MotorsportLe Mans, Spa, Nürburgring:Die drei großen europäischen 24-Stunden-Klassiker

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Start vor der einzigartigen Boxen-Tribünen-Kulisse von Le Mans. Dies war auch der Ort des Dramas von 1955 (2015)   Foto: Norbert Nickels

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Die Formel 1 ist, zumindest außerhalb der USA, die bekannteste Autosport-Serie. Nicht so bekannt ist aber, dass der erste Grand Prix 1906 an dem Ort ausgetragen wurde, an dem das wohl bekannteste Langstreckenrennen Europas stattfindet: in Le Mans. Grund genug, einen Blick auf die bedeutendsten 24-Stunden-Klassiker zu werfen. 

Außerhalb Europas gibt es eine ganze Reihe von Langsteckenrennen, so zum Beispiel die 24 Stunden von Daytona, die 12 Stunden von Sebring (die beide zur amerikanischen IMSA-Meisterschaft gehören) sowie die 12 Stunden von Bathurst, die bei Stephane Rathel’s Intercontinental GT Challenge auf dem Programm stehen.  Aus europäischer Sicht stechen drei große 24-Stunden-Rennen heraus: Le Mans, Spa und Nürburgring.

24h du Mans: Tradition und Tragödie

Das wohl bekannteste, ruhmreichste und zugleich auch älteste unter den Endurance-Klassikern ist das 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Der Automobile Club de l’Ouest (ACO) trägt das Rennen nunmehr seit 1923 auf dem heute 13,63 km langen Rundkurs nahe dem Städtchen Le Mans an der Sarthe aus. Das Event erstreckt sich nicht wie üblich über ein Wochenende, sondern zieht den Automobilsport gleich für fast drei Wochen in seinen Bann.

Das Event beginnt mit einem Testtag, der zwei Wochen vorher stattfindet. Es erfolgt die technische Abnahme der Autos auf der place des Jacobins in der Stadtmitte. Mittwochs beginnt das Training und Qualifying, bevor am Samstag um 15.00 Uhr die Startflagge für 62 Autos fällt. Das Starterfeld ist in vier Kategorien eingeteilt: die „großen“ Prototypen (LMP1), die „kleinen“ Prototypen (LMP2), die von Profis gefahrenen GT-Autos (LMGTPro) und die GT-Amateurklasse (LMGTAm). Bei den beiden GT-Kategorien handelt es sich um Autos, die nur im World Endurance Championship (WEC) eingesetzt werden.

Zwischen den hybridgetriebenen LMP1 und den LMGT gibt es bei der Höchstgeschwindigkeit große Unterschiede. Dies stellt vor allem bei Nacht auf der Hunaudières-Geraden einen großen Risikofaktor dar. In Le Mans haben viele Marken ihre jeweiligen Legenden geschrieben: Bentley hat mit seinen berühmten „Bentley Boys“ die Jahre 1927 bis 1930 beherrscht, bevor die Marke dann erneut 2003 gesiegt hat. Jaguar hat in den Fünfzigern gleich viermal gewonnen und seine Siegesserie 1988 und 1990 mit den Silk Cut Jags von Tom Walkinshaw fortgesetzt. Ferrari war 1949 zum ersten Mal Gesamtsieger und hat dies zwischen 1958 und 1965 siebenmal wiederholt, bevor die Italiener in den Jahren 1966 bis 1969 von Ford abgelöst wurden.

Die meisten Siege in Le Mans hat Porsche erzielt: es waren bis dato nicht weniger als 19. 1970 gewann der rot-weiße 917 mit Hans Hermann/Dick Attwood zum ersten Mal. Der letzte Erfolg geht auf das Jahr 2017 und das Trio Bamber/Bernard/Hartley zurück. Erfolgreichster Fahrer in Le Mans ist der Däne Tom Kristensen (9 Siege). Er gewann einmal mit Porsche, einmal mit Bentley und siebenmal mit Audi. Kristensen und Audi haben die Ära 2000 bis 2014 geprägt.

