Montag3. November 2025

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Nahost-KonfliktIsraelisches Militär nähert sich Gaza-Stadt

Nahost-Konflikt / Israelisches Militär nähert sich Gaza-Stadt
Ein israelischer gepanzerter Mannschaftswagen fährt an der Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen Foto: Ariel Schalit/AP/dpa

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Als Vergeltung für das Massaker der Hamas vom 07. Oktober dringt das israelische Militär mit Panzern und Truppen auf Gaza-Stadt vor.

Dabei stießen die Soldaten am Donnerstag auf erbitterten Widerstand von Kämpfern der radikalislamischen Palästinenser-Organisation. „Wir stehen vor den Toren von Gaza-Stadt“, sagte der israelische Brigadegeneral Itzik Cohen. In Gaza-Stadt hat die Hamas ihren Sitz. Ihre Infrastruktur ist vor allem in einem weitläufigen Tunnelsystem organisiert, das das israelische Militär besonders im Visier hat.

Kämpfer der Hamas und des Islamischen Dschihads kamen nach Berichten von Augenzeugen immer wieder aus Tunneln ans Tageslicht, um israelische Truppen unter Beschuss zu nehmen. Anschließend verschwanden sie wieder unter der Erde, wie auch auf Videomaterial der beiden extremistischen Gruppen zu sehen ist. Unabhängig überprüfen konnte Reuters die Informationen nicht. Die Guerilla-Taktik der Extremisten ist nach Einschätzung von Experten aber das einzige Mittel, um der militärisch weit überlegenen israelischen Armee etwas entgegensetzen zu können.

Die Bodenoffensive des israelischen Militärs konzentriert sich zunehmend auf den Norden des Küstenstreifens, in dem insgesamt etwa 2,3 Millionen Menschen beheimatet sind. Israel hat die Zivilbevölkerung aufgefordert, den Norden des Gebiets zu verlassen. Die Regierung hat als Reaktion auf den 07. Oktober angekündigt, die Hamas zu vernichten. Vor knapp vier Wochen hatten Hamas-Kämpfer in Israel mehr als 1.400 Menschen getötet, die meisten davon Zivilisten, und Dutzende Menschen in den Gazastreifen verschleppt. Das israelische Militär gab die Zahl der Geiseln am Donnerstag mit 242 an. Darunter befinden sich in acht Fällen auch deutsche Staatsbürger.

Wegen der israelischen Angriffe hat sich die humanitäre Lage im Gazastreifen dramatisch verschärft. Laut jüngsten Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörden sind mindestens 8.796 Menschen getötet worden, darunter 3.648 Kinder. UN-Vertretern zufolge sind mehr als 1,4 Millionen Menschen im Gazastreifen auf der Flucht. Lebensmittel, Medikamente und sauberes Wasser sind demnach kaum noch vorhanden. Wegen ihres Vorgehens steht die israelische Regierung zunehmend unter Druck. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lehnt Forderungen auch der US-Regierung nach einer Waffenruhe, um die Menschen im Gazastreifen mit dem Nötigsten zu versorgen, vehement ab.

„Hamas hat gelernt“

Anwohner berichteten, das Gebiet von Gaza-Stadt sei die gesamte Nacht über mit Mörsergranaten beschossen worden. Israelische Panzer und Bulldozer seien dabei, immer weiter vorzudringen. Brigadegeneral Iddo Mizrahi sagte im Armee-Radio, die israelischen Truppen seien in einem ersten Schritt dabei, den Zugang zu Gaza zu sichern. Das Gelände sei allerdings teilweise vermint und mit Sprengfallen gesichert. „Hamas hat gelernt und sich gut vorbereitet“, sagte er. Israel versucht parallel, die Führungsriege der Hamas auszuschalten. Dabei wurde am Mittwoch das dicht besiedelte Flüchtlingslager Dschabalia ein zweites Mal angegriffen. Nach israelischen Angaben wurden zwei Hamas-Kommandeure getötet.

„Es ist ein Massaker“, sagte ein Augenzeuge des Angriffs. Nach Hamas-Angaben wurden mindestens 195 Palästinenser getötet, 120 weitere würden noch vermisst, mindestens 777 Menschen seien verletzt worden. Bereits am Dienstag waren bei einen Luftangriff auf Dschabalia nach palästinensischen Angaben rund 50 Menschen gestorben. In dem Camp im Norden des Gazastreifens leben vertriebene Familien aus Kriegen der Palästinenser mit Israel, die bis ins Jahr 1948 zurückreichen.

Am Grenzübergang Rafah nach Ägypten warteten weitere ausländische Staatsbürger und Verletzte auf ihre Ausreise. Nach Angaben der palästinensischen Grenzbehörden sollten 400 Ausländer sowie 60 schwer verletzte Palästinenser am Donnerstag ausreisen können. Am Mittwoch war der Grenzübergang erstmals geöffnet worden, mindestens 320 Menschen hatten ausreisen können.

Nach Angaben aus dem Auswärtigen Amt konnte bislang eine niedrige einstellige Zahl deutscher Staatsbürger aus dem Gazastreifen über den Grenzübergang Rafah ausreisen. Eine niedrige dreistellige Zahl registrierter deutscher Staatsbürger befinde sich derzeit noch im Gazastreifen, hieß es aus dem Ministerium weiter. Am Mittwoch hatte das Auswärtige Amt über den Nachrichtendienst X mitgeteilt, dass ein Team der deutschen Botschaft in Kairo erste ausgereiste Deutsche am Grenzübergang in Rafah in Empfang nehmen habe können. Es habe sich dabei um Mitarbeiterinnen internationaler Hilfsorganisationen gehandelt.

Um Verletzte aus dem Gazastreifen behandeln zu können, bat die israelische Regierung Deutschland und andere Länder um Lazarettschiffe. Diese sollten in Ägypten anlegen und dort verletzte Palästinenser aufnehmen, sagte der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, dem israelischen Radiosender Kan. (Reuters)