LuxemburgInternationaler Währungsfonds warnt vor stetiger Erhöhung der Staatsausgaben

Luxemburg / Internationaler Währungsfonds warnt vor stetiger Erhöhung der Staatsausgaben
Die Vertreter des IWF, die Luxemburg unter die Lupe genommen haben: Michele Fornino, Tarak Jardak, Emil Stavrev, Tara Iyer (v.l.n.r.) Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Obwohl sich der Internationale Währungsfonds (IWF) kurz- und mittelfristig keine Sorgen um die Gesundheit der Luxemburger Staatsfinanzen macht, schlägt er der Regierung harte Maßnahmen vor, um das Land fit für die Zukunft zu machen.

Einmal pro Jahr kommen Vertreter des Internationalen Währungsfonds (IWF) während zwei Wochen nach Luxemburg. Hier reden sie dann mit Vertretern der Privatwirtschaft, der Zivilgesellschaft und der Behörden. Sie untersuchen die Situation der Luxemburger Staatsfinanzen sowie die volkswirtschaftliche Entwicklung. In der Folge schlagen sie der Regierung einen Katalog von Maßnahmen vor, die ihrer Ansicht nach dazu führen würden, das Land langfristig widerstandsfähiger zu machen.

Die Luxemburger Wirtschaft ist insgesamt gut aufgestellt, schlussfolgerten die vier von Washington entsandten Experten am Freitagnachmittag auf einer Pressekonferenz. Das Großherzogtum „ist eines der wenigen Länder, die noch Spielraum für steuerliche Maßnahmen hat“, so Emil Stavrev vom IWF. Man habe aber festgestellt, dass die Ausgaben des Staates (als Anteil der nationalen Wirtschaftsleistung) immer weiter steigen. Teils sei dies richtig und begründet. „Einiges könnte aber auch effizienter gestaltet werden.“

Preissignale wirken lassen

Ein Dorn im Auge sind dem IWF viele der Hilfsmaßnahmen, die im Laufe der letzten Monate beschlossen wurden, um die Menschen vor den negativen Folgen der rasanten Preissteigerungen zu schützen. Die Vertreter des IWF befürchten, dass diese Gelder die nationale Wirtschaft, wo es bereits Druck auf dem Arbeitsmarkt gibt, überhitzen und so die Preise weiter nach oben treiben könnten. Das gelte auch für den Wohnungsmarkt, so Stavrev.

Emil Stavrev vom IWF
Emil Stavrev vom IWF Foto: Editpress/Didier Sylvestre

Des Weiteren beklagt er, dass die Maßnahmen zum Drücken der Energiepreise negative Folgen für den Klimawandel haben, da sie die Bürger nicht zum Energiesparen zwingen. Es gelte, „Preissignale wirken zu lassen“.

Für eine neutrale Finanzpolitik

„Wir empfehlen, mehr zielgerichtete Maßnahmen einzuführen“, sagt er weiter. Diese sollten auch finanztechnisch „neutral“ ausfallen, also die Staatsschuld nicht weiter in die Höhe treiben. Es solle umsichtiger mit wiederkehrenden Ausgaben umgegangen werden. Finanzielle Reserven sollen für Notfälle erhalten bleiben.

Auch der Luxemburger Rechnungshof, die „Cour des comptes“, hatte die Regierung bereits zu mehr Nachhaltigkeit bei den öffentlichen Finanzen aufgefordert. Die Behörde hatte beklagt, dass Luxemburg – um die Auswirkungen jeglicher Krisen zu bewältigen – immer wieder auf neue, zusätzliche Schulden zurückgreift.

Gleichzeitig rieten die IWF-Vertreter am Freitag zu einer allgemeinen Überprüfung des Systems der Besteuerung und der staatlichen Leistungen. Wie bereits die OECD vor einigen Monaten für eine Reform des Index plädiert hatte, so argumentieren die Vertreter des IWF ähnlich. Sie fragen sich, ob die Betriebe diese automatischen Kostensteigerungen stemmen können, und sorgen sich um die Wettbewerbsfähigkeit des Landes. Der IWF schlägt vor, beispielsweise progressive Elemente (Staffelungen) einzubauen, respektive die Rechnung an die Kerninflation (rein hausgemachte Inflationsrate, die schwankungsanfällige Lebensmittel- und Energiepreise von der Berechnung der Preisentwicklung ausschließt) oder an die Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit zu koppeln.

