Tageblatt: Herr Goelhausen, was halten Sie von der neuen Konvention zwischen den TICE-Gemeinden und dem Staat?
Marco Goelhausen: Ich bin mit den getroffenen Entscheidungen nicht glücklich. Grundsätzlich stellt sich die Frage: Sollten Gemeinden überhaupt den öffentlichen Transport finanzieren? Ich glaube, ich bin der Einzige im Verwaltungsrat, der regelmäßig den Bus nutzt – vielleicht sehe ich die Dinge deshalb anders. Ein guter öffentlicher Transport sollte eine Priorität für jede Gemeinde sein. Mein Eindruck ist jedoch, dass es den anderen vor allem ums Geld geht: Was kostet uns der ÖT? Für mich wurde hier die Gelegenheit genutzt, um aus Kostengründen Dienste abzugeben. Und dass die Wahl u.a. auf den Nachtdienst gefallen ist, kritisiere ich sehr.
Ein Argument des TICE-Verwaltungsrats ist die „Explosion“ der Kosten für die Gemeinden. Aber war das nicht absehbar? Hätte man nicht rechtzeitig gegensteuern können?
Ich bin Mitglied des Verwaltungsausschusses, nicht des Exekutivkomitees, und daher nicht in jede Diskussion eingebunden. Dazu kann ich also nichts sagen. Aber ich kann auf einige Argumente eingehen, die uns in der Kostenfrage vorgeworfen werden. Uns wird vorgeworfen, die Umstellung auf Elektrobusse zu spät angegangen zu sein. Als Präsident der technischen Kommission kann ich jedoch sagen: Wir haben das intensiv diskutiert, uns aber bewusst für eine traditionellere Linie entschieden. Durch unsere Zusammenarbeit mit SUDgaz, heute SUDenergie, haben wir auf Gasbusse gesetzt – und es gab keinen Grund, dieses Konzept wieder aufzugeben. Im Vergleich zu Dieselbussen waren sie bereits ein Fortschritt. Elektrobusse hingegen konnten uns bisher nicht überzeugen, dass sie unseren Anforderungen auf allen Strecken gerecht werden.
Haben Sie die Busse denn getestet?
Ja. Wenn neue Busse angeschafft werden, wird das ausgeschrieben und Anbieter mit gültigen Angeboten stellen uns Testbusse zur Verfügung – sogar Wasserstoffbusse haben wir getestet. Einer davon hat es nicht einmal aus dem Bushof des TICE geschafft. Bei unserer Entscheidung müssen wir berücksichtigen, dass der TICE nicht nur durch die Stadtzentren von Esch und Düdelingen fährt, sondern auch Steigungen wie den „Kayler Poteau“ bewältigen muss. Das muss jeder Bus schaffen – egal ob kurz, mittel oder als Gelenkbus. Und da haben einige Modelle schlichtweg schlappgemacht. Deshalb waren wir bisher bei Elektrobussen zurückhaltend. Man kann uns vorwerfen, nicht fortschrittlich genug gewesen zu sein, während andere Unternehmen längst eine größere Elektroflotte haben. Aber diese Anschaffung wäre nicht günstiger gewesen – eher im Gegenteil. Vom Rattenschwanz bezüglich des Unterhalts der Busse gar nicht zu reden.
Ein weiterer Kostenfaktor sind die Gehälter der Busfahrer.
Die meisten unserer Busfahrer sind verbeamtet, was sicherlich einen Kostenfaktor darstellt. Im Gegensatz zu privaten Unternehmen, die ihre Mitarbeiter oft ausbeuten – das weiß ich aus erster Hand. Allein die Zahl an Präsenz- und Fahrstunden, die diesen Busfahrern zugemutet wird, ist besorgniserregend. Ganz zu schweigen davon, dass sie bei verschiedenen Firmen oft auch noch für die Reinigung und Wartung ihrer Fahrzeuge verantwortlich sind. Und für diese zusätzliche Arbeit werden sie auch noch schlechter bezahlt. Nun könnte man sich fragen: Warum müssen Busfahrer verbeamtet sein? Aber das ist eine heikle Frage. Für mich sollte der Status jedoch reformiert werden. Alle Busfahrer, öffentlich oder privat, sollten von den Vorteilen besserer Lohn- und Arbeitsbedingungen profitieren, aber der Kündigungsschutz muss überdacht werden. Dieser kann nämlich zu Missbrauch führen – und so dem Busunternehmen wie den anderen angestellten Busfahrern schaden. Der legale Kündigungsschutz ist in Luxemburg für Arbeitnehmer ohne öffentliches Statut so schlecht nicht.
