Dienstag28. Oktober 2025

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Corona-Proteste Wie sich Luxemburgs Polizei am Samstag organisiert hat

Corona-Proteste   / Wie sich Luxemburgs Polizei am Samstag organisiert hat
Die Beamten wurden erst tätig, als die Demonstranten in Richtung Innenstadt durchbrechen wollten und dabei auch körperliche Gewalt einsetzten Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Neben den Demonstranten selbst stand am Wochenende auch die Polizei im Fokus des Geschehens. Welche Stärke hat das Polizeiaufgebot? Werden die Beamten bei Verstößen gegen die sanitären Auflagen eingreifen? Wie werden die Ordnungskräfte die Protestzone sichern? Und: Ist die Luxemburger Polizei den Protesten gewachsen? Eine Einschätzung.

Hielten sich die Behörden im Vorfeld „aus polizeitaktischen Gründen“ noch bedeckt, so wurden die eingangs gestellten Fragen am Wochenende allesamt beantwortet. Eins vorweg: Nichts wurde dem Zufall überlassen. Was auch kaum verwundert. Selten zuvor nämlich wurde in der Öffentlichkeit so leidenschaftlich über Polizei-Taktik diskutiert wie im Verlauf der vergangenen Woche. Minister Henri Kox und der beigeordnete Polizeidirektor Donat Donven hatten am Donnerstag eingeräumt, dass die Behörden von den Ausmaßen der vorherigen Proteste überrascht worden waren. So ließen beide denn auch keine Zweifel aufkommen, dass man beim nächsten Mal konsequenter durchgreifen würde.

Bilanz der Polizei

Die Luxemburger Polizei hat am Sonntagnachmittag eine weitere Bilanz der Samstags-Demonstration aus ihrer Sicht gezogen. Demnach wurden 19 Personen festgenommen.

14 dieser Menschen wurden als administrative Maßnahme kurzfristig festgenommen, weil ihre Identifizierung vor Ort nicht möglich war oder weil sie als akute Gefahr für die öffentliche Ordnung angesehen wurden.

In den verbliebenen fünf Fällen wurde ein Gerichtsverfahren eingeleitet, insbesondere wegen Tatbeständen wie Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, das Mitführen verbotener Waffen, Angriff und Bedrohung einer Person oder das Zeigen von Symbolen oder Zeichen, die geeignet sind, den öffentlichen Frieden zu stören. (fgg)

Den Beweis dafür haben die Ordnungskräfte am Samstag selbst geliefert. Bereits vor Beginn der Proteste waren Beamte an sämtlichen neuralgischen Punkten der Hauptstadt platziert und die Bewegungen der Einsatzkräfte zeugten von einem massiven Aufgebot im Zentrum. Auf dem Glacis waren mehrere Einheiten postiert, die sich zu Beginn der Veranstaltung im Hintergrund aufhielten. Die mit Sicherheitskleidung und taktischer Ausrüstung bewaffneten Beamten zeigten zwar Präsenz, ließen sich von geringfügigen Vergehen, wie dem Marihuana-Konsum, Verstößen gegen die sanitären Verordnungen und Provokationen nicht aus der Reserve locken.

Solange sich die Demonstranten im zugewiesenen Protestbereich aufhielten, griffen die Ordnungskräfte nicht ein. Mit der Präsenz am Rande des Glacis lautete die Botschaft aber klar und deutlich: bis hierhin, und nicht weiter. Die Lage drohte erstmals zu eskalieren, als sich eine Gruppe hinzugestoßener Demonstranten über diese unsichtbare Grenze hinwegzusetzen versuchten. Begleitet wurde die Szenerie von dichten Rauchschwaden, Trillerpfeifen, Musik aus transportierbaren Boxen und explodierenden Böllern.

Etwas mehr als 20 Personen wurden bei den Ausschreitungen aufgegriffen
Etwas mehr als 20 Personen wurden bei den Ausschreitungen aufgegriffen Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Sah es zunächst danach aus, als seien die Beamten am Rande des Rond-Point Schuman überlaufen worden, wurde recht schnell ersichtlich, dass die Ordnungskräfte auf den Vorstoß der Randalierer vorbereitet waren: Die erste Reihe ließ sich kurz zurückfallen, während sich im Hintergrund in Höhe des Boulevard Prince Henri bereits mehrere Einheiten sammelten, um eine regelrechte Mauer zu bilden.

