Elisabeth-GruppeMichael Schenk: „Es gibt nicht die bösen Eltern oder die bösen Betreuungseinrichtungen“

Elisabeth-Gruppe / Michael Schenk: „Es gibt nicht die bösen Eltern oder die bösen Betreuungseinrichtungen“
Bei der Elisabeth-Gruppe sollen die Kinder auch freies Spielen erfahren dürfen Simbolbild: Pixabay

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In der heutigen Zeit, in der immer öfters beide Elternteile arbeiten müssen, wird die Rolle von Betreuungseinrichtungen immer zentraler. Die Elisabeth-Gruppe leitet 24 „Maisons relais“ und „Crèches“. Die Verantwortlichen für diesen Bereich, Michael Schenk und Tessy Hansen, erzählen, warum es so wichtig ist, ein gutes Verhältnis zu den Eltern zu pflegen.

„Wir sind natürlich nicht damit einverstanden, wenn Eltern ihre Kinder zwölf Stunden pro Tag in einer ‚Crèche’ lassen“: Michael Schenk, Direktor der Betreuungseinrichtungen der Elisabeth-Gruppe, findet, dass die Situation in Luxemburg für niemanden einfach sei. Doch die Eltern sollen auch nicht verteufelt werden. Die Elisabeth-Gruppe leitet 13 „Maisons relais“ und elf „Crèches“, die über das gesamte Land verteilt sind. Sie arbeiten eng mit Gemeinden und dem zuständigen Ministerium zusammen. Auf diese Weise werden über 3.000 Kinder von 650 Mitarbeitern betreut. Das Wichtige dabei sei, guten Kontakt mit den Eltern zu pflegen und Positives wie auch Negatives anzusprechen. Die Kinder hingegen bräuchten eine Bezugsperson und Sicherheit im Alltag. Dann könne dieser auch gut gelingen. 

In der „Crèche“ arbeitet die Gruppe nach dem Erziehungsansatz von Emmy Pikler. Diese Pädagogik nimmt die Eigenständigkeit von Kleinkindern wahr. Die Eingewöhnungsphase bei der Gruppe erstreckt sich über mindestens zwei Wochen. Eine feste Bezugsperson begleitet das Kind und die Eltern durch diese Zeit. Im Vorfeld erhalten die Eltern Informationen dazu, wie sie sich und ihren Nachwuchs am besten auf diesen neuen Lebensabschnitt vorbereiten können. „Wir setzen die freie Bewegungsentwicklung bei uns um“, erzählt Tessy Hansen, die stellvertretende Direktorin des SEA-Bereichs. Die Kinder werden beispielsweise nicht in eine Wippe oder ähnliches gelegt, sondern auf den Boden. Dort können sie ihre Bewegungen selbst entdecken. Des Weiteren wird viel Wert auf eine individuelle Situation beim Essen und Wickeln gelegt.

Bei den Baby-Gruppen wird eine Art Tagebuch geführt, das von den Eltern und Erziehern ausgefüllt wird. Anhand einer App können Eltern sehen, wie ihr Kind gegessen und geschlafen hat und bekommen Fotos von den Aktivitäten, die im Rahmen der non-formalen Bildung stattfinden. Zudem ist das Spielmaterial angepasst an die jeweiligen Kompetenzen der Kinder. Die Spielsituationen werden so vorbereitet, dass sie den Interessen der Kinder entsprechen. Im Bereich der „Maison relais“ ist Elisabeth der einzige Träger, der mit einem teiloffenen Konzept arbeitet. Das bedeutet, die Kinder werden in feststehenden Gruppen von einem Bezugserzieher betreut und beim Essen wird eine familienähnliche Situation geschaffen. Am Nachmittag können die Ateliers nach Wunsch ausgewählt werden. Bei der Verpflegung wird auf mindestens 30 Prozent an biologischen Produkten zurückgegriffen. Der Rest soll aus lokaler oder regionaler Produktion stammen.

Die einzelnen Stätten werden nach eigenen Qualitätsstandards der Gruppe bewertet. Regelmäßig werden pädagogische Kontrollen durchgeführt und mit dem Personal Rücksprache gehalten, wo weitere Unterstützung benötigt wird.

Oft ist im Bereich der Kinderbetreuung von Personalmangel die Rede. Die Gruppe sei in dieser Hinsicht gar nicht so schlecht aufgestellt, meint Michael Schenk. Sie wären dennoch froh, wenn der Personalschlüssel in den „Crèches“ angepasst werden würde. Es sei doch relativ viel, wenn sich einer alleine um sechs Babys kümmern müsste. Die Hauptproblematik sei jedoch, dass sie keine hohen Stundenverträge anbieten könnten. Viele hätten Arbeitsverträge auf 25- oder 30-Stunden-Basis. Dies sei vor allem in den „Maisons relais“ der Fall. Damit habe man es in Luxemburg relativ schwer, über die Runden zu kommen, so Schenk weiter.

Die organisatorischen und administrativen Anforderungen an das Personal werden gleichzeitig immer bedeutender. Die Erzieherinnen und Erzieher müssen Listen auf dem letzten Stand halten sowie das „journal de bord“ und die bereits erwähnte App. Jedes Kind hat zusätzlich ein eigenes Portfolio. Dazu kommen Versammlungen, Elternabende und Elterngespräche. Aktivitäten müssen ebenfalls vorbereitet werden. „Dies sind viele Dinge, die neben der reinen Kinderbetreuung zu stemmen sind“, ergänzt Tessy Hansen. Laut Michel Schenk wird der Bereich der SEA („Service d’éducation et d’accueil“) etwas stiefmütterlich behandelt. Doch das Wichtige sei, an der Qualität der Einrichtungen zu arbeiten und mit den Eltern auf kollegialen Austausch zu setzen. Dann würden sie es auch eher annehmen, wenn Probleme auftreten.

„Wir müssen auch uns hinterfragen. Wir sind verantwortlich für 650 Mitarbeiter“, so Michael Schenk. Bei einem Großteil wüssten sie, dass sie mit Überzeugung und Herz dabei seien. Wenn ein Kind fünfmal pro Woche für zwölf Stunden in einer Betreuungsstätte sei, dann sei das nicht ideal. Die Zeit, die die Eltern dann noch mit ihren Kindern hätten, sollten sie dann auch nutzen. „Es gibt nicht die bösen Eltern oder die bösen Betreuungseinrichtungen“, sagt der Direktor abschließend. Vielmehr müsse jeder zusammenarbeiten, um das Kind bestmöglich zu umsorgen, damit es im Alltag zurechtkommt.