Neuauflage von „Papillon“: Die Gefahr eines Remakes

Neuauflage von „Papillon“: Die Gefahr eines Remakes

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Die Gefahr eines Remakes ist die, wie der Name es sagt, dass er wiederholt, was andere schon vor ihm gemacht haben. Wenn bereits das Buch ein Bestseller war und der daraus entstandene Film ein Erfolg, dann ist die Herausforderung besonders groß. Regisseur Michael Noer hat sie auf spektakuläre Hollywood-Art angenommen, bringt seinem Zuschauer aber 40 Jahre nach der Erstauflage keine großen Überraschungsmomente.

Beim Stichwort Französisch-Guayana denken zumindest hierzulande diejenigen, die die Geschichte der „Société européenne des satellites“ (SES) miterlebt und mitverfolgt haben, an den Weltraumbahnhof, den die Franzosen dort errichtet hatten. Von dort aus wurde der erste luxemburgische Satellit gestartet.

Zum Programm für die Besucher, welche, wie die Autorin dieser Zeilen, 1988 vor Ort die Vorbereitungen zum Start verfolgen durften, gehörte auch ein Besuch auf der „Ile du diable“, der berühmt-berüchtigten Gefängnisinsel, welche die Franzosen dort betrieben. Sie ist heute ein buntes Stück Dschungel. „So dürft ihr euch das Gefängnis nicht vorstellen. Alles war abgeholzt, um jeden Fluchtversuch zu vereiteln“, hatte der Fremdenführer damals erklärt. Die heftigen Strömungen und die Haifische sollten zusätzlich jeden Gedanken ans Abhauen von vorneherein vereiteln. 80.000 Schwerverbrecher hatte Frankreich zwischen 1852 und 1949 dorthin geschickt, darunter auch Alfred Dreyfus, der hochrangige französische Kapitän, der der Spionage angeklagt war.

Ein Deal zur Flucht

Der wohl berühmteste aller Häftlinge jedoch war Henri Charrière, im berühmten „Bagne“ wegen seines Tattoos „Papillon“ genannt. Er war zwar ein gewiefter Safeknacker, der es sich mit dem Ertrag seiner Beute im Paris der 30er Jahre richtig gut gehen lassen konnte. Weil er einen Kunden aus dem Pariser Milieu hintergangen hatte, wurde er 1933 fälschlicherweise des Mordes angeklagt und zu einer lebenslänglichen Gefängnisstrafe verurteilt. Die wollte er nicht absitzen. Schon auf dem Schiff schmiedete er Fluchtpläne. Aus früheren Gefängnisaufenthalten wusste er jedoch, dass diese nur mit Geld möglich waren. Er hatte allerdings keines. Das hatte ein anderer Häftling, der Fälscher Louis Dega.

Charrière erkannte schnell, dass der schmächtige Dega trotz seiner Gerissenheit allein in dem rauen Milieu der Straftäter nicht überleben würde. Er wurde zu seinem Beschützer. Mit dem Deal, dass Degas Geld ihnen zur Flucht verhelfen sollte. Aus dem Abkommen entstand eine tiefe Freundschaft.

Zwei gescheiterte Versuche waren nötig, die Papillon drei beziehungsweise fünf Jahre Einzelhaft bescherten, bevor er sich – allein – in die Freiheit absetzen konnte. Sie führte ihn nach Venezuela, wo er sich wieder aufbaute – und von wo aus er das Manuskript zu seinem Buch 1970 nach Paris brachte. Es wurde ein Bestseller, der im Lauf der Zeit in über 30 Sprachen übersetzt wurde. Wie viel davon wahr ist, weiß heute niemand. 1973 wurde der abenteuerliche Romanstoff verfilmt, mit Steve McQueen in der Hauptrolle und Dustin Hoffman als Louis Dega. Einen Oscar gab es damals nicht, für eine Nominierung hatte es immerhin gereicht, genau wie für einen gigantischen Kinoerfolg.

Ein Widerspruch

Im Remake des dänischen Regisseurs Michael Noer spielt der Brite Charlie Hunnam die Rolle von Papillon, der Amerikaner Rami Malek die von Dega. Beide sind eher für ihre Fernseh- als für ihre Filmrollen bekannt.

Charlie Hunnams perfekter Athletenkörper ist zwar ein Hingucker, er hat aber nicht die Ausstrahlung eines Steve McQueen. Sein „Papillon“ hat eine gewisse Kälte, die eigentlich gar nicht zu dem „Titi parisien“ passt, als den man sich den attraktiven Charrière vorstellen kann. Malek hat die Rolle des Künstlers besser verinnerlicht. Beide Schauspieler überzeugen vor allem mit der Darstellung der Freundschaft, die sie über alle die Jahre verbindet. Das verhindert jedoch nicht, dass ein gewisser Widerspruch besteht zwischen der französischen Romanvorlage und ihrer sehr amerikanischen Umsetzung. Die Gefängnisszenen, die an den Originalschauplätzen gedreht wurden, sind sehr spektakulär und stehen im krassen Kontrast zu den beeindruckenden Naturaufnahmen.

Auch die Suche nach der Gemütsverfassung des Einzelnen geht nicht sehr tief, vor allem die Folgen der fünfjährigen Einzelhaft bleiben allzu oberflächlich. Dazu kommt ein etwas holpriges Drehbuch. Der Film fängt gut an, selbst wenn das Pariser Dekor recht gekünstelt wirkt, er zieht sich nach der spektakulären Überfahrt und den ersten Knasterfahrungen dann aber hin, weil man ja weiß, wie es ausgehen wird. Das rührt zum Teil daher, dass die Nebenrollen verhältnismäßig blass bleiben. Erst die letzten 20 der 117 Minuten werden wieder spannend.

Die Gefahr, sich zu wiederholen, ist bei einem Remake natürlich groß, das umso mehr als Noer in die Falle getappt ist, sich beim Drehbuch von 1973 zu inspirieren. Gerettet wird „Papillon“ deshalb vor allem dadurch, dass das junge Publikum voraussichtlich weder den fast 50 Jahre alten Roman noch den vor 45 Jahren entstandenen Film kennt und Abenteuerfilme liebt, vor allem wenn sie auf wahren Begebenheiten basieren.

Lucy
21. September 2018 - 21.06

Der Film gehört dahin wo der Pfeffer wächst, nach Cayenne.