Mit der Kraft der fünf Herzen: Belgischer Waffelbäcker „Marie Siska“ wird 100 Jahre alt

Mit der Kraft der fünf Herzen: Belgischer Waffelbäcker „Marie Siska“ wird 100 Jahre alt

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Josephine Baker, Gilbert Bécaud, Paul Anka, René Magritte, Frank Sinatra, die belgischen und luxemburgischen Monarchen sowie zigtausend Luxemburger teilen eine Gemeinsamkeit: Sie alle waren schon Gäste im Hause „Marie Siska“ im belgischen Knokke. Das Familienunternehmen feiert dieses Jahr sein 100-jähriges Jubiläum.

Von André Feller

Zeit, einen Blick in die Geschichte eines Traditionshauses zu werfen, in dem zahlreiche Luxemburger sowie Erbgroßherzog Guillaume und Erbgroßherzogin Stéphanie von Luxemburg regelmäßig zu Gast sind.

Die eigentliche Familiengeschichte der „Siskas“ begann bereits 1860. Fransisca Fincent heiratete den wohlhabenden Landwirt François Defonseca von Middelburg. 1872 erwarb das Paar eine Mühle. Während die Bauern auf ihr Mahlgut warteten, servierte Fransisca Schinken- und Käsebrote, Quark oder Bauernomelette.

Das Mehl für die Brote stammte teilweise vom Erlös des Müllers. Jeder Landwirt bezahlte die Dienstleistung mit zwei Schaufeln Mehl je Sack Mahlgut. „Mutter Siska“ , so wurde Fransisca von ihren Kindern und Gästen genannt, reiste eines Tages nach Amsterdam und entdeckte dort das Bild eines Waffeleisens mit vier Herzen. Nach ihrer Rückkehr bat sie ihren Schwager, einen Eisenschmied, ein Waffeleisen mit fünf Herzen zu schmieden. Zu den Geburtstagen ihrer zehn Kinder buk Mutter Siska jeweils zwei Waffeln, symbolisch hatte sie somit für jedes ihrer Kinder ein Herz.

Ein regelmäßiger Gast bat eines Tages die Hausherrin, Waffeln zum Geburtstag seiner Tochter zu backen. Das Waffelfestessen war ein voller Erfolg und somit war der Verkauf von Waffeln in der Gastwirtschaft geboren – eine Tradition, die bis heute besteht.
Die Herberge von Mutter Siska wurde über Jahre hinweg zum Treffpunkt für Touristen. Fünf ihrer Kinder, darunter die jüngste Tochter Marie, eröffneten 1907 ein zweites Waffelhaus namens „Bij de kinderen Siska“.

Marie Siska beabsichtigte zusammen mit ihrem Ehemann Petrus Dossche, in die Fußstapfen ihrer Mutter zu steigen. Das Ehepaar erwarb das Grundstück am heutigen Standort, um dort ein drittes Waffelhaus zu eröffnen. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs durchkreuzte die Pläne von Marie Siska. Das Bauvorhaben, eine Herberge mit Garten, Terrassen, einem Parkplatz für Autos und einem Spielplatz, wurde nach dem Ende des Ersten Weltkriegs umgesetzt. Im Juli 1919 eröffnete Marie Siska ihr Unternehmen unter der Bezeichnung „Chez la fille Siska“. Später wurde das Lokal auf den Namen „Marie Siska“ umgetauft.

Wohlgehütetes Waffelrezept

Der Erfolg war beachtlich, 1935 konnten 700 Gäste beköstigt werden. Der Zweite Weltkrieg machten den Plänen der tüchtigen Wirtsfrau erneut einen Strich durch die Rechnung und hinterließ Spuren. Marie Siska litt unsäglich an der Umsiedlung ihres Sohns Urbain. Nach der Befreiung kehrte er nach Knokke zurück.

Mit letzter Kraft baute Marie Siska das Unternehmen aus. Kurz vor ihrem Tod im Jahr 1948 bat sie ihre Kinder, ihr Lebenswerk fortzusetzen. Das wohlgehütete Geheimnis des Waffelteigs übergab sie an ihren Sohn Urbain. Zusammen mit dessen Ehefrau Georgette Huyghe übernahm der Sohn die Geschäfte seiner verstorbenen Mutter mit einer Neuheit: einem Restaurantbetrieb, ohne jedoch auf die leckeren Waffeln mit fünf Herzen zu verzichten.

Trotz schwieriger wirtschaftlicher Zeiten erlebte der Tourismus einen neuen Aufschwung. Ab 1951 öffnete die Familie Dossche ihre Türen ebenfalls an den Wochenenden während der Wintersaison. Das Ehepaar erwarb weitere Grundstücke rund um „Marie Siska“ und bot ab 1954 den Gästen in Form eines Minigolf-Spiels eine Art Europareise an. Kinder sollten sich ebenfalls seit jeher bei „Siska“ wohlfühlen, und so wurde auch der Spielplatz im Laufe der Jahrzehnte immer wieder erweitert und modernisiert.

