PetitionenLuxemburger Chamber diskutiert: Geld für Eltern, die ihre Kinder zu Hause verköstigen?

Petitionen / Luxemburger Chamber diskutiert: Geld für Eltern, die ihre Kinder zu Hause verköstigen?
Viermal Clement in der Chamber Foto: Editpress/Alain Rischard

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

4.879 Personen forderten mit ihrer Unterschrift unter Petition Nr. 2061 eine finanzielle Unterstützung für Elternteile und andere Familienangehörige, die ihre Kinder nicht in eine „Maison relais“ (SEA) eingeschrieben haben, sondern sie zu Hause betreuen. Die Diskussion fand vor dem Hintergrund der geplanten Einführung der Gratisbetreuung in den SEA mit unentgeltlichem Mittagessen ab der Schulrentrée 2022 statt. 2061 war die 53. Petition, die mehr als 4.500 Unterschriften erhielt und damit im Parlament diskutiert werden musste.

Initiiert wurde die Unterschriftensammlung von Jules Clement. Auslöser der Petition sei die Ankündigung der Regierung gewesen, ab dem Schuljahr 2022/23 die Betreuung der Kinder nach der Schule in den SEA unentgeltlich anzubieten, so Clement. Eine gute Maßnahme für Familien, die keine Möglichkeiten haben, sich um die Kinder zu kümmern, so die Einschätzung des Petenten.

Dabei vergesse man jedoch jene, die in Zeitarbeit arbeiteten, um sich ihren Kindern zu widmen, oder die Großeltern, die die Kinder betreuen, weil die Eltern erwerbstätig sind. Die Bemühungen von Eltern, ihre Kinder zu Hause zu erziehen, würden nicht unterstützt. Das Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetz würde verletzt. Außerdem würden viele SEA an ihre Aufnahmegrenzen stoßen, sodass Eltern gezwungen würden, auf teure Betreuungseinrichtungen auszuweichen.

Der Staat sollte ein deutliches Signal geben, dass Eltern die Erziehung selbst in die Hand nehmen sollten. Kindergeld und Elternurlaub reichten jedoch nicht. Da der Staat bei der Bereitstellung von Betreuungseinrichtungen sparen würde, sollten diese Mittel den Eltern zugutekommen.

Das Thema interessierte nicht nur fast 5.000 Bürger, sondern auch etliche Abgeordnete, wie Parlamentsvizepräsident Mars di Bartolomeo (LSAP) mit Blick auf die gut besetzen Ränge im Plenarsaal unterstrich. Gleich zwei Minister, Familienministerin Corinne Cahen und Bildungsminister Claude Meisch (beide DP), hatten sich ebenfalls im Saal eingefunden.

Die Vorsitzende des Petitionsausschusses, Nancy Kemp-Arendt (CSV), hob ihrerseits hervor, dass mit Petition 2061 eine ganze Familie um die Sache kämpfe. Tatsächlich hatten sich neben Autor Jules Clement unter anderen auch dessen Ehefrau Valérie und Schwester Cathy im Sitzungssaal eingefunden. 

Zustimmung, aber …

Sämtliche Redner begrüßten die Initiative der Petenten, doch uneingeschränkte Zustimmung zur finanziellen Unterstützung der Familien, die ihre Kinder statt in der SEA zu Hause betreuen, gab es nicht. Ganz auf ihrer Linie war lediglich Fernand Kartheiser (ADR), der sich für ein regelrechtes Elterngeld aussprach.

Andere Abgeordnete fragten nach der Höhe der gewünschten Beträge und wie lange die Unterstützung ausbezahlt werden sollte. Ob die Erziehung zu Hause für die Kinder besser sei als die Betreuung in der SEA? Im Sinne der Gleichberechtigung sollte die Unterstützung so lange ausbezahlt werden, wie der SEA-Aufenthalt möglich ist, so Clement. Dabei sollte nicht nur die Höhe der vom Staat beglichenen Kosten für das Mittagessen, sondern auch die anfallende Betreuungsstunden berücksichtigt werden, sagte er in Beantwortung einer entsprechenden Frage des Ettelbrücker „député-maire“ Jean-Paul Schaaf (CSV).

Die „Maison relais“ sei eine Dienstleistung, auf die viele Familien angewiesen seien, so Frank Colabianchi (DP), der sich daran stieß, dass im Zusammenhang mit der Nutzung der SEA der Begriff „profitieren“ genutzt werde. Die Dienstleistung sei unentgeltlich. Jeder könne sie in Anspruch nehmen. Es gibt Haushalte, die könnten nicht anders, als die Kinder in die Obhut der SEA zu geben. Sicherlich gebe es auch welche, die sie missbrauchten, aber diese kleine Minderheit stehe nicht für alle.