In Le Mans waren zudem seit jeher reine Frauenteams am Start. Insgesamt waren es deren bislang 23. Dem erfolgreichsten unter ihnen gelang im Jahre 1930 Rang 7 mit Odette Siko und Marguerite Mareuse auf einem Bugatti 40. Der beste Luxemburger in Le Mans war „Néckel National“, Nicolas Koob. Er belegte zusammen mit Erwin Kremer auf einem Porsche 911 der Ecurie Luxembourg im Jahr 1970 Gesamtrang 7.

Le Mans schrieb aber auch die schwärzeste Geschichte im Automobilsport: 1955 ereignete sich auf der Zielgeraden ein Horrorunfall, bei dem der Mercedes des Franzosen Pierre Levegh in die Haupttribüne geschleudert wurde. 84 Menschen starben, mehr als 180 wurden verletzt. Le Mans lieferte nebenbei ebenfalls Zündstoff für gleich zwei Hollywood-Filme: 1970 griff Steve McQueen den Kampf zwischen Porsche und Ferrari auf und im letzten Jahr war es der bekannte Regisseur James Mangold, der den Erfolgskampf zwischen dem amerikanischen Riesenkonzern Ford und dem kleinen italienischen Sportwagenkonstrukteur Ferrari auf die Leinwand brachte.

24h de Spa-Francorchamps: die Ardennenschlachten

Raidillon: das Wahrzeichen von Spa-Francorchamps (Start 2012)
Raidillon: das Wahrzeichen von Spa-Francorchamps (Start 2012) Foto: NoNic

Nur ein Jahr nach dem ersten 24-Stunden-Rennen in Le Mans fanden die ersten 24 heures de Spa-Francorchamps statt. Bis 1978 fuhr man auf einem 14,8 km langen Straßenkurs zwischen Francorchamps, Malmedy und Stavelot. In den Jahren 1966 bis 1973 zählte das Rennen zur Tourenwagen-Europameisterschaft bzw. Weltmeisterschaft. Auf der ultraschnellen alten Strecke gab es viele tödliche Unfälle. Im verregneten Rennen von 1973 z.B. ließen nicht weniger als drei Piloten (R. Dubois, H.-P. Joisten, M.
Larini) ihr Leben.

Seit 1979 findet das vom Royal Automobile Club de Belgique organisierte Rennen auf dem Grand-Prix-Kurs statt. Heute zählen die 24 Stunden von Spa zum International GT Challenge (IGTC), der ausschließlich mit GT3-Autos ausgetragen wird. 66 Teilnehmer sind aufgrund der Einstufungen der Piloten in vier verschiedene Klassen unterteilt. Für den Gesamtsieg kommen nur Autos mit Profi-Rennfahrern (GTPro) infrage. 2004 hat mit der Schweizerin Lylian Bryner, zusammen mit ihrem Lebensgefährten Enzo Calderari, die einzige Frau
das Rennen gewonnen.

Die 24 Stunden von Spa sind auch oft eine Familienangelegenheit: so z.B. siegte 1979 und 1980 Jean-Marie Martin zusammen mit seinem Bruder Philippe. 2016 war sein Sohn Maxime erfolgreich. 1976 hat ein Luxemburger die Gesamtwertung gewonnen: Nico Demuth siegte zusammen mit Jean-Marie Detrin und Charles Van Stolle auf einem von Association Interim eingesetzten BMW 3L CSL. Die meisten Gesamtsiege erzielten der Belgier Eric Van de Poele (fünfmal) bei den Fahrern, und BMW (23 Mal) bei den Herstellern.

