Inklusion durch den Sport: Zusammenspiel von validen und invaliden Menschen

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Am Donnerstag erhält Special Olympics Luxembourg von der nationalen Vereinigung der Sportjournalisten sportspress.lu den „Prix Sport et Handicap“ für sein inklusives Sportprogamm „Unified Sports“. Aber was ist Special Olympics eigentlich – und was bedeutet Unified Sports?

Von Pierrot Feltgen

Die Idee, Personen mit psychischer Beeinträchtigung körperlicher Betätigung und Sport näherzubringen, wurde erstmals in den 60er Jahren in den USA in die Tat umgesetzt. Vor allem Eunice Kennedy-Shriver, Schwester des damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy, setzte sich hierfür ein. Die Problematik, die mit einer geistigen Behinderung einhergeht, war der Familie aufgrund von Rosemary, einem ihrer Kinder, bestens bekannt. Auf Initiative von Eunice Kennedy-Shriver fanden im Juli 1968 im Soldiers Field in Chicago die ersten Special-Olympics-Spiele statt. Mit Beteiligung von tausend Sportlern aus der Leichtathletik und dem Schwimmen, die aus verschiedenen amerikanischen Staaten sowie aus Kanada stammten, wurde der Grundstein gelegt.

50 Jahre später feiert die Weltbewegung ein großes Jubiläum. Special Olympics ist weltweit anerkannt und betreut sechs Millionen Sportler in 174 Ländern. Mittlerweile werden 33 verschiedene Sportarten angeboten. Aber das Hauptaugenmerk liegt nicht unbedingt auf den großen Sportevents – bei den Special Olympics geht es vielmehr um ein regelmäßiges wöchentliches Sporttreiben. Auch der Gesundheitsaspekt („Healthy Athletes“), das Wohl der Familien („Family Program“), die Betreuung der Jüngsten („Young Athletes“) und die Inklusion („Unified Sports“) kommen nicht zu kurz. Bei den Special Olympics überwiegt keineswegs der Elitegedanke. Über das einzigartige System des „Divisioning“ – ein Vorwettbewerb – wird eine gerechte und homogene Einteilung in Finalgruppen, in denen jeder gewinnen kann, ermöglicht. Diese Endspiele werden dann mit minimal drei und maximal acht Sportlern bestritten. Speziell ist auch das Podest: Hier gibt es Platz für alle Teilnehmer, jede Leistung zählt.

7.500 nehmen bei den Weltsommerspielen teil

Die nächsten Weltsommerspiele in Abu Dhabi (14.-22. März) werden mit 7.500 Teilnehmern das weltweit größte Sportereignis des kommenden Jahres sein. Luxemburg wird hier mit 37 Sportlern, 17 Betreuern und Offiziellen sowie zwei Schiedsrichtern vertreten sein. Bei diesem Event werden die „Unified Sports“ im Fokus stehen. Hier geht es um Inklusion – ein Thema, das immer mehr an Bedeutung gewinnt. Sportler mit einer Beeinträchtigung trainieren regelmäßig und kämpfen im Wettkampf gemeinsam mit Partnern, die nicht beeinträchtigt sind. Das gemeinsame Sporttreiben und Kennenlernen steht im Vordergrund. Das Team aus Luxemburg wird in den „Unified Sports“ mit einer Basketballmannschaft sowie mit einem Doppel im Tischtennis an den Weltspielen teilnehmen. Bei den letzten „World Games“ (Los Angeles, 2015) war Luxemburg sowohl im Basketball als auch im Fußball mit gemischten Mannschaften am Start.

Der Sportverband Special Olympics Luxembourg, 1979 unter der damaligen Bezeichnung „Alpaps – Sport mat Suergekanner“ gegründet, leistet seit Beginn der 90er Jahre Pionierarbeit auf dem Gebiet der „Unified Sports“. 1994 fand so in Ettelbrück als europäisches Projekt ein erstes Unified-Fußballturnier in Europa statt.

Gemeinsames Sportausüben

Die Teamsportarten bieten eine ausgezeichnete Möglichkeit, um diesen inklusiven Gedanken umzusetzen. Im Fußball, Basketball und seit kurzem auch im Tischtennis setzt Special Olympics Luxembourg diese Vorgaben des gemeinsamen Sportausübens um. Auch in Schulen wie zum Beispiel der Ecole privée Sainte-Anne in Ettelbrück und ab nächstem Jahr im LTPES in Mersch wird der Sport in speziellen Trainingseinheiten in diesen gemischten Gruppen (Behinderte und Schüler) gefördert. Bei den Special Olympics wird nicht nur über Inklusion geredet – dieser Gedanke wird auch in die Tat umgesetzt, und zwar mit viel Erfolg. Von diesen sportlichen Aktionen und Interaktionen profitiert jeder Beteiligte.

Die Begeisterung spricht Bände. Special Olympics bietet in Luxemburg auf Basis des reinen Ehrenamts rund 13 verschiedene Sportarten mit wöchentlichen Trainingseinheiten in allen Teilen des Landes sowie alljährliche Wettbewerbe an und betreut somit in etwa 400 Sportler mit einer psychischen Beeinträchtigung sowie ungefähr 35 Partner.


Aus der Sicht der Partner: „Ehrlicher Sport“

Corinne Bremer (Unified-Partnerin im Tischtennis): „Mein Umfeld spricht mir Respekt dafür aus, dass ich bei den Special Olympics bin. Dabei gebührt dieser eigentlich den Sportlern mit intellektueller Beeinträchtigung. Für mich ist dies eine wunderbare menschliche, emotionale und sportliche Erfahrung. Ich erinnere mich gerne an ein Interview des ehemaligen deutschen Zehnkämpfers Frank Busemann bei den Spielen in Kiel zurück, wo er von ehrlichem Sport sprach. Und das ist es wirklich! Es geht nicht um Geld oder um sonst was. Jeder versucht nur, sein Bestes mit den Möglichkeiten, die er besitzt, zu tun und sich auf seine Art und Weise im Sport zu zeigen und zu beweisen. Ich sehe meine Rolle darin, die Athleten auf ihrem Weg zu unterstützen, zu motivieren, zu begleiten und manchmal zu trösten. Und das macht Spaß. Als ich gefragt wurde, ob ich bei den Special Olympics mitmachen möchte, war ich so naiv, zu denken, dass ich der Gruppe aufgrund meiner Erfahrungen im Tischtennis viel aushelfen bzw. geben würde. Allerdings ist es zugegebenermaßen eher so, dass diese Sportler mir so viel mehr zurückgeben – und zwar an Liebe, Menschlichkeit und Emotionen. Es ist eine außergewöhnliche Erfahrung.“

Anne Wiance (Unified-Partnerin im Basketball): „Unified Sports bedeutet für mich als Sportler auch, etwas zu geben und zu vermitteln. Ich bin für die Athleten von Special Olympics da und kann ihnen helfen. Was einem aber auch stets auffällt, ist, dass sie einen ebenfalls unterstützen. Es wird viel gelacht, die Sportler sehen die Dinge überwiegend positiv. Ob Athleten oder Partner, einer ist für den anderen da. Respekt wird einem solchen Team ganz viel Bedeutung beigemessen. Ich persönlich kann nur jedem dazu raten, sich selbst zu engagieren und somit auch diese tollen Erfahrungen zu machen.“ PF