Project „The Arc“Neues Leben entsteht hinter der Art-déco-Fassade

Project „The Arc“ / Neues Leben entsteht hinter der Art-déco-Fassade
So soll das Gebäude einmal aussehen Foto: Eaglestone Luxembourg

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Die Abbrucharbeiten haben bereits begonnen: Gegenüber dem Hauptbahnhof in Luxemburg-Stadt machen zwei Gebäude von Anfang des 20. Jahrhunderts einem Büro- und Wohngebäude Platz. Die Fassaden der ehemaligen Hotels Terminus und Graas in der avenue de la Liberté bleiben allerdings erhalten.

Das Bahnhofsviertel ist wohl das kontroverseste aller Stadtviertel: ein Viertel, in dem Glanz und Elend der Großstadt aufeinandertreffen, und auch ein Viertel, in dem das Phänomen der Gentrifizierung voll im Gange ist. Schräg gegenüber dem Bahnhof, in der avenue de la Liberté, stehen noch Zeitzeugen aus einer Epoche, aus der zwar viele Gebäude unter Denkmalschutz stehen, doch auch viele bereits verschwunden sind. Neben dem Hotel Alfa standen vor hundert Jahren noch zwei weitere Hotels: das Hotel Terminus und das Hotel Graas. Diese  befinden sich zwar schon lange nicht mehr dort, doch die Gebäude selbst haben aber bis heute überlebt. Sie werden allerdings nun zum Teil abgerissen, um einem modernen Büro- und Wohnkomplex zu weichen: doch wenigstens die Fassaden, die zum Teil im Art-déco-Stil sind, werden stehen bleiben.

Das vom Architekturbüro Ballinipitt entworfene Gebäude „The Arc“ mit einer Gesamtfläche von 3.387 Quadratmetern wird über sieben Stockwerke mit 2.649 Quadratmetern Bürofläche und zwei Geschäftszellen im Erdgeschoss mit einer Gesamtfläche von 185 Quadratmetern verfügen. Welche Marke zukünftig dort einziehen wird, konnte uns die Sprecherin des Bauherren noch nicht sagen. Nur so viel: Es muss nicht unbedingt ein einziges Geschäft sein, da die Fläche des Erdgeschosses unterteilt werden kann. Lediglich im ersten Stock sind vier Wohnungen mit einer Fläche von 35 bis 86 Quadratmeter geplant. Die Dächer der beiden Gebäude werden angepasst und auf die Höhe des Hotel Alfa nebenan hochgezogen. Im Herbst 2023 soll das Projekt fertiggestellt sein.

Stilisierte Blumenornamente

„Le groupe Real IS A.G. a acquis la totalité des parts de la société détenant le projet mixte ‚The Arc’“, hieß es kürzlich in einer Pressemitteilung, in der kurz auf den Besitzerwechsel sowie auf den historischen Ursprung der Gebäude hingewiesen wird. An der Stelle, wo jetzt „The Arc“ entsteht, standen früher einmal zwei Gasthöfe: auf Nummer 78 das Hotel Grass, daneben auf Nummer 80 das Hotel Terminus.

Das Gebäude des Hotel Graas wurde 1930 von Louis Rossi erbaut, einem Architekten der Art-déco-Ära. Rossi stammte aus Lugano und war dem Unternehmer Achille Giorgetti nach Luxemburg gefolgt, mit dem er während seiner Zeit in Luxemburg, zwischen 1919 und 1937, eng zusammenarbeitete. Weitere Art-déco-Bauten von ihm befinden sich in der rue de Strasbourg, der rue Joseph Junck und der avenue Guillaume. Das Hotel öffnete am 12. Juli 1930 seine Türen. Dem Historiker Robert L. Philippart zufolge zählen die stilisierten Blumenornamente, die in den weißen Kalkstein gemeißelt wurden, zu den Art-déco-Meisterwerken, die im öffentlichen Raum zu sehen sind.*

An der Stelle, wo sich später das Hotel Terminus befinden sollte, existierte bereits ab 1882 ein Hotel, das allerdings unter verschiedenen Namen geführt wurde. Das Gebäude, das heute an der Nummer 80 steht, wurde 1903 vom Hotelier Emile Kessel-Clesse erbaut und ist dem Stil des Historismus zuzurechnen. Ab 1904 wurde es von Jean Mangen und Anna Ludig unter dem Namen „Hôtel Central“ geführt. 1907, als ihr Pachtvertrag auslief, übernahm Ernest Spiesse, ein Hotelier aus Esch/Alzette, das Hotel. Dieser betrieb das Haus dann unter dem Namen „Hôtel Terminus“.

1937 gründeten Ambroise Jacques und Eugène Mathieu die „Banque Mathieu Frères“, aus der die „Banque de Luxembourg“ entstand. Die Bank eröffnete am 20. Februar 1940 ihre Schalter und Büros im Hôtel Terminus, und hatte dort ihren Sitz bis 2012, als die Banque de Luxembourg alle ihre Dienste am boulevard Royal zentralisierte. Die Öffentlichkeit konnte das Innere des Gebäudes eine letztes Mal 2017 anlässlich der Ausstellung „Plastic on Paper“ des Künstlers Rafael Springer besichtigen.

* Robert L. Philippart, „Art déco-Architektur in Luxemburg“, „Nos cahiers: Lëtzebuerger Zäitschrëft fir Kultur, Joer 41“ (2020), N° 4, S. 11-32 (Teil 1), „Nos cahiers: Lëtzebuerger Zäitschrëft fir Kultur, Joer 42“ (2021), N° 1, S. 25-39 (Teil 2)

Weitere Quellen über die Hotels Graas und Terminus auf www.horesca.lu.

Kurioses

Joseph Glaesener, ein in der rue Philippe II ansässiger Cafébesitzer, eröffnete am 1. Mai 1925 das Hotel Terminus, „ein erstklassiges Hotel“, neu. Im September des darauffolgenden Jahres organisierte er ein Wettgehen für Personen, die mehr als 100 Kilogramm wogen: „(…)seine vollgewichtigen Mitbürger-und Bürgerinnen zu einem beachtenswerten Wettgehen einzuladen, wollte er als Hundertkilomann beweisen, dass Körperfülle, so beneidenswert sie auch manchmal sein mag, nach einer allgemeinen Auffassung nicht immer Bequemlichkeit und Sesshaftigkeit bedingt, sondern dass die Dicken beiderlei Geschlechter auch imstande sind, eine sportliche Leistung zuwege zu bringen“. (Escher Tageblatt 18.9.1926)

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Die Arbeiten haben bereits begonnen
Die Arbeiten haben bereits begonnen Foto: Editpress/Alain Rischard