24 Stunden Nürburgring: die „Grüne Hölle“

„Grüne Hölle Nürburgring“ – hoch das Bein am Streckenabschnitt „Schwalbenschwanz“ (2010)
„Grüne Hölle Nürburgring“ – hoch das Bein am Streckenabschnitt „Schwalbenschwanz“ (2010) Foto: NoNic

Das jüngste der europäischen 24-Stunden-Rennen existiert erst seit 1970. Beim Auftakt siegten Hans-Joachim Stuck/Clemens Schickentanz auf einem BMW 2002ti. Der in der Formel 1 gerade aufstrebende Niki Lauda war 1973 mit Hans-Peter Joisten (der nur wenige Wochen später beim 24-Sunden-Rennen in Spa sein Leben verlieren sollte) auf einem BMW 3l Coupé erfolgreich. Beim Eifeler Langstreckenspektakel in der 25,3 km langen „Grünen Hölle“ siegten vor allem deutsche Piloten. Einige große internationale Namen findet man jedoch auch auf der Siegerliste, so z.B. Pedro Lamy, Augusto Farfus, Romain Dumas, Andy Priaulx, Emanuele Pirro, Roberto Ravaglia, usw.

Von allen drei Klassikern zählt das 24-Stunden-Rennen am Ring die meisten Teilnehmer: Etwa 190 Fahrzeuge und etwa 700 Piloten sind am Start. Die teilnehmenden Renner sind in nicht weniger als 25 Klassen aufgeteilt. So ist es auch nicht erstaunlich, dass enorme Geschwindigkeitsunterschiede bestehen zwischen z.B. einem vom Werk eingesetzten GT3 Audi R8 LMS und einem kleinen, privaten und seriennahen Renault Clio.

Mit der Lokalheldin Sabine Schmitz war 1996 und 1997 gleich zweimal eine Frau Gesamtsiegerin, dies mit einem BMW M3. Luxemburger Piloten sind jedes Jahr in der Eifel gut vertreten. Zu einem Gesamtsieg hat es bislang noch nicht gereicht, doch mehrere Klassensiege wurden in den letzten Jahrzehnten erzielt. Mit fünf Gesamtsiegen sind bei den Fahrern Timo Bernhard, Pedro Lamy und Marcel Tiemann am erfolgreichsten und bei den Marken liegt BMW mit 19 Gesamtsiegen ganz vorne.

Der Vergleich

Vergleicht man die Ergebnislisten der drei Langstreckenklassiker, so stellt man fest, dass es eine ganze Reihe an Fahrern gibt, die bei zwei von diesen Rennen gesiegt haben – es ist aber nur ganz wenigen gelungen, bei den drei  Rennen ganz oben auf dem Siegertreppchen zu stehen. Davon sind zwei dem breiten Publikum eher unbekannt: Hans-Joachim Stuck (zwischen 1970 und 2004), Romain Dumas und Marc Lieb (zwischen 2003 und 2016). In Le Mans und in Spa siegten beispielsweise Jacky Ickx, David Brabham, Marcel Fässler, Stéphane Ortelli, Jochen Mass, Joachim Winkelhock. In Le Mans und am Ring siegten unter anderem: Klaus Ludwig, Timo Bernhard, Mike Rockenfeller, Nick Tandy …
In Spa und am Ring gewannen u.a. Jean-Michel Martin, Marc Duez, Roberto Ravaglia, Lucas Luhr, Markus Winkelhock, Bernd Schneider.
Da mittlerweile alle drei Rennen verschoben werden mussten, sieht der Terminkalender nun wie folgt aus:
– 24 heures du Mans: 19./20. September 2020
– 24 Stunden Nürburgring: 26./27. September 2020
– 24 heures de Spa: Neues Datum noch nicht bekannt

Tun
26. April 2020 - 23.14

@venant "Sport ist Leibesertüchtigung, das da ist Unterschichtenamusemang." Sie sprechen ein wahres Wort gelassen aus. Respekt!

venant
26. April 2020 - 15.52

Sport ist Leibesertüchtigung, das da ist Unterschichtenamusemang.