Mailand-Trainer Gennaro Gattuso: Das nette Raubein, das Luxemburg kennt

Mailand-Trainer Gennaro Gattuso: Das nette Raubein, das Luxemburg kennt

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Rau, impulsiv, treu. Der 40-jährige Trainer Gennaro Gattuso ist auf den ersten Blick die Art Mensch, mit der man sich nicht anlegen sollte. Wer nicht spurt, bekommt schon mal eine Backpfeife verpasst. Der Kalabrier soll den großen Mailänder Traditionsverein wieder an die Spitze führen. Dieser steinige Weg beginnt heute in Luxemburg, einem Land, mit dem der ehemalige Mittelfeldabräumer mehr verbindet als man denkt.

Es ist noch nicht allzu lange her, da hatte Gennaro Gattuso noch Zeit, in seiner Freizeit nach Luxemburg zu reisen. Im Februar 2015 verfolgte der Kalabrier auf Einladung von Christian Strasser eine Trainingseinheit der US Mondorf. Der damalige Trainer und heutige D03-Coach Arno Bonvini erinnert sich heute noch gerne an diese Begegnung. „Es war für mich als Mailand-Fan ein sehr bewegender Moment. Gennaro Gattuso ist ein sehr demütiger Mensch, gar nicht arrogant, sehr nett und hat sich danach mit mir über meine Trainingseinheit unterhalten.“ Wie es der Zufall so will, bereitete Bonvini damals das Spiel gegen den F91 Düdelingen vor. Vielleicht hat sich Gattuso bei seiner Ankunft gestern in Luxemburg an diesen Moment erinnert.

Das ist aber nicht die einzige Verbindung zu Luxemburg. Sein Cousin Cataldo Cozza, der in Deutschland aufwuchs, schnürte von 2013 bis 2016 die Fußballschuhe für Etzella Ettelbrück und RM Hamm Benfica. Der Mann, der Cozza nach Luxemburg lotste, ist der damalige RMHB- und heutige F91-Trainer Dino Toppmöller.

73-fache italienische Nationalspieler 

Und fast hätte es noch einen weiteren Link zu Luxemburg gegeben: Gattuso verbrachte das letzte Jahr seiner aktiven Karriere beim FC Sion. Mario Mutsch war ein Jahr zuvor in den Kanton Wallis gewechselt, verließ den Verein jedoch in dem Sommer, als Gattuso nach Sion wechselte. Die FIFA hatte eine Transfersperre gegen den Schweizer Erstligisten verhängt und Mutsch wurde daraufhin für den Ligabetrieb gesperrt.

In Sion sammelte der 73-fache italienische Nationalspieler erste Erfahrungen als Spielertrainer. Danach folgten wenig erfolgreiche Stationen in Palermo, Kreta und Pisa. Wegen seiner Unterschrift beim Verein aus der Stadt mit dem schiefen Turm musste Gattuso im August 2015 das Galaspiel „Jeff Strasser and friends“ absagen. Mit Pisa schaffte er 2016 den Aufstieg von der dritten in die zweite Liga, trat dann wegen Problemen mit der Vereinsführung zurück und kehrte nur einen Monat später wieder ins Amt zurück. Den direkten Wiederabstieg konnte er jedoch trotz einer starken Defensive nicht verhindern. Im Sommer 2017 verpflichteten die „Rossoneri“ ihr ehemaliges „Kampfschwein“. In Mailand hatte er 14 Jahre seiner Karriere verbracht und war ein absoluter Publikumsliebling. Wegen seiner Hingabe, seiner Treue, aber auch weil er das Talent hatte, die gegnerischen Mittelfeldspieler kaltzustellen.

„Arbeitsgaul“

Er feierte zwei Champions-League-Titel mit dem AC. Erfolge, die zurzeit nicht wiederholt werden können. Und das trotz massiver Investitionen. Im vergangenen November löste Gattuso den erfolglosen Vincenzo Montella auf dem Trainerstuhl ab. Danach lief es leicht besser. Von einem Spitzenplatz in der Serie A ist der 18-fache italienische Meister jedoch weit entfernt, wie Arno Bonvini glaubt: „Aus einem Arbeitsgaul kann man kein Rennpferd machen. So weit ich das beurteilen kann, geht Gattuso sehr akribisch vor und ist auf jeden Gegner sehr gut vorbereitet. Aber auch er kann keine Wunder vollbringen. Es fehlt an Qualität, um mit den Spitzenteams mitzuhalten. Auch in dieser Saison kommt Mailand nur für die Plätze vier bis sechs in Frage.“

