Zurück geht der Europatag auf den Jahrestag der Schuman-Erklärung: Am 9. Mai 1950 stellte der damalige französische Außenminister Robert Schuman seine Idee für eine neue Form der politischen Zusammenarbeit in Europa vor, die einen Krieg zwischen den europäischen Nationen undenkbar machen sollte. Und das mit der Schaffung einer Produktionsgemeinschaft für Kohle und Stahl, die den Grundstein für die EU legen sollte, wie wir sie heute kennen.
Relativ neu ist allerdings die Idee, den 9. Mai auch gemeinhin als Feiertag zu begehen. Diese Initiative geht auf eine Erklärung des Europäischen Parlamentes vom Februar 2019 zurück, einen gemeinsamen Feiertag zu begründen, um das Gefühl der Zugehörigkeit in Europa zu stärken und einen Raum für europäische Bürgerbewegungen zu schaffen. Die Mitgliedstaaten sollten selbst entscheiden, ob sie den 9. Mai zum Feiertag erklären oder nicht. Allerdings ist Luxemburg bisher das einzige EU-Land, das diesem Vorschlag nachgekommen ist. Gleichzeitig wird der Europatag allerdings auch im Kosovo gefeiert, das so weit als „potenzieller Beitrittskandidat“ eingestuft wurde.
Das Motto des diesjährigen Europatages lautet „Storys of Europe – zeig mir Dein Europa“. Die Europawoche soll in diesem Jahr anregen zu entdecken, was die EU überhaupt mit den Bürgern und ihrer Lebenswirklichkeit zu tun hat und wie Europa ihren Alltag prägt. In welchem Europa fühlen sich die Bürger zu Hause? Und: Was bewegt die Einwohner in Europa und wie sieht ihre Zukunft aus? Fragen, die insbesondere im Licht der jüngsten Entwicklungen im Osten des Kontinents eine wichtige Rolle spielen. Fünf junge Menschen aus Luxemburg erklären gegenüber dem Tageblatt, welche Bedeutung die EU inzwischen für sie einnimmt.

Stark und stabil
Die EU hat viele positive Aspekte wie zum Beispiel offene Grenzen, die den Handel innerhalb der EU vereinfacht, aber auch überhaupt in dem Maße möglich macht. Handel ist nämlich nicht nur der Austausch von Gütern, sondern auch Interaktion zwischen Menschen, Kulturen, Ländern und Traditionen. Da, wo Handel ist, ist auch Leben. Beim Handel darf man auch die gemeinsame Währung nicht außer Betracht lassen, die nur durch die EU möglich ist. Die gemeinsame Währung erlaubt es uns, ohne Hürden zu importieren und zu exportieren. Dazu kommt, dass dadurch, dass so eine große Anzahl an Ländern den Euro haben, dieser enorm stark und stabil ist. Die EU verbindet Länder miteinander, was einen großen und starken Zusammenhalt zwischen den Ländern hervorbringt und diese sich somit gegenseitig unterstützen und Beziehungen aufbauen und pflegen. Durch die EU haben auch kleine Länder die Möglichkeit, eine Stimme in der Welt zu haben und ernst genommen zu werden.
Durch die EU haben auch kleine Länder die Möglichkeit, eine Stimme in der Welt zu haben und ernst genommen zu werden
Negative Punkte der EU sind, dass alles zentral in Brüssel entschieden wird, oft von Leuten, die nicht von den Vorschriften betroffen sind oder reelles Praxiswissen haben. Dadurch kommt es, dass oft zugunsten der Entscheider entschieden wird und dem kleinen Bürger durch diese Vorschriften geschadet wird. So ist es zum Beispiel, dass die EU die Globalisierung gefördert hat und, mit allen Vorschriften und Gesetzen, die innerhalb der EU gelten, die kleinen lokalen Betriebe zerstört hat. Die EU hat den Verbraucher, aufgrund von Kostenersparnis, indirekt dazu gezwungen, in unter anderem China einzukaufen anstelle lokale Produktionen zu unterstützen. Die EU ist durch all seine Normen, Vorschriften, Gesetze und Verträge nicht mehr in der Lage, sich selbst zu versorgen und hat somit alle Länder der EU samt Bevölkerung abhängig von Dritten gemacht. Darunter leidet nun die Bevölkerung mit Lieferengpässen, Inflation und Arbeitslosigkeit.
Michel Gindt (21), frei arbeitender Student

