Niederlage für „Nimby“: Verwaltungsgericht weist Beschwerde gegen die Flüchtlingsunterkunft im Escher Neudorf ab

Niederlage für „Nimby“: Verwaltungsgericht weist Beschwerde gegen die Flüchtlingsunterkunft im Escher Neudorf ab

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Das Verwaltungsgericht hat die Beschwerde der „Biergerinitiativ Quai Neiduerf“ gegen die vom Innenministerium beantragte und vom Escher Gemeinderat beschlossene PAP-Prozedur zum Bau des Flüchtlingsheims im Escher Neudorf zurückgewiesen. Ob die Bürgerinitiative in Berufung gehen wird, ist noch nicht entschieden. Die Unterkunft soll Anfang 2019 eröffnen und sowohl Familien als auch Einzelpersonen empfangen.

In dem am vergangenen 10. August veröffentlichten Urteil deklarieren die Richter den Rekurs gegen den Bau des Flüchtlingsheims im Escher Neudorf als nicht gerechtfertigt und weisen den Antrag der Bürgerinitiative, den Bau zu stoppen, zurück.
Neben rechtlichen und prozeduralen Fragen hatte die „Biergerinitiativ Quai Neiduerf“ ihre Beschwerde mit einer Wertminderung ihrer Immobilien und dem Verlust der Lebensqualität in ihrem Viertel begründet. Ein weiteres Argument war eine vermeintliche zusätzliche Verkehrsbelastung durch die Lastwagen, die die Flüchtlingsunterkunft beliefern sollen. Nicht zuletzt richtete sich der Einspruch gegen ein geplantes Sportfeld auf dem Grundstück des Heims.

40 Tage Zeit, um in Berufung zu gehen

Insgesamt bemängelt die Bürgerinitiative, die Stadt Esch und die zuständigen Ministerien hätten mit ihrer Entscheidung zum Bau der Flüchtlingsunterkunft gegen den gesetzlichen Grundsatz verstoßen, den Bürgern der Gemeinde optimale Lebensbedingungen und eine harmonische Stadtentwicklung zu bieten.

Die Stadt Esch wirft der Bürgerinitiative ihrerseits vor, nach dem Nimby-Prinzip („not in my backyard“) zu handeln. Die Initiative stelle die Notwendigkeit der Struktur nicht infrage, doch wolle sie nicht in ihrer Nachbarschaft.

Das Verwaltungsgericht konnte die Einwände der Bürgerinitiative schlussendlich nicht nachvollziehen. „En l’espèce, le tribunal ne peut pas suivre le raisonnement des demandeurs étant donné que ceux-ci se limitent à soutenir par pure affirmation, nullement corroborée par un quelconque élément concret, que le quartier destiné à recevoir la structure d’accueil pour demandeurs de protection internationale serait ’un quartier socialement faible à très faible‘“, schreiben die Richter in ihrem Urteil. Auch den prozeduralen und rechtlichen Argumenten im Zusammenhang mit dem Flächennutzungsplan (PAG) und dem Teilbebauungsplan (PAP) konnten die Richter bislang nichts abgewinnen.

Wird das Urteil angefochten?

Der Sekretär der „Biergerinitiativ Quai Neiduerf“, Patrick Mertens, der den Rekurs gemeinsam mit seiner Ehefrau stellvertretend für die gesamte Bürgerinitiative eingereicht hatte, erklärte am Dienstag auf Nachfrage, es sei nicht ausgeschlossen, dass man das Urteil des Verwaltungsgerichts anfechten werde. Diese Entscheidung müsse der Vorstand der Bürgerinitiative aber gemeinsam treffen. Viele Mitglieder weilten zurzeit noch im Urlaub, doch nach dem Urteilsspruch bleiben 40 Tage Zeit, um in Berufung zu gehen.

Gegenüber dem Verwaltungsgericht hatte die Escher Gemeindeverwaltung jedoch die Repräsentativität der „Biergerinitiativ Quai Neiduerf“ infrage gestellt. Mit nur rund 100 Mitgliedern stelle sie lediglich einen kleinen Teil der 700 vom „PAP Quai Neudorf“ betroffenen Personen sowie der insgesamt 1.600 Einwohner des Escher Neudorfs dar.

