AntisemitismusRIAL-Jahresbericht 2023: Judenhass in Luxemburg nimmt zu

Antisemitismus / RIAL-Jahresbericht 2023: Judenhass in Luxemburg nimmt zu
Eine Form des Antisemitismus: Ein Hakenkreuz und ein durchgestrichener Davidstern an einer Gedenkstätte in Deutschland Foto: Daniel Reinhardt/dpa

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Dass der Antisemitismus in den vergangenen Jahren zugenommen hat, auch in Luxemburg und nicht zuletzt in der Folge des Gaza-Krieges, ist bekannt. Die Dokumentationsstelle RIAL („Recherche et information sur l’antisémitisme aus Luxembourg“; Kontakt: rial@rial.lu) hat nun den Bericht für 2023 veröffentlicht.

Es ist mittlerweile der siebte der Organisation, die antisemitische Tendenzen und Vorfälle hierzulande beobachtet und darüber informiert. Die Ziele von RIAL sind die gleichen geblieben: zu zeigen, was Judenfeindlichkeit ist und wie sich diese hierzulande ausdrückt – und die Autoritäten und Entscheidungsträger auf die Gefahren aufmerksam machen, denen nicht nur die Juden in Luxemburg, sondern auch die luxemburgische Demokratie und Gesellschaft ausgesetzt sind, wie es im Vorwort heißt.

„Jeder antisemitische Akt, ebenso wie jeder Akt des Rassismus oder der Diskriminierung, ist ein Angriff auf unsere Freiheit“, schreibt RIAL-Präsident Bernard Gottlieb. Das Jahr 2023 sei „sehr schwierig“ gewesen, mit einer regelrechten Explosion von antisemitischen Vorfällen in Luxemburg, wie in fast jedem anderen Land Europas. Dieser Trend setzte sich im ersten Quartal 2024 fort.

„Hass auf die Zionisten sozial akzeptabel“

Es bestehe die begründete Sorge, dass es über Provokationen und Einschüchterungsversuche hinaus zu ernsthaften Zwischenfällen kommen könnte, die derzeit noch von begrenzter Tragweite sind, bis hin zu körperlichen Angriffen auf jene, die als „Zionisten“ bezeichnet werden. Dabei werden die alten antisemitischen Konzepte in die Gegenwart übertragen. Der Begriff „Zionisten“ wird häufig als Chiffre für die Bezeichnung von Juden benutzt. „Der Hass auf die Zionisten sei sozial akzeptabel und gehöre für manche sogar zum guten Ton, vor allem wenn es sich um ein Magma von Menschen handelt, die sich selbst als fortschrittlich bezeichnen“, steht im RIAL-Bericht.

Im ersten Kapitel des 110 Seiten starken Dokuments werden die 144 Fälle dargestellt, die im vergangenen Jahr gemeldet wurden, sowie eine zusammenfassende Analyse dazu. In den ersten neun Monaten des Jahres war es zu 36 antisemitischen Zwischenfällen gekommen. Im letzten Quartal schließlich ist die Zahl im Anschluss des Massakers der Terrororganisation Hamas an Israelis explosionsartig auf 108 gestiegen. Während die einen die Terrorattacke glorifizierten, versuchen sie andere zu verharmlosen.

RIAL behandelt die Fälle von vor dem 7. Oktober getrennt von den späteren Fällen. Im zweiten Kapitel werden etwa Fälle der Delegitimierung Israels und der Verneinung des Existenzrechts des israelischen Staates thematisiert, aber auch solche, in denen der Hass auf Israel in Kombination mit der „Nazifizierung“ vorkommt und die israelische Regierung mit dem Hitler-Regime verglichen wird, die Verharmlosung des Holocaust. Ebenso kam es zu Anleihen beim traditionellen Antisemitismus wie dem Ritualmord zum Ausdruck.

Besonders in den sozialen Netzwerken wird der Judenhass 24 auf 24 Stunden sieben Tage in der Woche verbreitet, so die Feststellung der Autoren des Berichts. Auch wenn es keine sehr schweren Vorfälle waren, handele es sich doch um zahlreiche Mikro-Aggressionen, unter denen die Menschen der jüdischen Gemeinschaft zu leiden haben. Im dritten Kapitel nennt der Bericht jene Gruppen, die zu dem „schädigenden Klima“ beitragen.

Der RIAL-Bericht liefert ausführlich Daten und Analysen zu den antisemitischen Fällen in Luxemburg im vergangenen Jahr: Dazu gehören reihenweise stereotypische Behauptungen über Juden sowie Verschwörungstheorien – sie wollten etwa die Palästinenser ausrotten oder einen Weltkrieg vorbereiten. Genannt wird auch der Fall eines Schülers in Esch, der eine jüdische Mitschülerin antisemitisch belästigte (das Tageblatt berichtete).

Zitiert wird unter anderem der Historiker Jacques Ehrenfreund von der Universität Lausanne: „Der Antijudaismus zeichnet sich durch zwei wiederkehrende Prozesse aus, die am 7. Oktober erneut zum Einsatz kamen. Er macht die Juden systematisch für den Hass verantwortlich, der ihnen entgegenschlägt.“ Zweitens wird den Juden kollektiv die Schuld an fast allem, was in der Welt schiefläuft, gegeben.

„Sie werden unseren Hass nicht bekommen“

In dem RIAL-Bericht wird nicht zuletzt darauf hingewiesen, dass es „eine große Unwissenheit über das Thema des heutigen Antisemitismus“ gibt. „Der historische Antisemitismus wurde sehr gut untersucht, ebenso wie der Antisemitismus im Zusammenhang mit dem NS-Regime und dem Holocaust“, heißt es. „Dasselbe gilt nicht für den Antisemitismus im Zusammenhang mit dem Staat Israel, der von einigen aus ideologischen Gründen, vor allem von großen Teilen der radikalen Linken, in den Mittelpunkt gestellt wird.“

Der Bericht beinhaltet auch einen Appell an die Zivilgesellschaft zu einem stärkeren Engagement sowie an Politiker und die professionellen Medien. Eine Auseinandersetzung mit dem Thema Antisemitismus sei auf verschiedenen Ebenen notwendig, auf der politischen ebenso wie nicht zuletzt im Bereich der Bildung: „Wir erwarten, dass die politischen Entscheidungsträger, aber auch die Institutionen der Zivilgesellschaft, aber auch die Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I und II sich bereits ab der ersten Klasse mit dem Thema befassen.“ Einige Hoffnung, so Gottlieb, wird auch auf die Initiativen und Maßnahmen im Rahmen des im vergangenen Jahr noch von der Bettel-Regierung lancierten „Plan d’action national de lutte contre l’antisémitisme“ (Panas) gesetzt. Am Ende des Vorworts heißt es: „Wir behalten unsere Menschlichkeit, sie werden unseren Hass nicht bekommen. Wir empfinden höchstens Verachtung für die Wütenden.“

Pin Mac
31. Mai 2024 - 7.36

Luxman....richteg, ed leeft engem ewell ferm no......

Hottua Robert
31. Mai 2024 - 0.05

Einige luxemburgische HistorikerInnen berichten von einem über 150-jährigen Antisemitismus in Luxemburg, unter anderem auch bezüglich der "Weisen von Sion". MfG, Robert Hottua.

luxmann
30. Mai 2024 - 19.30

Jeder kritiker der israelischen verbrechen in gaza ist antisemit...die alte leier wird gerne aufgelegt und findet anscheinend noch immer zuhoerer seit jahrzehnten.