Immer noch Grenzen
Die größten Vorteile Europas sind natürlich die einheitliche Währung und das problemlose Passieren der Grenzen, ohne obligatorische Zoll- und Grenzkontrollen. Meiner Meinung nach wissen viele jüngere Leute Letzteres gar nicht richtig zu schätzen, im Gegensatz zu den Generationen unserer Eltern und Großeltern, für die sich das Fahren in die nahe Grenzregion Luxemburgs viel schwieriger gestaltet hat.
Wir Luxemburger müssen immer öfters auf digitale Dienstleistungen und Produkte verzichten, obwohl diese in allen angrenzenden Ländern problemlos nutzbar sind
Auch wenn heutzutage ein „grenzenloses“ Europa herrscht, treffen wir nichtsdestotrotz immer wieder auf Grenzen, die sich diesmal aber in der digitalen Welt befinden. Deswegen müssen wir Luxemburger immer öfters auf digitale Dienstleistungen und Produkte verzichten, obwohl diese in allen angrenzenden Ländern problemlos nutzbar sind. Meistens haben genau diese Technologie-Giganten, die uns teilweise aus ihren Angeboten ausgrenzen, ihren Firmensitz witzigerweise in Luxemburg. An diesem simplen Beispiel sieht man, wie „einheitlich“ Europa und dessen Bestimmungen/Gesetze/Richtlinien sind, weil genau diese Probleme findet man auch an vielen anderen Stellen.
Leo Friedrich (22), Selbstständiger

Turmbau zu Babel
Erinnern Sie sich an die biblische Geschichte vom Turmbau zu Babel? Irgendwo in der Ferne erinnert mich diese Geschichte an das, was meiner Meinung nach in der Europäischen Union geschieht. Und die Schwierigkeit für den Erfolg dieses Unterfangens liegt gerade darin, sich auf die gemeinsame Idee zu besinnen und nicht auf die Interessen jedes einzelnen Landes, auch wenn es eine eigene Mehrheit hat. Ich bin der festen Überzeugung, dass es für die Entwicklung der Wirtschaft sehr wichtig ist, einen gesunden Wettbewerb aufrechtzuerhalten, Technologien auszutauschen und die globalen Umweltprobleme gemeinsam zu bewältigen. Es ist gut, wenn die Märkte frei von Zollverfahren sind, aber wir dürfen nicht vergessen, dass es auch wichtig ist, den Binnenmarkt, die Kaufkraft und die Industrie im eigenen Land zu entwickeln. In dieser Hinsicht gibt es ein Ungleichgewicht in den EU-Mitgliedstaaten, das in Zukunft zu einem großen Unterschied im Lebensstandard führen könnte.
Einer der größten Vorteile der EU besteht derzeit darin, den kulturellen Austausch zwischen den Ländern zu fördern
Meiner Meinung nach besteht einer der größten Vorteile der Europäischen Union und ihrer Politik derzeit darin, den kulturellen Austausch zwischen den Ländern zu fördern und die Menschen in den verschiedenen Ländern zu motivieren, mehrere Sprachen zu sprechen. Ein einheitlicher Währungsraum, die Freizügigkeit zwischen den Ländern, die Möglichkeit, in einem Land zu leben und in einem anderen zu arbeiten, gemeinsame Rechtsnormen, Redefreiheit und die Achtung der Menschenrechte machen die Europäische Union für die Migration äußerst attraktiv.
Alexandra Kochetkova (30), Marketingmanager in einer internationalen Firma

