Die Aufteilung des Bürgermeisterpostens in Schifflingen war zwischen den beiden Koalitionsparteien seit Langem vereinbart. Vielleicht ist es auch das, was Weimerskirch heute so gefasst wirken lässt. Sein Leben als aktiver Politiker sei abgeschlossen, sagt er, nun beginne ein neuer Abschnitt. Es sei wichtig, nicht nur loslassen zu wollen, sondern auch loslassen zu können, gibt er zu verstehen. Und man gewinnt den Eindruck: Es gelingt ihm. Wir wollen daher die Kommunalpolitik in unserem Gespräch ein Stück weit außen vor lassen und uns anderen Themen widmen: Ein ehemaliger Bürgermeister gibt Auskunft. Ein Abschiedsgespräch ohne Pathos, aber mit viel Leben.
An seinem letzten Tag als Bürgermeister hat Paul Weimerskirch noch im Büro vorbeigeschaut, um sich zu verabschieden. Danach ist er zu einer mehrtägigen Urlaubsreise aufgebrochen.
Ich besuche mit meiner Frau eine Bundesgartenschau. Es ist ein Dankeschön … für alles. (Sie wisse am besten wofür, scheint er sagen zu wollen.)
Und was jetzt?
Alles gut. Ich bemerke jetzt schon seit Tagen, dass ich nicht mehr morgens aufwache und mich sofort frage, welche Termine ich habe, wen ich anrufen oder wem ich antworten muss.
Kam das Leben zu kurz während Ihrer politischen Karriere?
Nein, finde ich nicht. Ich bedauere nichts, was ich gemacht habe. Allerdings würde ich mit meinen Erfahrungen heute rückblickend einiges etwas anders machen. Entscheidungen, die man trifft, gefallen nicht immer jedem. Eine Äußerung, ein Benehmen, gegenüber Mitmenschen, vielleicht im Eifer des Gefechtes, können mitunter verletzend sein. Das war nie böse gemeint. (Wen oder was er genau damit meint, sagt er nicht.) Mein Leben ist mein Leben. Ich bin froh, Bürgermeister gewesen zu sein. Und meine Gemeinde Schifflingen, mein Heimatort mochte und mag ich … und meine Frau würde ich sicher nochmals heiraten.
Das wird Ihrer Frau gefallen. Was sagt sie denn zum neuen Kapitel?
Sie freut sich mit mir. Wir freuen uns auf ein neues Leben, andere Aufgaben.
Wenn nicht Politiker, was dann?
Journalist, das wäre mein Traumberuf gewesen. Weil Journalisten zur Demokratie gehören. Informieren. Kommunizieren und hinterfragen. Ohne Journalismus wäre ein Teil der Freiheit eingeschränkt.
Hobbys?
Die Musik, also Bass-Tuba spielen, außerdem Tennis und Radfahren.
Und sonst?
Viele sagen mir, was ich machen soll. Ich weiß es, ich mache, wie ich will, das heißt: Leben, vor allem öfters zu Hause kochen und mehr für Familie, Frau, zwei Söhne und vier Enkelkinder da sein.
Und was sagen die Enkelkinder?
Was macht Großvater denn jetzt? Oder schön, dass der Bopa nun mehr Zeit hat, um mit uns spielen zu können.
Also ein richtiger Schnitt?
Denke schon, hoffe schon. Ruhiger möchte ich es auf jeden Fall angehen. Mich, wie gesagt, als Großvater mehr einbringen. Und dann weiter Musik spielen. Im Musikverein wurde ich nie genervt mit irgendwelchen politischen Fragen oder Bitten. Und ich möchte in Zukunft auch intensiver proben.
Aber geht das so einfach, wenn man doch viel Zeit seines Lebens mit Politik verbracht hat? Sie waren ja auch außerhalb politischer Ämter aktiv, als Mitglied des Büros der CSV-Fraktion. Kann man so einfach loslassen?
Ich werde sicherlich nicht aufhören, mich für Politik zu interessieren. Für die nationale wie die internationale. Aber ich werde mich nicht einmischen in Diskussionen, sei es in der Gemeinde oder bei der CSV. Und wenn es dann wirklich unbedingt sein müsste, bei einem Thema, das mir sehr am Herzen liegt, dann werde ich unter Umständen etwas sagen, aber ich werde die Entscheidungen, die nach meiner aktiven Zeit getroffen werden, nicht öffentlich kommentierend begleiten.
