Prozess Frank Engel und der CSV-FreundeskreisNachbeben in der Partei sind nicht ausgeschlossen

Prozess Frank Engel und der CSV-Freundeskreis / Nachbeben in der Partei sind nicht ausgeschlossen
Vierter Prozesstag: Gespräch unter „ehemaligen“ Parteifreunden. V.l.: Frank Engel, ehemaliger Parteipräsident, Georges Heirendt, bis 2019 Schatzmeister der CSV, sowie Stephanie Weydert, Juristin und vielversprechender Nachwuchs der CSV. Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Auch ein merkwürdig scheinender Prozess kommt an sein Ende. In der Affäre Frank Engel und CSV-Freundeskreis sieht die Anklage die Schuld der sieben Angeklagten als erwiesen an. Betrügerischer Umgang mit Partei- und „Frëndeskrees“-Geldern lautet der Vorwurf. Die Verteidigung plädiert geschlossen für einen Freispruch. Das Urteil wird am 9. Dezember gesprochen. Parteiinterne Nachbeben sind nicht ausgeschlossen.

Vierter und letzter Prozesstag im Fall Frank Engel und CSV-Freundeskreis. Was des Pudels Kern, vulgo der tiefere Grund, dieses Prozesses sein könnte, pfeifen die Spatzen spätestens nach vier langen Tagen vor Gericht von den Dächern: Es ging darum, Frank Engel als Präsidenten loszuwerden. Sollte man hinzufügen: Koste es, was es wolle?

Formal steht der Vorwurf von betrügerischen Machenschaften im Umgang mit Geldern der Partei und des CSV-Freundeskreises im Vordergrund. Nutznießer soll Frank Engel gewesen sein. Zum einen wegen der Rückerstattung seiner Sozialabgaben, zum anderen wegen eines Arbeitsvertrags, der als Scheinvertrag bezeichnet wird.

Am Ende des Prozesses sieht der Vertreter der Staatsanwaltschaft die Schuld der sieben Angeklagten – allesamt Partei-Granden – als erwiesen an und fordert folgende Strafen: für Frank Engel, den damaligen CSV-Präsidenten, neun Monate mit integraler Bewährung sowie eine angemessene Geldstrafe, und für Félix Eischen, den damaligen Generalsekretär der Partei, sowie Schatzmeister André Martins sechs Monate mit integraler Bewährung. Für die Komiteemitglieder der „CSV-Frëndeskrees Asbl.“, Elisabeth Margue, Stéphanie Weydert und Georges Pierret fordert er Geldstrafen genau wie für den früheren Schatzmeister Georges Heirendt.

„Drôle de procès“

Die Verteidigung, das ist keine Überraschung, bleibt bei ihrer Forderung nach einem Freispruch auf der ganzen Linie, und zwar für alle sieben Beschuldigten.

Mit dieser Forderung ging am Dienstag das zu Ende, was man durchaus als einen „drôle de procès“ bezeichnen kann. Wobei Ende nun wirklich nicht zu wörtlich zu nehmen ist. Einerseits, weil man sich gut vorstellen kann, dass, ganz gleich, wie das Urteil der Richter am 9. Dezember ausfallen wird, die eine und/oder die andere Seite Berufung einlegen wird. Andererseits aber auch, weil die Verschiebung tektonischer Platten, welche der Prozess und seine Vorgeschichte ausgelöst haben, bestimmt noch einige Nachbeben nach sich ziehen wird, vor allem auch in der CSV selbst.

Eigentlich saß die Partei selbst auf der Anklagebank. Sie wurde durch einige Mitglieder der CSV-Fraktion dorthin verfrachtet, die scheinbar unbedingt darauf drängten, ihren damaligen Präsidenten loszuwerden. Nach einem von ihnen in Auftrag gegebenen externen juristischen Gutachten landete das Ganze dann bei der Staatsanwaltschaft und schließlich vor Gericht. Dass sie dabei ihren Generalsekretär Félix Eischen und den langjährigen sowie heutigen Schatzmeister oder aufstrebende junge Politikerinnen wie Elisabeth Margue und Stéphanie Weydert ins offene Messer haben laufen lassen, haben sie entweder billigend in Kauf genommen oder sie waren sich der möglichen Konsequenzen im Eifer des Gefechts nicht bewusst.

„Mise en scène“

Die Vorwürfe gegen die Angeklagten klingen in der Formulierung der Staatsanwaltschaft nach schweren Vergehen. Von einer „Mise en scène“ geht die Rede. Alle Angeklagten hätten mitgemacht, wohl wissend, worum es ging.

Es sei nicht normal gewesen, dass Frank Engel Sozialabgaben zurückerstattet wurden, sagt der Vertreter der Staatsanwaltschaft. Normal sei dann auch der Arbeitsvertrag nicht gewesen. Es sei ersichtlich, dass die darin vorgesehene Arbeit nicht geleistet wurde. Der Vertrag sei einzig und allein deshalb gemacht worden, weil Frank Engel nach dem Ablauf der Übergangszahlung für Europaabgeordnete ohne Einkommen gewesen sei.

Erstaunlich ist am Dienstag eigentlich gewesen, dass der Vertreter der Anklage den von der Verteidigung geschilderten und nicht zu vernachlässigenden Kontext nicht aufgegriffen hat. Den Zustand der Partei und vor allem die Tatsache, dass Frank Engel als erster Präsident der Partei überhaupt über kein eigenes Einkommen verfügte. Dadurch lassen sich nämlich viele Umstände erklären, die es so nie in der Geschichte der Partei gegeben hat – nicht weil sie so außergewöhnlich oder gar kriminell sind, sondern weil schlicht und einfach bisher die Grundlage dafür fehlte.

Keiner der von der Staatsanwaltschaft vorgebrachten Vorwürfe sei belegbar, vorsätzliches betrügerisches Handeln nicht erkennbar, kein Vertrauensmissbrauch, zu einer Straftat sei es nicht gekommen, es könne folglich nichts anderes entschieden werden als Freispruch – für jeden der sieben Beschuldigten. Das sagt die Verteidigung, die seit Prozessbeginn augenscheinlich auf einer Linie ist.

Hätte besser laufen können

Nachdem, was man während der vier Prozesstage im Gerichtssaal alles so gehört hat, könnte man natürlich einwenden, dass nicht alles in der Sache so gelaufen ist, wie es idealerweise oder einfach nur besser hätte laufen können, ohne damit aber zu behaupten, dass es zwingend so hätte laufen müssen. Nachher ist man immer schlauer. Frank Engel hat es während des Prozesses gesagt. Andere, auch jene, die nicht auf der Anklagebank gesessen haben, werden es vielleicht gedacht haben. Darum geht es in diesem Prozess allerdings auch gar nicht. Es geht darum, mit Absicht begangene Straftaten zu ahnden.

Ob das zu geschehen hat oder nicht, ist Arbeit der Richter. Wie gesagt, am 9. Dezember ergeht das Urteil in erster Instanz.

Erasmus
27. Oktober 2021 - 12.52

"Keiner der von der Staatsanwaltschaft vorgebrachten Vorwürfe sei belegbar, vorsätzliches betrügerisches Handeln nicht erkennbar" Ja, dir Rückzahlung des verdienten Lohnes für erbrachte Leistungen werden doch von jedem hierzulande zurückgezahlt, oder sind das nur Betrüger?

Roberto
27. Oktober 2021 - 12.50

"Sie wurde durch einige Mitglieder der CSV-Fraktion dorthin verfrachtet, die scheinbar unbedingt darauf drängten, ihren damaligen Präsidenten loszuwerden." Martine Hansen ist 'einige'?