Eine Einschätzung, die Jules Clement teilte. Man sei ja auch nicht gegen das Gratisangebot, betonte er. Cathy Clement, Krankenpflegerin, führte ihre eigene Erfahrung als Krankenpflegerin an. Als Alleinerziehende habe sie wegen der in ihrem Beruf untypischen Arbeitszeiten ihre Kinder nicht in die SEA einschreiben können. Sie sprach dabei von einer Ungerechtigkeit gegenüber Alleinerziehende in systemrelevanten Berufen. Eine Bemerkung, die Myriam Cecchetti („déi Lénk“) zur Äußerung bewog, dass man mehr für Alleinerziehende tun müsse, die Schichtarbeit leisteten. Außerdem sollte man erneut über Arbeitszeitreduzierung reden. Menschen, die freiwillig in Teilzeit arbeiteten, könnten es sich meist erlauben.

Dass die „Maisons relais“ nicht dazu da sind, „op d’Kanner opzepassen“, ging aus den Ausführungen von Simone Asselborn-Bintz (LSAP) und Djuna Bernard („déi gréng“) hervor. Asselborn-Bintz sei es durchaus wertvoll, wenn Kinder in einer Gemeinschaft aufwachsen und gemeinsam ein warmes Mittagessen einnehmen könnten. Die SEA sei Bestandteil der non-formalen Bildung. Kinder würden das Zusammenleben lernen, ihre Kreativität entwickeln, so Bernard.

Jean und Amélie Clement hörten der Diskussion gespannt zu
Jean und Amélie Clement hörten der Diskussion gespannt zu Foto: Editpress/Alain Rischard

Ein Gedanke, den später auch Bildungsminister Claude Meisch aufgreifen sollte. Bei der non-formalen Bildung rede man auch über Zukunftschancen für die Kinder. Diese Strukturen sollten zur Entwicklung des Kindes beitragen. Nicht jeder müsse in die „Maisons relais“, doch genauso wie die Schule sollte auch die außerschulische Betreuung unentgeltlich sein. Daher würden ab kommender Schulrentrée jedem Kind eine Gratismahlzeit und der unentgeltliche SEA-Aufenthalt während der Schulwochen angeboten. Womit man sich in Richtung Ganztagsschule bewege. Die kostenlose „Maison relais“ werde eine Reihe Haushalte entlasten und vielleicht Elternteile dazu bewegen, weniger zu arbeiten.

Es gebe in diesem Fragenkomplex nicht die eine Wahrheit, hatte zuvor Familienministerin Corinne Cahen (DP) betont. „Wir fragen uns immer, was das Beste für das Kind ist“, sagte sie und erzählte aus ihren Erfahrungen als Einwohnerin von Bonneweg. Viele Kinder dort würden kein Mittagessen haben. Früher habe es Milch in der Schule gegeben, weil viele Kinder mit leerem Magen in die Schule kamen. Fast 50 Prozent der Einwohner des Landes seien Nichtluxemburger und die hätten oftmals keine Oma, die auf die Kinder aufpassen könne. Man könne wohl über Alleinerziehende reden, die unregelmäßige Arbeitszeiten haben. Aber was tun, wenn Eltern Geld bekommen, aber die Kinder dennoch keine warme Mahlzeit bekommen?

Nachdem sich die Abgeordneten beraten hatten, teilte Ausschusspräsidentin Nancy Kemp-Arendt der Familie Clement mit, die Angelegenheit werde an die Mitglieder der Arbeits-, Erziehungs- und Familienausschüsse weitergeleitet. Dort wolle man sich unter anderem einen Überblick darüber verschaffen, wie viele Kindern nicht in eine „Maison relais“ gehen, und mögliche Lösungen für Beschäftigte in Schichtarbeit erörtern. Das zentrale Anliegen der Petition, die Erziehung zu Hause finanziell zu unterstützen, fand keine Mehrheit bei den Abgeordneten, so Arendt auf Nachfrage hin.

Irma
7. Mai 2022 - 16.13

Fantastesch! Ech passen op meng Kanner op doheem, hätt gären eng Pai als Educatrice, ech kachen och fir se also och nach eng Pai als Kächin, ech léiere mat hinnen, ergo eng Pai als Schouljoffer, ech gi mat hinne schwammen, Schwammmeesschterpai ....

Lianne
7. Mai 2022 - 16.10

@Leila "Frechheit siegt… hoffentlich nicht! Wie wäre es mit Urlaub auf Staatskosten?" Nein, der heißt Bildungsurlaub.

guyguth
6. Mai 2022 - 19.08

Luxemburg das Land in dem Milch und Honig fliesst oder… fragt sich nur wie lange noch

Felix
6. Mai 2022 - 14.56

Selten méi eppes dommes gehéiert. Se mache Kanner an da soll d'Allgeméngheet nach méi wéi bis elo vir se bezuelen. Onverschimmt!

Leila
6. Mai 2022 - 10.09

Frechheit siegt... hoffentlich nicht! Wie wäre es mit Urlaub auf Staatskosten?

Grober J-P.
6. Mai 2022 - 9.46

"ihre Kreativität entwickeln, so Bernard." Von Erziehung keine Spur, man hat das hautnah miterleben dürfen. "vielleicht Elternteile dazu bewegen, weniger zu arbeiten." wir hatten keine andere Wahl, damals noch keine SEAs und keine Omas zur Verfügung. Glücklicherweise gibt es ja die Mammerent ab 65.