Dass Maßnahmen wie eine Index-Modulierung oder eine Kürzung der Energie-Hilfsmaßnahmen zu einem Einbruch der Nachfrage der Konsumenten führen würde, wird beim IWF nicht befürchtet. Der nationale Arbeitsmarkt sei stark, es gebe Jobs und Einkommen … und schlussendlich auch eine starke Nachfrage, so Stavrev. Während der Covid-Krise seien die Hilfsmaßnahmen richtig gewesen. Es brauche aber keine ewig weiter fortlaufenden staatlichen Maßnahmen, meint er weiter. „Staatliche Hilfen haben ihren Preis.“

„Staatliche Hilfen haben ihren Preis“

Es gelte vorsichtig zu sein, so Stavrev weiter. Immerhin gebe es das Risiko, dass ein Teil der Einnahmen des Staates nur zeitlich begrenzt fließen könnte. Er hebt unter anderem weltweit herrschende Risiken und Ungewissheiten (etwa im Finanzsektor) hervor, wie auch, dass die Steuereinnahmen derzeit, bedingt durch die aktuell hohe Inflationsrate, besonders ergiebig sprudeln. In diesem Sinne würden die Spezialisten des IWF es begrüßen, wenn die Regierung beispielsweise eine Obergrenze für ihre Ausgaben festlegen würde.

Gleichzeitig rät der IWF jedoch auch: „Die Steuerklassen sollten im Rahmen einer umfassenden Steuer- und Abgabenreform häufiger an die Inflation angepasst werden. Die Verzögerung der Indexierung der Steuerklassen über einen längeren Zeitraum hinweg hat zu einem deutlichen Anstieg der realen Steuerlast geführt.“ Und er beklagt erneut: „Die daraus resultierenden Einnahmen wurden nur teilweise für gezielte Ausgaben verwendet.“

Konkret sieht der IWF auch Handlungsbedarf im Bereich des Wohnungsmarktes. Es müsse mehr gebaut werden, um Nachfrage und Angebot besser in Einklang zu bringen. Zudem müsse auch höher gebaut werden, das sei effizienter, was den Landverbrauch angeht.

Im laufenden Jahr, wie auch für 2024, rechnet der IWF mit einem Wirtschaftswachstum von 1,5 bis 2 Prozent in Luxemburg. Statec ist etwas optimistischer: Laut den letzten Prognosen rechnen die Luxemburger Statistiker mit einem Zuwachs von 2,2 Prozent in diesem und von 3,2 Prozent im kommenden Jahr. 2022 war die nationale Wirtschaft um 2,5 Prozent gewachsen.

Das Rentensystem

Sorgen bereiten dem IWF auch die langfristige Zukunft des Luxemburger Rentensystems. Die zuständige Behörde rechnet damit, dass das System bald ins Defizit rutscht, so Emil Stavrev am Freitag. Um dies zu vermeiden, gebe es mehrere Möglichkeiten, hebt der Vertreter des IWF hervor: Das wäre beispielsweise eine Stärkung der nationalen Wirtschaftswachstumsrate, was ihm zufolge aber sehr schwierig wäre. Alternativ könne der Anteil des Gehalts, den es als Rente gibt, gekürzt werden. Oder die Regierung könne dafür sorgen, dass sich der durchschnittliche effektive Renteneintritt näher beim offiziell vorgesehenen Alter befindet – und nicht bereits Jahre früher. Schlussendlich gelte es, für Gerechtigkeit zwischen den Generationen zu sorgen, so der IWF. Vor einigen Wochen hatte auch bereits die Staatengemeinschaft OECD, im Rahmen ihrer Ratschläge für Luxemburg, auf den Schwachpunkt der langfristigen Finanzierung des Rentensystems hingewiesen.