Mit der neuen Konvention wird sich der TICE nun mehr auf das Core-Business konzentrieren.
Genau. Eine Reihe meiner Kollegen im Verwaltungsrat haben die Gelegenheit genutzt, um Dienste abzugeben. So wurde einerseits der Schülertransport übertragen – dem habe ich noch zugestimmt, weil der Staat meiner Meinung nach dafür verantwortlich ist, die Schüler zur Schule zu bringen, und dieser Dienst nicht einfach so eingestellt werden kann. Andererseits wurde auch der Nachtbus abgegeben, und da bin ich absolut dagegen.
Wieso?
Ich habe mich damals stark für die Einführung des Nachtbusses im Jahr 2012 eingesetzt. Die Überlegung war, dass wir in einer Region leben, die stetig wächst und ein immer lebendigeres Nachtleben hat. Wir wollten den Menschen ermöglichen, daran teilzunehmen – sei es im Restaurant, im Café oder in der Diskothek –, was oft mit Alkoholkonsum verbunden ist. In solchen Fällen ist es besser, das Auto stehen zu lassen und auf den Nachtbus zurückzugreifen. Auch wenn wir nicht genau sagen können, wie viele schlimme oder sogar tödliche Unfälle wir dadurch verhindert haben – solche Statistiken gibt es nicht –, sollte es uns dennoch jedes gerettete Leben wert sein. Es ist wirklich bedauerlich, dass diese Argumentation nun einfach vom Tisch gewischt wird. Deshalb habe ich ganz klar gesagt: Ich bin nicht damit einverstanden, den Nachtbus abzugeben, weil er dann höchstwahrscheinlich verschwinden wird. Es wurde zwar so dargestellt, dass ich mich „enthalten“ hätte, aber das stimmt nicht: Ich war und bin ganz entschieden dagegen.
Und eins macht mich besonders wütend: Wieso wurde in den Verhandlungen nicht dafür gesorgt, dass zumindest irgendein Ersatzdienst entsteht?
Was ist denn mit dem Argument, dass der Dienst nicht ausreichend genutzt wird?
Das sehe ich ein. Aber so, wie es aktuell aussieht, wird bald ab Mitternacht „Schicht im Schacht“ sein. Warum wurde – meines Wissens nach – keine Analyse durchgeführt, um zu prüfen, ob der Nachtdienst nicht optimiert werden könnte? 2012 wurde zwar beschlossen, dass auf allen Linien durch die Nacht gefahren wird, aber man hätte durchaus auch überlegen können, ob es sinnvoll ist, bestimmte Linien zusammenzulegen, falls festgestellt wird, dass einige Busse nahezu leer unterwegs sind. Mit gezielten Nachtlinien hätte man auch Kosten einsparen können. Wir sprechen wohlverstanden nur von Freitags- und Samstags- und Vorfeiertagsnächten!
Wie sehen Sie die Abgabe einzelner Buslinien an den RGTR?
Es gibt sicherlich auf einigen Linien ein „Double-emploi“, aber oft nur auf Teilstücken. Wir müssen nur darauf achten, dass, falls Veränderungen kommen, diese keine Verschlechterung des ÖTs für unsere Bürger bedeuten. Meine Sorge ist, dass die Gemeinden an Mitspracherecht verlieren könnten, obwohl sie die Bedürfnisse vor Ort besser kennen.
Besteht die Möglichkeit, dass der TICE ganz verschwinden könnte?
Ich weiß es nicht. Ich habe keine Glaskugel. Eine Privatisierung des Transportwesens halte ich jedoch nicht für die richtige Lösung.

Zur Person
Marco Goelhausen, LSAP-Politiker und seit 2001 Mitglied des Sanemer Gemeinderats, war früher als „Infirmier“–Anästhesist in der Klinik in Niederkorn tätig. Von 2005 bis 2019 gestaltete der Gewerkschafter als Schöffe die Geschicke der Gemeinde mit, insbesondere im Bereich Mobilität. Bis heute sitzt er im Verwaltungsrat des TICE, doch im Exekutivbüro des Bussyndikats war er nur zwei Jahre vertreten – der frühere Koalitionspartner „déi gréng“ beanspruchte den Posten für sich.
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