Italiens Rechtspopulisten legen bei Kommunalwahlen zu

Italiens Rechtspopulisten legen bei Kommunalwahlen zu

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Von unserem Korrespondenten Wolf H. Wagner

Während sich die EU harten Forderungen Italiens in der Flüchtlingsfrage ausgesetzt sieht, fällt die „Ruhe und Ordnung“-Politik der neuen Regierung im Lande auf fruchtbaren Boden. Bei den Kommunalwahlen verliert die Linke ihre Hochburgen. Vor allem die Lega Salvinis ist im Höhenflug.

Der Sonntag war für Italien ein wichtiges Datum. Am Gipfel europäischer Staats- und Regierungschefs unterbreitete Roms neuer Premier Giuseppe Conte Italiens Vorschläge zur Lösung der Flüchtlingsfrage: Ankommende Migranten sollten sofort in weitere EU-Mitgliedstaaten übersandt werden können, um dort dann ihre Asylanträge zu behandeln. Italien sähe darin eine Entlastung und die Solidarität der EU. Die Reaktion der anderen war verhalten bis ablehnend und unterstrich damit, warum die politische Lage im Belpaese so ist, wie sie ist.

Denn am selben Sonntag wurde die zweite Runde der Kommunalwahlen abgehalten, die mit einem weiteren Triumph der rechtskonservativen Kräfte endete. Vor allem die Lega des Innenministers Matteo Salvini legte deutlich an Stimmengewinnen zu. Die auf Ruhe und Ordnung ausgerichtete Politik Salvinis kommt bei den Wählern offenbar gut an.

Das Ende der roten Toskana

2013 noch regierten in zehn der elf toskanischen Provinzen die Vertreter des Mitte-links-Bündnisses unter Führung der Demokratischen Partei. Doch seit Matteo Renzi – Pd-Chef und seinerzeit Oberbürgermeister von Florenz – an die Regierungsspitze getreten ist, verloren die Linken Wahl um Wahl.

Bei den jüngsten Gemeindewahlen mussten sie nun die Spitzenpositionen in ihren traditionellen Hochburgen Pisa, Siena und Massa aufgeben, in denen sich seit Ende des Zweiten Weltkriegs noch nie eine bürgerliche Koalition durchsetzen konnte. Die Gründe für die herbe Niederlage liegen nicht nur in den ewigen Führungsstreitigkeiten in Renzis Pd, sondern in der Zuwendung des Wahlvolks zu den populistischen Versprechen der neuen Politstars von Lega und M5S. Das neu gewählte Stadtoberhaupt von Pisa, Michele Conti (Lega), drückte es mit den Worten aus: „Sicherheit ist unser oberstes Motto, und diese Sicherheit wird von Matteo Salvini gewährt, der eine Schlüsselfigur des heutigen politischen Lebens in Italien ist.“ Man habe lange auf diesen Tag gewartet und auf diesen Sieg.
Conti widerspiegelt damit die aktuelle Tendenz in Italien. Hunderttausende Italiener sind nicht über Nacht zu Postfaschisten oder Anhängern mehr oder weniger rechtsextremer Bewegungen geworden. Aber ein Aufschwung dieser Parteien ist nicht zu übersehen. Mit seinem „Italien zuerst“ erreicht Salvini seine Landsleute, die sich von der EU allein gelassen und von ihren letzten Mitte-links-Regierungen enttäuscht sehen. Vollmundig hatte Matteo Renzi zu Amtsantritt 2014 jeden Monat eine Reform versprochen – nicht eine einzige jedoch umgesetzt. Die wirtschaftliche Lage der Bevölkerung ist desolat, die Arbeitslosenrate konstant zu hoch, die Jugend ohne Aussicht.

Dazu kommt seit drei Jahren das immense Flüchtlingsproblem, das die Lage im Lande noch verschärft. Dies alles verspricht Salvini zu ändern. Das Wahlvolk dankt es ihm und setzt seine Lega mit etwas über 30 Prozent an die erste Stelle der Sympathieträger. Zweifellos ein Abenteuer, denn noch haben die neuen Regierenden nicht bewiesen, dass sie es besser können als ihre Vorgänger.

Brüssel in der Pflicht

Die gegenwärtig beklatschten Maßnahmen von der Schließung der Häfen für Flüchtlingsschiffe bis hin zur angedrohten Schließung der Grenzen setzt die EU in Zugzwang. Der EU-Gipfel am 28. und 29. Juni in Brüssel muss an einer solidarischen Antwort für Italien arbeiten. Denn einen Ausstieg des Gründungsmitglieds Italien kann sich die EU nicht leisten, die drittgrößte europäische Volkswirtschaft ist zu sehr in die Geschicke der Union eingebunden.

Zwar hätte ein italienischer Alleingang auch für das Land verheerende Folgen. Fraglich bleibt aber, ob dies den aktuellen Führern wie Matteo Salvini und Luigi Di Maio (M5S) samt ihres Premiers Giuseppe Conte bewusst ist – oder sie diese Folgen nicht sogar in Kauf zu nehmen bereit sind.

Muller Guy
28. Juni 2018 - 3.22

Sinn Wieler Rechtspopulisten an Neonazis wann sie an freien Wahlen hier Onzefriddenheet ausdrecken? Ech denken net. Dat sin belleg an primitiv Behaptungen fir vum richtegen Problem ofzelenken dass déi etabléiert Parteien hir Wieler net eescht huelen an mat hierer falscher Politik einfach weider machen.

roger wohlfart
27. Juni 2018 - 8.20

Werter H.Horst! Leider verfügen nicht alle Menschen über Ihren IQ.

H.Horst
26. Juni 2018 - 17.37

Rechtfertigt Unzufriedenheit die Wahl von Parteien die Europa schon einmal ins Verderben gestürzt haben ? Man sollte den Menschen nicht die Verantwortung und ggf. sogar Schuld für ihr erratisches Wahlverhalten nehmen. Wenn es heisst "sie konnten ihrer Unzufriedenheit nicht anders Ausdruck verleihen", so ist dies eine Art der Entmündigung wie bei unreifen Kindern. Diese Menschen wissen was sie tun. Entsprechend sind sie zu beurteilen. Wenn man davon ausgeht, dass sie nicht wissen was sie tun, müssten sie tatsächlich entmündigt werden.Es ist und bleibt ein hirnrissiger Schwachsinn zu glauben, dass mehr Nationalismus ein geeignetes MIttel zum Bestehen in der weltweiten Konkurrenz sei.

roger wohlfart
26. Juni 2018 - 13.53

Ein Rechtsruck geht quer durch Europa auf Kosten der établierten Parteien. Das müsste zu denken geben. Nicht alle Wähler dieser Rechtsparteien sind Rassisten oder Neonazis. Diese Parteien sind eher ein Sammelbecken für unzufriedene Bevölkerungsschichten, die sich alleingelassen und nicht ernstgenommen fühlen. Auf längere Sicht kann diese Tendenz sehr gefährlich werden.

Grober J-P.
26. Juni 2018 - 13.53

Habe die Italiener immer für kluge Menschen gehalten. Auch dort scheint es bergab zu gehen. Ach Europa, ach Welt, wo steuerst du hin?