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EU-ParlamentMisstrauensvotum: Von der Leyen sichert ihre Mehrheit mit einem Last-Minute-Deal

EU-Parlament / Misstrauensvotum: Von der Leyen sichert ihre Mehrheit mit einem Last-Minute-Deal
Ursula von der Leyen bleibt im Amt – der Misstrauensantrag gegen sie ist gescheitert Foto: Jean-Christophe Verhaegen/AFP

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Trotz zunehmender Kritik an ihrer Arbeit kann EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen weitermachen. Ein von rechtspopulistischen Abgeordneten eingebrachter Misstrauensantrag – der erste seit 2014 – ist am Donnerstag im Europaparlament in Straßburg wie erwartet gescheitert.

175 Abgeordnete votierten für den Antrag des rumänischen Nationalisten Gheorghe Piperea, der mit Intransparenz und Machtmissbrauch in der EU-Kommission begründet wurde. 360 Parlamentarier lehnten ihn ab, 18 enthielten sich. Damit wurde die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit klar verfehlt.

Von der Leyen äußerte sich zunächst nicht. Sie war vor dem Votum zu einer Ukraine-Konferenz nach Rom abgereist und hat die Abstimmung geschwänzt. Bei einer Aussprache im Parlament hatte sie zuvor viel Kritik eingeheimst; die Sozialdemokraten drohten mit Enthaltung.

Sie warfen von der Leyen den Bruch von Absprachen, die Abwicklung des „Green Deal“ zur Klimapolitik sowie einen starken Rechtsdrall vor. Auch Grüne und Liberale schossen aus allen Rohren gegen die Kommissionschefin, die sich auf die konservative Europäische Volkspartei EVP stützt.

Dass es am Ende kaum Enthaltungen gab, lag an Zugeständnissen in letzter Minute. In den vor wichtigen Abstimmungen üblichen Hinterzimmer-Gesprächen sagte von der Leyen zu, die Regionalpolitik nicht wie zunächst geplant zu zentralisieren und die von Streichung bedrohten EU-Sozialfonds zu erhalten.

Außerdem gelobte sie Besserung bei der Zusammenarbeit mit der informellen Koalition im Europaparlament, zu der neben der EVP auch die Sozialdemokraten und die Liberalen gehören. Schriftliche Zusagen gab es offenbar nicht. Dennoch zeigten sich die Fraktionen mit dem Deal zufrieden.

Von der Leyen sei auf die Sozialdemokraten zugegangen und habe „alles getan, damit wir in der Lage sind, weiter mit ihr zu arbeiten“, sagte der S&D-Abgeordnete René Repasi. Er hoffe, dass es sich nicht nur um „Kosmetik“ handele, sonst würde die „Frustration“ weiter wachsen. Die Abstimmung sei ein „Denkzettel“ gewesen, so Repasi. Nun müsse die EU-Kommission umsteuern.

Kurzer Ruhm für Abgeordneten aus Rumänien

Ähnlich äußerten sich Politiker der Liberalen und der Grünen, die von der Leyen im Herbst 2024 nach langer Diskussion mit zur Wiederwahl als Kommissionspräsidentin verholfen hatten. „Unsere Unterstützung der Kommissionspräsidentin gibt es nicht zum Nulltarif“, sagte Terry Reintke, die Co-Fraktionschefin der Grünen. „Die Rückabwicklung des Green Deal muss aufhören.“ Die Kommission dürfe auch nicht weiter „die Agenda einer ewiggestrigen EVP verfolgen“.

Die EVP denkt jedoch offenbar nicht daran, ihren Kurs zu ändern. Die Vertrauensabstimmung habe gezeigt, „dass wir der Stabilitätsfaktor für das europäische Projekt sind“, erklärte Fraktionschef Manfred Weber. Die EVP werde weiter daran arbeiten, ihre Versprechen umzusetzen. Zur umstrittenen Zusammenarbeit mit Rechtspopulisten äußerte sich Weber nicht. In den letzten Monaten hat die EVP mehrere EU-Gesetze mit den Stimmen der Rechten gekippt oder ausgehöhlt. Noch am Tag vor dem Misstrauensvotum hatte sie der rechtsextremen Fraktion „Patrioten für Europa“ zu einem wichtigen Parlamentsposten verholfen – und das ausgerechnet in der Klimapolitik.

Dies ist wohl auch ein Grund dafür, dass sich die Rechten durch ihre Abstimmungs-Niederlage nicht geschwächt fühlen. Er habe mit dem Scheitern gerechnet, sagte Piperea, der den Misstrauensantrag mit mehr als 70 weiteren rechtslastigen Abgeordneten eingebracht hatte. Der Vorstoß sei dennoch ein Erfolg, denn er habe die „Büchse der Pandora“ geöffnet und gezeigt, dass es möglich ist, die EU-Kommission herauszufordern. Von der Leyen müsse mit weiteren Misstrauensanträgen rechnen, drohte der bis vor kurzem noch unbekannte Rumäne. Er war erst vor einem Jahr ins EU-Parlament gewählt worden – und hat Straßburg schon gehörig aufgemischt.

Allerdings hielt sein zweifelhafter Ruhm nicht lange vor: Nach nur fünf Minuten war das Misstrauensvotum vorbei, danach gingen die Abgeordneten wieder zur Tagesordnung über.

JJ
11. Juli 2025 - 19.46

Alle unter einer Decke
Man kennt sich