelecher Situatioun an et bleift ganz wéineg Sputt no uewen“, warnte seinerseits Bettel. Laut Lenert will die Regierung alles dafür tun, dass es nicht zu einer Überlastung der Krankenhäuser kommt. Deshalb hat sie beschlossen, ein Gesetzesprojekt mit neuen Maßnahmen vorzubereiten, das die Gesundheitsministerin am Dienstag im Parlament hinterlegt hat. Ab dem heutigen Mittwoch sollen sich der parlamentarische Gesundheitsausschuss und der Staatsrat mit dem Entwurf beschäftigen. Insgesamt verfolgt der Gesetzentwurf das Ziel, die sozialen Kontakte noch weiter zu reduzieren, vor allem dort, wo keine Maske getragen wird oder werden kann. Dazu gehören die Gaststätten und Restaurants, die ab kommender Woche wieder geschlossen werden könnten.

Die finanziellen Einbußen im Restaurant- und Gaststättengewerbe sollen zu 100 Prozent gedeckt werden, sagte Bettel. Mittelstandsminister Lex Delles (DP) habe am 13. November bereits ein entsprechendes Gesetzesprojekt deponiert. Gleichzeitig könnten die sozialen Kontakte zu Hause noch stärker eingeschränkt werden, sodass ein Haushalt künftig nur noch zwei anstatt vier Personen zu sich nach Hause einladen darf. Breitensport dürfte künftig nur noch maximal zu viert betrieben werden, Ausnahmen bilden Elite-, Profi- und Schulsport. Konzerte sowie Kino- und Theatervorstellungen sollen abgesagt werden, nur noch Museen und Bibliotheken blieben geöffnet. Auch die nächtliche Ausgangssperre soll verlängert werden. Diese Maßnahmen könnten bis zum 15. Dezember in Kraft bleiben.

Für Schulen sollen ebenfalls neue Regeln eingeführt werden. Diese kann Bildungsminister Claude Meisch (DP) aber ohne Gesetz beschließen. So könnte bis zu den Weihnachtsferien in den oberen Stufen der Sekundarschulen wieder auf A- und B-Klassen sowie Videokonferenz-Unterricht zurückgegriffen werden. Zudem könnten Einschränkungen in den Schulkantinen gelten. Nicht zuletzt wird am heutigen Mittwoch das erst Anfang November eröffnete „Centre de prélèvement“ im ehemaligen Muzzolini-Autohaus in Esch/Alzette in ein zweites „Centre de consultation Covid“ (CCC) umgewandelt, wo Menschen mit Symptomen sich behandeln und testen lassen können. Das erste CCC steht auf dem Kirchberg in der Hauptstadt.

Abwarten oder nicht abwarten?

Weiter abwarten stelle ein Risiko dar, sagte die Gesundheitsministerin, die verkündete, dass zurzeit über 200 Mitarbeiter beim Contact-Tracing im Einsatz seien und Luxemburg mit einer Kapazität von 70.000 Tests pro Woche die Nummer eins in Europa sei. Die Zeit dränge nicht, die Regierung wolle noch diese Woche abwarten und die Entwicklung der Lage beobachten, betonte seinerseits der Staatsminister. Sollte die Zahl der Neuinfektionen bis zum Wochenende auf unter 500 sinken, würden die Maßnahmen vorerst nicht umgesetzt, erläuterte Lenert. Würde diese Grenze unterschritten, wäre dies laut Gesundheitsministerin ein klares Indiz dafür, dass die Kurve wieder abflacht. Sollten die Zahlen aber weiter so hoch bleiben, wie es aktuell der Fall ist, und sollte vor allem die Zahl der Krankenhausaufenthalte weiter steigen, sollen die Maßnahmen am Montag vom Parlament verabschiedet werden.

