Interpol-Beitritt abgelehnt: Katzenjammer in Pristina, Genugtuung in Belgrad

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Auch Kosovos dritter Anlauf zur Aufnahme in die internationale Polizeiorganisation Interpol ist gescheitert. Überraschend klar verfehlte der seit 2008 unabhängige Staatenneuling bei der Generalversammlung von Interpol in Dubai gestern die für einen Beitritt nötige Zweidrittelmehrheit.

Von unserem Korrespondenten Thomas Roser

In der zweiten Abstimmungsrunde stimmten nur 68 Mitgliedstaaten für Kosovos Beitritt – bei 51 Gegenstimmen und 16 Enthaltungen: Auch mehrere der über 100 UN-Mitglieder, die Kosovo anerkannt haben, hatten sich der Stimme enthalten oder waren der Abstimmung gleich ganz ferngeblieben. Dass der Antrag Kosovos gegen den Widerstand Serbiens, aber mit Duldung Moskaus überhaupt auf die Tagesordnung gesetzt worden war, hatten Beobachter in Belgrad und Pristina als Zeichen gewertet, dass Kosovo der Interpol-Beitritt dieses Mal gelingen könnte.

Doch die Lobbyanstrengungen Serbiens, das in den letzten Wochen bereits einige Kleinstaaten wie Surinam, Burundi oder Grenada zum Widerruf ihrer Anerkennung Kosovos bewegen konnte, erwiesen sich effektiver als die des gescheiterten Beitrittskandidaten.

Die „wilde Kampagne“ Serbiens habe gezeigt, dass Belgrad nicht an einer Normalisierung der Beziehungen zu Kosovo gelegen sei, so Kosovos „tief enttäuschte“ Regierung in einer ersten in Pristina veröffentlichten Stellungnahme: „Die Abstimmung gegen die Interpol-Aufnahme Kosovos nützt nur den Verbrechern und Kriminellen.“

Tatsächlich feierte im serbischen Norden der geteilten Kosovo-Metropole Mitrovica ein hupender Autokonvoi von Luxuslimousinen mit abgedunkelten Scheiben und serbischen Flaggen Belgrads diplomatischen Sieg. Als „Sieg eines trotzigen und stolzen Landes“ würdigte derweil in Belgrad Staatschef Aleksandar Vucic Serbiens Lobbyerfolg.

Westliche Diplomaten und Politiker bedauerten in ersten Reaktionen die Ablehnung des Aufnahmeantrags als „Rückschlag“ für die Sicherheit auf dem Balkan. Noch mehr als über das Scheitern Kosovos zeigte sich Washington allerdings über die mögliche Kür des russischen Polizei-Generals Aleksandar Prokoptschuk zum neuen Interpol-Präsidenten besorgt: Der enge Vertraute von Kremlchef Vladimir Putin geht bei der heute anstehenden Wahl des Nachfolgers für den inhaftierten Chinesen Meng Hongwei als Favorit ins Rennen.

Laut einem Bericht der Washington Post haben mehrere US-Senatoren US-Donald Trump aufgefordert, gegen die Kandidatur des Kremlmannes zu intervenieren. Schon bei der Wahl des inzwischen von Peking aus dem Verkehr gezogenen Meng Hongwei 2016 hatten Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International davor gewarnt, dass autoritäre Staaten wie China Interpol vermehrt zur Verfolgung von politischen Gegnern und Andersdenkenden im Ausland nutzen könnten.