Gattuso, der Kämpfer, wird sich mit Sicherheit nicht mit diesem Resultat zufriedengeben. Er will seine große Liebe an die Spitze zurückführen. Und das verlangen die Stadt und der Vorstand auch von ihm. Wer dies nicht begriffen hat, der bekommt es zu hören oder zu spüren. Wenige Wochen nach dem Sieg im Pokalviertelfinale gegen Inter Mailand sagte er: „Vielleicht bin ich der schlechteste Trainer der Serie A, aber ich will immer gewinnen. Selbst wenn ich mit meinem Sohn im Garten spiele.“

Das haben in der Modestadt schon lange alle verstanden. Einer hatte den Willen von Gattuso jedoch unterschätzt. Der 17-jährige Gabriele Bellodi kam im Sommer beim Testspiel gegen den FC Barcelona zum Einsatz, ergatterte sich ein Trikot des Gegners und hielt es stolz in die Kamera. Gattuso sah dies und verpasste dem Nachwuchstalent vor laufender Kamera eine Backpfeife. Die AC-Spieler sind also vor dem Spiel gegen den F91 gewarnt.


Steckbrief

Name: Gennaro Gattuso
Geboren am 9.1.1978 in Corigliano Calabro (Kalabrien)
Größe: 1,77 Meter
Position als Aktiver: Defensives Mittelfeld
Stationen als Aktiver: AC Perugia (I), Glasgow Rangers (SCO), Salernitana Calcio, AC Mailand (beide I), FC Sion (CH)
Stationen als Trainer: FC Sion (CH, Spielertrainer), US Palermo (I), OFI Kreta (GR), AC Pisa, AC Mailand U19, AC Mailand (seit dem 27.11.2017)
Nationalteam: 73-A-Länderspiele für Italien (1 Tor)
Serie A: 368 Spiele
Erfolge als Aktiver: Champions-League-Sieger 2003 und 2007, italienischer Meister 2004 und 2011, italienischer Pokalsieger 2003


Vier Fragen an Marc-André Kruska, F91 Düdelingen

Sie haben in Ihrer Karriere (unter anderem mit Dortmund) schon einiges erlebt. Wie waren die vergangenen Wochen für Sie?

Das war schon was ganz Besonderes. Die internationalen Spieler haben uns schneller zusammengeschweißt als erwart. Vor der Saison wurden viele neue Spieler verpflichtet, aber durch die Euphorie sind wir zum Team gewachsen. Der ganze Medienrummel, der sich um uns entwickelt hat, war für einige wahrscheinlich sehr extrem, aber für mich eigentlich ganz normal.

Wie stufen Sie dieses Duell gegen Mailand ein?

Mit Dortmund und Brügge habe ich ja bereits Qualifikationsspiele im Europapokal bestritten. In der Gruppenphase stand ich aber noch nie und deshalb ist das auch für mich etwas ganz Besonderes.

Im Sommer sind Sie aus Bremen nach Düdelingen gewechselt und haben sich sofort zum Führungsspieler entwickelt. War das so gewollt?

Es war mit Sicherheit gewünscht, aber das hatte ich mir auch erwartet. Durch meine Erfahrung auf hohem Niveau ging ich davon aus, dass ich auf dem Platz eine Führungsrolle einnehmen soll. Dadurch, dass wir sofort erfolgreich waren, hat meine Integration in die Mannschaft auch sofort perfekt geklappt.

In sämtlichen Qualifikationsspielen habt ihr euren Fußball aufgezogen und euch nicht versteckt. Wie lauten die Vorgaben gegen den AC Mailand?

An unserer Herangehensweise wird sich nicht viel ändern. Wir werden versuchen, unser Spiel durchzusetzen, müssen aber auch schauen, wie die Partie verläuft. Mailand steht gegen uns unter Druck und hat in der Serie A auch nicht den besten Start erwischt. Wir müssen unbekümmert auftreten, so wie wir es bisher getan haben. Wenn uns das gelingt, dann ist vielleicht etwas möglich in diesen 90 Minuten.