Die Oppositionsparteien zeigten sich am frühen Dienstagnachmittag skeptisch. Sie hatten den Gesetzentwurf noch nicht gelesen und wollten deshalb keine voreiligen Schlüsse ziehen. Der Piraten-Abgeordnete Sven Clement bedauerte aber auf Nachfrage, dass dem Parlament und dem Staatsrat nun wahrscheinlich erneut nur wenige Tage Zeit bleiben, um das Gesetz zu diskutieren und darüber abzustimmen. Zwar seien vier Tage besser als die kurze Frist von zwei Tagen, die den Institutionen bei dem letzten Gesetz Ende Oktober gewährt wurde, doch immerhin habe die Regierung seit der Verabschiedung des vorigen Gesetzes fast drei Wochen Zeit gehabt. Demnach hätte sie den Text schon früher ausarbeiten und vorlegen können, sagte Clement, umso mehr „déi Lénk“ bereits vor drei Wochen einen Teil-Lockdown der Restaurants und Gaststätten gefordert hatte. Der linke Abgeordnete Marc Baum findet, dass die Regierung es sich zu leicht mache, indem sie die ganze Verantwortung auf das Parlament abwälze, weil sie selbst nicht genau wisse, was sie tun soll. Baum vermisst klare Indikatoren, nach denen die Regierung ihre Maßnahmen ausrichtet: „Ist es die Zahl der Neuinfektionen, die Belegung der Krankenhausbetten, sind es die Infektionszahlen bei gefährdeten Personengruppen, oder ist es ein Sammelsurium all dieser Faktoren, das den Ausschlag gibt? Und welche Gewichtung gibt man den einzelnen Indikatoren?“ Die Regierung könne selbst keine Antwort auf diese Fragen liefern, verlange aber von den Abgeordneten, dass sie es tun, wundert sich Marc Baum.

Die ADR lehnt ihrerseits sowohl den Lockdown als auch die Begrenzung der Zusammenkünfte zu Hause grundsätzlich ab, weil sie das soziale und wirtschaftliche Leben zu sehr beeinträchtigen bzw. einen zu großen staatlichen Eingriff in die Privatsphäre darstellen würden. Stattdessen fordert der Abgeordnete Fernand Kartheiser einen gezielten und besseren Schutz von Senioren ab einem bestimmten Alter, weil diese besonders gefährdet seien. Genau wie die CSV vermisst die ADR Einschränkungen in öffentlichen Verkehrsmitteln und beim Schülertransport, wo sich tagtäglich viele Menschen auf engem Raum begegnen. Darüber hinaus fordert die CSV noch strengere Kontrollen und höhere Strafen für Verstöße gegen die gesetzlichen Maßnahmen. Ihre Fraktionschefin Martine Hansen wünscht sich zudem eine Maskenpflicht in den Innenstädten und konkretere Regeln in den Schulen und für den Einzelhandel.

Maggy Calvi
19. November 2020 - 6.10

Da bin ich voll dabei. In ihrem Land haben sie Ausgangsgrenzen und kommrn jetzt zu uns zum Shoppen, Essen usw. So geht es nicht oder doch....???

Linda
18. November 2020 - 16.47

Grenzgänger stoppen. Nur die rein lassen wo wirklich zum Arbeiten kommen. Wir lassen alles rein,zum Shopen! Wie viele von denen sind positiv??? So kriegen wir den Virus nicht in den Griff!!! Abends noch strenger an den Grenzen kontrollieren ,in der Stadt usw. denn es sind noch viele Grenzgänger unterwegs oft zu viert im Auto. Die haben bestimmt nicht gearbeitet!

J.C.Kemp
18. November 2020 - 16.31

@Pirat: Straffe 1000€, besser straffere 5000€, ja. Wéi gesoot! dixit XB

grenzgegner
18. November 2020 - 15.34

Alles gut gemeint, möglichst niemandem weh tun, vor allen Dingen die Wirtschaft am Laufen halten. Ein wenig Ausgangssperre zu nachtschlafender Zeit, wo kaum jemand unterwegs ist. Und ein paar Kontaktsperren, die keiner nachprüft. Schön und gut, leider viel zu wenig. Das Virus wird man so nicht eindämmen können. Entweder, man findet sich mit steigenden, relativ hohen Todeszahlen als Teil unser neuen, täglichen Realität ab. Oder man schränkt unser aller Leben, und damit auch das Virus, ein. Beides gleichzeitig geht nicht.

Observer
18. November 2020 - 15.04

Schülertransporte stoppen und Schulen bis Weihnachten schließen würde wohl sehr wirksam sein.Mut haben neu zu denken und handeln unbedingt erforderlich!

Pirat
18. November 2020 - 13.27

FFP2 Masken für alle, immer und überall, also auch draussen.Bei Verstößen 1000,- Euro Straffe!