Behauptungen in den sozialen Medien, dass die Beamten unprovoziert auf die Menge eingeschlagen und friedfertige Demonstranten mit dem Wasserwerfer angegriffen hätten, können die Journalisten des Tageblatt nicht bestätigen. Im Gegenteil: Den auf die Innenstadt vorrückenden Protestteilnehmern wurde noch ein Puffer von mehreren hundert Metern gewährt, bevor sie aufgehalten wurden.

Die Polizisten wurden erst tätig, als die Gruppe der Randalierer den Sicherheitsperimeter mit körperlicher Gewalt zu durchbrechen versuchte. Die Menge wurde anschließend zum Glacis zurückgedrängt. Dabei wurden auch Demonstranten aufgegriffen, die sich der Aufforderung mit einem Sitzprotest widersetzen wollten. Gleichzeitig wurde der Wasserwerfer der belgischen Polizei eingesetzt, um die auf Eskalation erpichten Randalierer zu zerstreuen. „Die Zone war klar ausgewiesen und im Vorfeld deutlich angekündigt worden“, erklärt Polizeisprecher Frank Stoltz. Man habe die Wasserkanonen auch nicht unvermittelt eingesetzt, sondern die Demonstranten über Lautsprecher vorgewarnt. „Jeder wusste, was passiert.“

Die mit „Riot Gear“ ausgestatteten Beamten wurden unter anderem mit Feuerwerkskörpern angegriffen, während andere Teilnehmer bengalisches Feuer und Rauchbomben zündeten
Die mit „Riot Gear“ ausgestatteten Beamten wurden unter anderem mit Feuerwerkskörpern angegriffen, während andere Teilnehmer bengalisches Feuer und Rauchbomben zündeten Foto: Editpress/Alain Rischard

Nach dem Einsatz des Wasserwerfers sei die Menge zurück zum Glacis gezogen. Zu diesem Zeitpunkt sei die Luft etwas raus gewesen, so der Polizeisprecher. Die Veranstaltung habe sich langsam aufgelöst. Anschließend habe man nur noch mit kleineren Gruppen in der Innenstadt zu tun gehabt, die punktuell für Ärger sorgen wollten. Wegen der massiven Präsenz aber waren Beamten stets rasch zur Stelle. „Es wurden keine größeren Schäden festgestellt. Verschiedene Randalierer mussten wir allerdings mitnehmen“, so Stoltz. Auch sei soweit niemand verletzt worden.

Insgesamt wurden am Samstag 19 Personen von der Polizei aufgegriffen. Dabei handelt es sich aber nicht ausschließlich um Festnahmen im juristischen Sinne (siehe auch abgesetzte Textbox). Vielmehr wurden Personen gezielt von den Protesten entfernt, die sich nicht ausweisen wollten oder die öffentliche Ordnung gefährdeten. „Das waren etwa Leute, die mit Feuerwerkskörpern auf Polizisten schossen, körperliche Gewalt einsetzten oder sonst gegen die Auflagen verstießen“, erklärt Stoltz. Primäres Ziel sei es gewesen, Unruhestifter von der Straße zu entfernen. Auf der Dienststelle wird dann geklärt, mit welchen juristischen Folgen die Betroffenen zu rechnen haben.

Die Demonstranten wurden zurück zum Glacis gedrängt. Dabei kam auch der Wasserwerfer der belgischen Polizei zum Einsatz, der – entgegen Gerüchten in den sozialen Netzwerken – nicht mit abgelaufenem Impfstoff gefüllt war.
Die Demonstranten wurden zurück zum Glacis gedrängt. Dabei kam auch der Wasserwerfer der belgischen Polizei zum Einsatz, der – entgegen Gerüchten in den sozialen Netzwerken – nicht mit abgelaufenem Impfstoff gefüllt war. Foto: Editpress/Claude Lenert