Es war sein erstes Konklave. Im Oktober 2019 wurde Jean-Claude Hollerich von Papst Franziskus zum Kardinal erhoben – als erster in der Geschichte Luxemburgs.
Kurz sei das Konklave gewesen und intensiv, erzählt er. Die ganze Erfahrung habe ihren ganz eigenen Charakter. Etwa das Wohnen in der Casa Santa Marta. Die Zimmer seien verlost worden. „Meines war ganz klein – aber mit Badezimmer.“ Die Handys werden abgegeben, funktionieren dort ohnehin nicht. „Eine Zeit ohne Handy tut gut. Was mir mehr zu schaffen machte, war, dass ich auch meinen E-Reader abgeben musste – aber ich hatte ein paar richtige Bücher dabei.“
Die Kardinäle seien völlig abgeschottet: keine Medien, keine Kontakte, völlig von der Welt getrennt. „Zur Sixtinischen Kapelle wurden wir mit dem Bus gefahren – aber einige Kardinäle, auch ich, sind zu Fuß gegangen. Alle paar Meter stand jemand Wache, damit wir nicht irgendwohin verschwinden oder mit Fremden ins Gespräch kommen.“ So solle sichergestellt werden, dass die Kardinäle unbeeinflusst entscheiden können.
Was bedeutet es, dass das Konklave so schnell zu einem Ergebnis kam? Ist das ein Zeichen guter Vorbereitung? „Nicht unbedingt“, sagt Hollerich. „In den ersten Tagen der Generalkongregationen treffen sich die Kardinäle täglich, um über den allgemeinen Zustand der Kirche zu sprechen. In kleinen Gruppen fällt auch mal ein Name – aber das lässt kaum Rückschlüsse auf das spätere Ergebnis zu.“ Dass der einzige Wahlgang am Mittwochabend so lange gedauert habe, erklärt Hollerich so: „Jeder der 133 Kardinäle musste zunächst einzeln schwören, alles geheim zu halten – bei Bruch droht die Exkommunikation.“
Ohne Gerechtigkeit kein Frieden
In seiner ersten Rede sprach Papst Leo XIV. mehrfach vom Frieden. In der Presse, auch in vielen Gesprächen in Rom, wurde das besonders positiv hervorgehoben. „Frieden ist heute eine große Herausforderung“, sagt Hollerich. „Noch nie gab es so viele Kriege gleichzeitig, und überall sind die großen Mächte irgendwie mitbeteiligt. Papst Franziskus hat immer von einem dritten Weltkrieg ‚in Stücken‘ gesprochen. Das ist gefährlich – solche Situationen können eskalieren.“ Auch dass wieder aufgerüstet werde und weniger in Klimaschutz investiert werde, sei ein Versäumnis europäischer Politik. „Da braucht es eine Stimme, die den Mut hat, für den Frieden zu sprechen. Jemanden, der keine Eigeninteressen verfolgt. Jemanden, der für die ganze Menschheit spricht.“ Krieg sei kein Spiel. „Im Krieg sterben Menschen – viele. Alles muss getan werden, um eine Ausweitung zu verhindern, um einen Flächenbrand zu vermeiden. Diese Gefahr ist real. Man darf sie nicht übertreiben – aber auch nicht kleinreden. Deshalb braucht es klare Worte für den Frieden.“
Der neue Papst habe auch über Gerechtigkeit gesprochen, betont Hollerich. „Denn ohne Gerechtigkeit gibt es keinen Frieden. Und wer von Gerechtigkeit redet, muss auch Klimagerechtigkeit meinen.“ Die vielen Flüchtlinge, die aus Afrika nach Europa kommen, seien heute bereits überwiegend Klimaflüchtlinge. „Sie verlassen ihre Heimat, weil sie in ihrem Dorf nicht mehr arbeiten können, um zu überleben. Die meisten wollen gar nicht weg – sie kommen nicht aus Spaß. Deshalb wäre es klüger, die Ursachen zu bekämpfen, statt nur die Fluchtbewegungen eindämmen zu wollen.“
Keine Toleranz bei Missbrauch