Der Interessenverein (IV), der sich seit über 60 Jahren für die Anliegen des Viertels einsetzt und laut eigenen Angaben rund 200 Mitglieder zählt, vertritt eine andere Position als die Bürgerinitiative. Zwar ist der IV nicht prinzipiell gegen die Flüchtlingsunterkunft im Neudorf, doch bedauert Präsident André Even, dass immer noch eine Reihe von Fragen ungeklärt sind. „Man muss bedenken, dass die Unterkunft mitten im Viertel liegt“, sagt Even. „Gilt die Begrenzung auf 150 Bewohner immer noch? Sollen tatsächlich nur Familien kommen? Und ist die zeitliche Begrenzung auf fünf Jahre immer noch gültig?“ Gerne würde er mit dem Innenminister Dan Kersch (LSAP) darüber reden, doch ein Treffen sei trotz der Hilfe des Escher Bürgermeisters Georges Mischo (CSV) bislang nicht zustande gekommen.

„Structure mixte“ mit „Ediff“-Bewohnern

Mischo bestätigte auf Nachfrage, dass der Schöffenrat einen Brief an Innenminister Kersch und Familienministerin Corinne Cahen (DP) gerichtet habe, um eine Unterredung mit dem Interessenverein und der Gemeindeverwaltung einzuberufen. Auch die Stadt Esch hätte gerne Antworten auf die von Even gestellten Fragen, so Mischo.

Familienministerin Corinne Cahen hatte im Januar dieses Jahres auf einer Pressekonferenz verlautbart, dass das Flüchtlingsheim in der ehemaligen Monnericher Ediff-Schule geschlossen werde, sobald die Unterkunft im Neudorf eröffnet. In dem Gebäude in Monnerich soll eine Polizeischule eingerichtet werden. Dort sind aber bislang vorwiegend männliche Geflüchtete und kaum Familien untergebracht.

Auf Nachfrage bestätigte Nathalie Medernach vom „Office luxembourgeois de l’accueil et de l’intégration“ (OLAI) am Dienstag, dass dieser Transfer noch immer aktuell sei. „Im besten Fall sollen die Bewohner aus dem ’Ediff‘-Gebäude in die Unterkunft im Neudorf ziehen“, sagte Medernach, die dem Familienministerium untersteht.

„Structure mixte“ am Quai Neudorf

Von Anfang an sei klar gewesen, dass am Quai Neudorf eine „structure mixte“ entstehen soll, die nicht ausschließlich für Familien bestimmt sei. Dies sei auch mit den Verantwortlichen der Stadt Esch so abgesprochen, betonte Medernach.

Der Zeitplan sehe vor, dass die Flüchtlingsunterkunft am Quai Neudorf Anfang 2019 eröffnet, wie das OLAI am Dienstag ebenfalls bestätigte. Wann genau der Aufbau der Unterkunft in Angriff genommen wird, konnten wir bis Dienstag nicht in Erfahrung bringen. Innenminister Dan Kersch verwies an den Infrastrukturminister François Bausch („déi gréng“). Dessen zuständige Mitarbeiter im „Département des travaux publics“ sind derzeit noch allesamt im Urlaub.

Nachdem die Fundamente in den vergangenen Monaten trotz des Rekurses vor dem Verwaltungsgericht fertiggestellt wurden, sollte nach dem Kollektivurlaub im Baugewerbe mit dem Aufbau der provisorischen Containerstruktur begonnen werden. Der Kollektivurlaub ging am vergangenen Sonntag zu Ende.

Laut PAP soll am Quai Neudorf eine provisorische Notunterkunft für Geflüchtete mit 75 Zimmern von 15 Quadratmetern Größe entstehen. Bei Bedarf können die Zimmer zu 38 Wohneinheiten à 30 Quadratmeter zusammengelegt werden.

Rechtsstaatler
23. August 2018 - 14.44

D'Riichter, (si keng Herrschaften) schwätzen Recht d.h. si kucken op déi legal Prozedur agahaalen gouf. Ech si frou an engem Rechtsstaat zu wunnen. Iëch schéint daat schnuppe ze sinn!

CESHA
23. August 2018 - 6.43

Vun deenen Herrschaften, déi déi Decisioun geholl hunn, wunnt garantéiert keen do. Ech och net, mee ech kann déi Leit vun der Biergerinitiative verstoen.