Es war eine Blutvergiftung, die Johann Gudden wenige Tage nach dem tragischen Vorfall auf der heutigen N5 zwischen Dippach und Bartringen das Leben kostete. Gudden war auf seinem Karren längs der Landstraße unterwegs und wurde schlussendlich Opfer zweier Autofahrer. Es war nicht so, dass es zu einem Zusammenstoß kam, vielmehr war das Pferd des Gutsbesitzers wegen der vorbeifahrenden Fahrzeuge scheu geworden. Konsequenz: Johann Guddens Bein wurde vom Rad des Automobils überfahren, was zu einer fatalen Blutvergiftung führen sollte. Es ist davon auszugehen, dass der Gutsbesitzer das erste Verkehrsopfer auf Luxemburgs Straßen im Zusammenhang mit einem Automobil war. Jedenfalls folgte die erste Erwähnung eines tödlichen Verkehrsunfalls mit motorisierten Gefährten in der Presse. Der Zwischenfall ereignete sich heute vor 120 Jahren, am 11. Juni 1904.
Das Luxemburger Wort berichtete am 18. Juni 1904 vom Zwischenfall, die Obermoselzeitung am 21. Juni (das Tageblatt wurde erst 1913 gegründet). Beide Artikel waren im Wortlaut gleich, im LW war der Bericht mit „Tod durch Automobil-Überfahren“ betitelt: „Als vorige Woche der Gutsbesitzer Johann Gudden vom Hof Grevels mit seinem Knecht auf seinem Karren längs der Landstraße in der Nähe seines Hofes fuhr, kam ein Automobil herangefahren; Sogleich sprang der Knecht herab, um das Pferd anzuhalten, wobei er sich eine Fußverstauchung zuzog und dadurch genötigt war, auf dem Karren Platz zu nehmen. Gleich danach kam ein anderes Automobil in rasendem Tempo; diesmal musste Herr Gudden herabspringen, wobei er zu Fall kam und das Rad des Karrens (gemeint ist das Automobil, Anm. d. Red.) ihm über ein Bein ging. Der Knecht musste geduldig warten, bis Vorübergehende Hrn Gudden aufhoben und nach Hause trugen. Die erlittenen Verletzungen waren dermaßen, dass der Gutsbesitzer am letzten Montag starb. Die Autler sind bis jetzt unbekannt.“ Mit Autler sind die Autofahrer gemeint.
In Luxemburg: Erstes Automobil 1895
Dass Zwischenfälle dieser Art auf Luxemburgs Straßen mit dem Aufkommen des Automobils zu Beginn des 20. Jahrhunderts immer häufiger wurden, ist in der Obermoselzeitung nachzulesen. Denn gleich unter dem Text, der das traurige Schicksal von Johann Gudden schildert, wird von einem Unfall nur wenige Kilometer entfernt in Schouweiler berichtet: „Schuweiler. 16. Juni. Unfall. Der in den 70er Jahren stehende Ackerer Ni. Laux von hier kam gestern Nachmittag mit seinem Wagen von Luxemburg. Auf dem Dippacherberge wurde das Pferd durch das Ertönen des Signalhornes eines Automobils scheu. Dem alten Mann wurde, als er dem Pferd in die Zügel fiel, von einem Eisen der rechte Arm aufgerissen und bedeutend verletzt.“
Johann Gudden, das wohl erste Verkehrsopfer des Landes, war der Besitzer des Findelserhaff in unmittelbarer Nähe zum Greiwelserhaff. Das bestätigte die Familie Friedrich, Nachfahren von Gudden und heutige Betreiber des Hofs auf der Nationalstraße fünf zwischen Bartringen und Dippach, anlässlich des 100. Jahrestags des Unfalls dem Tageblatt. Auch dass es schlussendlich eine Blutvergiftung war, die Johann Gudden dahinraffte, erzählte Norbert Friedrich damals. Der Unglückliche war aus Richtung Bartringen gekommen, der Unfall geschah kurz vor dem heimischen Hof. Ansonsten gibt es keine Dokumente von damals, außer dass der tragische Zwischenfall in einer Publikation der Bartringer Musikgesellschaft erwähnt wurde.
Das erste Verkehrsopfer der Welt im Zusammenhang mit einem Automobil war Bridget Driscoll 1896 in
London. Sie wurde bei einer Demonstrationsfahrt einer Autofirma angestoßen, erlitt schwere Kopfverletzungen und verstarb noch an Ort und Stelle. In Luxemburg wurde das erste Automobil 1895 vom Industriellen Paul Wurth angemeldet. Es war ein Benz Velo. Das Auto kann heute im „Nationalmusée“ am Fischmarkt besichtigt werden. 1906 waren 67 Fahrzeuge im Luxemburg angemeldet. Zum Vergleich: 2022 waren es 444.743 Autos. Und 36 Tote im Straßenverkehr.
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