Und ihrem Nachfolger Carlo Feiereisen werden sie nicht auf die Finger schauen?
Nein!
Er hat Sie als Ehrenbürgermeister vorgeschlagen.
Ja, nach den Sommerferien.
Da werden Sie eine Rede halten müssen?
Ich weiß das noch nicht, vielleicht werde ich etwas schreiben. Eine Danksagung, aber ich weiß nicht mal genau wie die Prozedur abläuft, ob ich da etwas sagen soll oder muss.
Ziele?
Gesund bleiben, alle Bücher lesen, die ich mir irgendwann gekauft habe, aber, nie dazu gekommen bin sie zu lesen. Ja und dann, trotz Donald Trump, meiner Frau eine Freude machen und mit ihr New York besuchen.
Lieblingsbuch?
Alles von Antoine de Saint-Exupéry, die Spiritualität seiner Bücher begeistert mich, wie eigentlich alle Bücher, die diese Spiritualität haben. Ich lese auch andere Sachen, über Politik und Religionen, aber viele meiner Gedanken kommen über diese Spiritualitätsbücher.
Persönliches Lieblingsreiseziel?
Eigentlich überall, wo Berge sind. Die Alpen in Deutschland, Schweiz und Österreich. Nepal wäre toll, das würde mir Spaß machen.
In wem sehen Sie Ihre Ideen fortbestehen?
In meinen Enkelkindern. Die sind emphatisch und auch ein bisschen durchtrieben. Einer ähnelt mir recht viel, alle sind einfach superlieb.
Wer hat Sie am meisten daran gehindert, Ihre Ideen umzusetzen?
Jene, die sich als meine Freunde bezeichnet haben, es aber nicht waren. (Wen er damit meint, kann man ihm auch diesmal nicht entlocken.)
Welchen Rat geben Sie Ihren Enkelkindern oder allgemein jungen Menschen für Ihren Lebensweg?
Nie anfangen aufzuhören, nie aufhören anzufangen!
Im Musikverein wurde ich nie genervt
Paul Weimerskirch
Paul Weimerskirch (CSV) gilt nicht als Mann der großen Gesten oder der lauten Worte. Wer ihn kennt, weiß um seine Haltung und seine pragmatische Herangehensweise an politische Diskussionen und Entscheidungen. Mit seiner ruhigen, mitunter zurückhaltenden Art hat er die Schifflinger Kommunalpolitik über Jahrzehnte hinweg mitgeprägt.
Geboren am 30. April 1957, steht Weimerskirch seit vielen Jahren für eine bürgernahe Gemeindepolitik, auf lokaler wie auf nationaler Ebene. Vor rund 30 Jahren zog er erstmals in den Gemeinderat seiner Heimatstadt ein. Ab dem Jahr 2000 war er zudem als Nationalsekretär der CSG (Christlich-Soziale Gemeinderäte) aktiv, einer parteiinternen Plattform für kommunalpolitisch engagierte CSV-Mandatsträger.
Als der damalige Schöffe Marc Spautz im April 2013 Minister wurde, rückte Weimerskirch ins Schöffenkollegium nach. Nach den Gemeindewahlen 2017 bildete die CSV in Schifflingen eine Koalition mit „déi gréng“ und Paul Weimerskirch wurde Bürgermeister. Auch nach den Wahlen von 2023 blieb er im Amt: In einer neuen Koalition mit der LSAP übernahm er erneut für zwei Jahre die Führung der Gemeinde, ehe, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, der Wechsel an Carlo Feiereisen (LSAP) erfolgte.
Mit seiner Arbeit als Schöffe und Bürgermeister zeigt sich Weimerskirch zufrieden: Die Bildungslandschaft in Schifflingen sei neu aufgestellt worden, und auch die Kultur habe einen neuen Stellenwert in der Gemeinde bekommen. Nun zieht er sich zurück.
In den Schöffenrat rückt Nadine Kuhn (CSV) nach, und neues CSV-Ratsmitglied dürfte Myriam Gonçalves werden. Carlo Feiereisen, der sein Amt offiziell am 2. August übernimmt, hat angekündigt, Paul Weimerskirch in der ersten Sitzung nach der Sommerpause für den Titel des Ehrenbürgermeisters vorzuschlagen. (mago)

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