Urbain und Georgette bildeten das perfekte Team. Urbain stand in der Küche und kümmerte sich um den Garten, Gemüse und Kräuter stammten aus der eigenen Produktion. Georgette beköstigte die Gäste. Zwischen 1966 und 1967 schaffte das Ehepaar das Unmögliche. Nach einer perfektionistischen Vorbereitung führte ein Bauunternehmen mit 40 Mann Personal während der Wintersaison groß angelegte Umbauarbeiten durch. Pünktlich für die Saison 1967 empfing „Siska“ wieder ihre Kunden mit neuen Attraktionen und einer Kapazität von 1.000 Gästen. Ab 1967 gab es dann erstmals fünf Hotelzimmer. „Siska“ organisierte ab diesem Zeitpunkt auch Familienfeiern auf Anfrage und zum ersten Mal ein Festmahl für Weihnachten und Silvester.

In den 1970er-Jahren erlebte das Familienunternehmen mit der Ölkrise und einer Neuausrichtung der Tourismusbranche erneut Höhen und Tiefen. Ende der Siebzigerjahre erlebte Knokke einen Bauboom. Trotz schwieriger Zeiten gelang es Urbain und Georgette, ihr so geliebtes Familienunternehmen in der alten Tradition fortzuführen.

Nachdem ihr Sohn Stefan Dossche 1984 seine Studien abschloss, legte er im Familienbetrieb Hand an und entlastete seine erkrankte Mutter. 1987 übernahm Stefan zusammen mit seiner Ehefrau Nathalie das Unternehmen. Wie es die Tradition wollte, führte auch Stefan Umbau- und Renovierungsarbeiten nach der Übernahme durch: Küche, Hotel und Sanitäranlagen wurden erneuert, der Minigolf wurde ebenfalls einer Verjüngungskur unterzogen. Das Paar bleibt der Philosophie seiner Vorfahren treu. Fortlaufend passt sich „Marie Siska“ dem Fortschritt an, das gesamte Unternehmen befindet sich zu jeder Zeit in einem makellosen Zustand.

Der sicherste Spielplatz Belgiens

Der Spielplatz gehört zu den schönsten und sichersten Belgiens. Heute, wenn auch in modernisierter Form, begeistern die Rollen-Rutsche aus den Fünfzigerjahren sowie andere historische Spielgeräte Tausende Kinder.

Und wie steht es um das Rezept der leckeren Waffeln? Das ist und bleibt ein ungeschriebenes Familiengeheimnis, das nur zum gegebenen Zeitpunkt an die Nachfolger weitergereicht wird. Stefan Dossche bereitet den Teig jeden Tag selbst zu. Zum 100. Jubiläum wurde das Traditionslokal erneut auf Vordermann gebracht und mit Tochter Marie-Julie ist auch die Zukunft von „Marie Siska“ sichergestellt. Die Waffeln mit fünf Herzen sind immer noch Tradition, gebacken werden sie nun auf einer modernen Anlage mit 18 Waffeleisen.

 

Nichts ist unmöglich

Mitte der 50er-Jahre bewies die Familie Dossche, dass im Hause Siska nichts unmöglich ist. Auf Anfrage eines gewissen Georges Deleyn aus Brügge erklärte sich das Haus bereit, eine größere Gruppe zu empfangen. Erst in letzter Minute verriet der Veranstalter, dass es sich um 4.000 Personen handele. Das Lokal verfügte zu diesem Zeitpunkt über 900 Sitzplätze. Kurzerhand wurden weitere 1.000 Sitzgelegenheiten angemietet und am Parkplatz errichtet. Dank einer guten Wetterlage verlief alles wie am Schnürchen, die Gruppe wurde in zwei Schichten beköstigt.

Zauberhaft

1935 erwarb Marie Siska drei Zauberspiegel aus einem Zirkus. Seither sorgen die drei Verzerrspiegel bei den Besuchern für viel Spaß. Aus dieser Epoche stammt ebenfalls die berühmt-berüchtigte Rollen-Rutschbahn. Noch heute, nach aktuellen Sicherheitsstandards, begeistert die Rutsche unzählige Kinder.

Royaler Besuch

Eines Tages tauchte der belgische König Leopold III. in Begleitung von Freunden auf. Es blieb nicht bei diesem ersten Besuch des Königs. Fortan wurde ihm ein Ehrentisch zugewiesen. Die „table royale“ befindet sich heute noch in der Teestube.

Verwechslungsgefahr

Der belgische Fußballspieler Marouane Fellaini ist öfters zu Besuch bei „Marie Siska“. Wie so oft bei Persönlichkeiten, stürzen sich Siskas Gäste auf den Fußballer in der Hoffnung, ein Autogramm zu ergattern. Sein Zwillingsbruder, Mansour Fellaini, ist ebenfalls ein regelmäßiger Gast. Beide Brüder sind sich zum Verwechseln ähnlich, und so bleiben die Verwechslungen bei Autogrammanfragen nicht aus.

Spurlos

Das Goldene Buch aus den Ursprungszeiten blieb für lange Zeit verschwunden. Erst vor einigen Jahren tauchte es wieder auf. Der heutige Besitzer, Stefan Dossche, stellt fest: Früher wie heute hinterließen bzw. -lassen die Gäste dieselben Kommentare und drücken ihre Zufriedenheit über ihren Besuch bei „Marie Siska“ aus.

 

Zuckersteuer
17. April 2019 - 16.23

Was wieder beweist das wir nur für dumm verkauft werden. Zucker ist gesund, genauso wie Diesel nicht verantwortlich ist für den Klimawandel. Immer neue Studien um uns für blöd zu halten und abzuzocken. Mir graut wenn Robert und Lena die Bundeskanzler Doppelspitze übernehmen. Dann lieber Robert und Carmen:-))