Auch andere Themen fehlen nicht: der Umgang mit Frauen, mit Homosexuellen, mit Missbrauch. „Für Missbrauch darf es keine Toleranz geben – egal, wer Papst ist.“ Die Vorstellung, die Kirche sei eine autoritäre Verwaltung von oben nach unten, sei falsch. „Der Papst kann nicht einfach jemanden feuern oder zu etwas zwingen, vor allem nicht in weit entfernten Ländern.“ Franziskus und Benedikt hätten getan, was sie konnten. „Der Papst ist kein absoluter Monarch.“
Wichtig sei, dass es Transparenz gebe. Dass gehandelt werde. Dass Täter nicht einfach versetzt, Vergehen nicht totgeschwiegen würden. „Da hat sich viel verbessert. Die Kirche hat Fortschritte gemacht.“ Gemeinsam mit der ganzen Gesellschaft sollte das auch weitergehen. „Ganz verschwinden wird Missbrauch nie, aber wir müssen daran arbeiten, dass es so wenig wie möglich wird.“
Wenn die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare Empörung auslöst – aber niemand sich aufregt, wenn Wirtschaftskriminelle gesegnet werden – da müssen wir unsere moralischen Maßstäbe überdenken
In seiner ersten Ansprache am Donnerstagabend habe sich Papst Leo an „tutti“ gewandt – an alle. „Dieses Wort ist von Franziskus geprägt. Die Kirche steht allen offen. Niemand soll ausgeschlossen sein.“ Das gefalle konservativen Bischöfen und Priestern nicht unbedingt. „Aber ich bin da ganz auf einer Linie mit dem Papst. Diskriminierung ist etwas ganz Falsches.“ Was er für Heuchelei halte: „Wenn die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare Empörung auslöst – aber niemand sich aufregt, wenn Wirtschaftskriminelle gesegnet werden – da müssen wir unsere moralischen Maßstäbe überdenken.“

Rolle in der Kurie?
Und wie sieht es mit seiner eigenen Zukunft aus? Eine größere Rolle in der Kurie, wie gemunkelt wird? Hollerich winkt ab: „Um Gottes willen!“ „Ich habe auch nie das geringste Interesse gehabt, Papst zu werden. Meine Positionen sind relativ klar – und die stoßen in gewissen konservativen Kreisen auf Ablehnung.“
Er sei nach Rom gekommen, um gemeinsam mit den anderen Kardinälen einen Papst zu finden, der die Kirche durch diese Zeiten in die Zukunft führen kann. „Ich bin sehr froh, in Luxemburg zu sein. In meinem Alter zieht man nicht mehr so gerne um.“
Über seine mögliche zukünftige Rolle in der römischen Kurie ist er bei unserem Gespräch galant hinweggegangen. In Rom wird er in Zukunft aber trotzdem wohl noch öfter anzutreffen sein.
Noch ein Wort zur Perspektive: Mit 75 kann ein Bischof in Pension gehen. Hollerich wird im August erst 67. Sein kleines Apartment in Portugal, wo er gerne Zeit verbringt, ist abbezahlt. Es scheint, als hätte er einen Plan für die kommenden Jahre. Wir werden sehen.
		    		
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" „Für Missbrauch darf es keine Toleranz geben – egal, wer Papst ist."
Na dann macht mal. Einige Namen von Bischöfen gefällig die ihre Hand schützend über Kinderschänder gehalten haben? Und was ist mit dem Limburger Spitzbub?Der mit der goldenen Badewanne.
"Krieg ist kein Spiel".? Wieviele Päpste haben das Schwert geschwungen oder Unmenschen wie Hitler hofiert? War es nicht ein belgischer Geistlicher der bei den Massakern in Ruanda in der ersten Reihe stand und wo tausende Tutsi von den Hutu getötet wurden. usw. usw
Also.Es bleibt wie es ist,trotz Geschwafel für eine heile Welt.
Wann, Herr HOLLERICH, reden Sie klare Worte zu den Worten aus dem päpstlichen "Luxemburger Wort", die meine katholischen luxemburgischen Eltern gezwungen haben, nationalsozialistisch zu denken und zu handeln? MfG, Robert Hottua