Euro, Binnenmarkt und Erasmus
Bedingt durch Entscheidungen wie einseitig beschlossene Grenzschließungen in Corona-Zeiten und nicht-einheitliche Besteuerung von multinationalen Unternehmen, hat das Vertrauen der Europäer in die EU in den letzten Jahren gelitten. Es gab den Eindruck, dass die europäischen Mitgliedstaaten in Krisenzeiten nicht mehr in der Lage waren, gemeinsam zu handeln.
Allerdings haben wir es der EU zu verdanken, dass die Impfstoffe gleichmäßig verteilt wurden. Auch die Beispiele „Euro“, „Binnenmarkt“ oder „Erasmus-Programm“ zeigen, dass die EU bereits großartige grenzübergreifende Projekte vorangetrieben hat. Und bei vielen vergangenen Krisen konnte Europa schon unter Beweis stellen, dass ein gemeinsames Handeln durchaus möglich ist.
Europa bedeutet für mich Demokratie, Zusammenarbeit und Fortschritt
In Luxemburg wird Europa jeden Tag gelebt – Vielsprachigkeit und Multikulturalität gehören zu unserem Alltag. Auch die europäischen Werte werden hierzulande großgeschrieben: Davon zeugt die große Solidarität der vergangenen Wochen mit den Flüchtlingen aus der Ukraine.
Europa bedeutet für mich Demokratie, Zusammenarbeit und Fortschritt. Und damit Europa künftige Herausforderungen – Stichpunkt Klimawandel – meistern kann, muss es noch weiter zusammenwachsen.
Lynn Zovilé (32), Erzieherin und Mitglied im CSV-Nationalkomitee

Hassliebe zu Europa
Meine Hassliebe zu Europa lässt sich auf einige Thematiken reduzieren: Europa ist mittlerweile ein Ort der Freiheit, man kann seine eigene Meinung bekunden und Europa ist ein Ort des Friedens. Menschenrechte hochzuhalten ist eine sehr gute Marketingstrategie Europas, jedoch agieren wir nicht nach unserem Image. Wir unterstützen andere Staaten wie die Türkei und Libyen finanziell, die keine Pressefreiheit besitzen, um Flüchtlingsströme zu begrenzen.
Zudem gibt es immer mehr illegale „Pushbacks“. Nach Menschenrechten müssen Kriegsflüchtlinge temporär aufgenommen werden, hier werden die Flüchtlinge einfach zurückgeprügelt. Wenn wir welche aufnehmen, ist es nicht menschenwürdig: In Griechenland (Chios, Kos, Leros, Lesbos …) gibt es Internierungslager für Flüchtlinge. Hinter Stacheldraht eingesperrt und keine Ahnung, wann und ob sie herausgelassen werden. Hier tötet die totale Kontrolle durch Kameraüberwachung jede Form von Privatsphäre (dasneuemoria.eu).
Meinungsfreiheit ist auch das Recht, sich eine eigene Meinung zu bilden, und Zensur verhindert diese Meinungsbildung
Auch der Wandel im Thema Pressefreiheit und Zensur entwickelt sich in das Negative, Griechenland ist auf Platz 108 von 180 im weltweiten Ranking der Pressefreiheit gefallen, hier werden viele Artikel über Flüchtlingslager zensiert und einiges mehr. Aber auch Europa hat mit der neuesten Zensur seit dem Ukraine/Russland-Konflikt die russischen Fernsehsender verboten. Meinungsfreiheit ist auch das Recht, sich eine eigene Meinung zu bilden, und Zensur verhindert diese Meinungsbildung. Europa verurteilt mit der einen Hand offiziell die Zensur und mit der anderen tut sie es selbst.
Max Thoss (23), Student


 
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Wo wurde denn jetzt gefeiert zum Europatag? In Esch, im Kosovo und wo noch?
Mein Freund Egon aus Saarbrücken hat nichts gewusst vom Europatag, musste zur Arbeit, hat sich aber geärgert, sch.... Olaf hat er gesagt.