Dienstag4. November 2025

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Big Five statt OmnibusInitiative fordert zügige Umsetzung der EU-Direktive zu Lieferketten in Luxemburger Recht

Big Five statt Omnibus / Initiative fordert zügige Umsetzung der EU-Direktive zu Lieferketten in Luxemburger Recht
Gemeinsam für die Umsetzung der Lieferkettenrichtlinie in ein nationales Gesetz Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Die „Initiative pour un devoir de vigilance“ (IDV) hat einen dringenden Appell an die Regierung gerichtet, die Richtlinie der Europäischen Union über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen bezüglich ihrer Lieferketten im Bereich der Nachhaltigkeit, die „Corporate Sustainability Due Diligence Directive“ (CSDDD), umzusetzen. Dazu stellte sie einen Leitfaden vor.

Die CSDDD wurde im April vergangenen Jahres vom Europäischen Parlament verabschiedet, im Mai gab der Rat der Europäischen Union seine Zustimmung. Nun steht noch die Umsetzung der Richtlinie in nationales Gesetz aus. Doch die Regierung zögert. Bei einer Pressekonferenz forderte die IDV sie auf, die Umsetzung zu beschleunigen. Dabei stellte sie ihren Umsetzungsleitfaden vor, ein 23-seitiges Dokument als detaillierter Fahrplan für die Umsetzung, bei dem es sich um fünf Imperative handelt. Diese „Big Five“ sind Kohärenz, Genauigkeit, Ehrgeiz, Änderung der Denkweise und Ressourcenallokation.

Bisher dürften vor allem die „Big Four“ bekannt sein, die vier größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die Jahr für Jahr Rekordumsätze verbuchen. „Genug ist genug mit ‚Business First‘“, sagte Jean-Louis Zeien. Es könne nicht sein, dass die Wirtschaft über Menschenrechte, Klima und Umwelt gestellt werde. Der Co-Koordinator der IDV zeigte sich besorgt über die jüngste Entwicklung in der Europäischen Kommission. Mit ihrem „Omnibus“-Vorstoß würde EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen in die falsche Richtung gehen, die Direktive infrage stellen und eine Büchse der Pandora öffnen, was unter anderem eine Deregulierung bedeute. Zeien warnt: „Sie ist dabei, ihren eigenen ‚Green Deal‘ leichtfertig aufs Spiel zu setzen.“

Umso mehr müsse Luxemburg ein klares Zeichen setzen. Schließlich seien hierzulande Hochrisikobranchen angesiedelt: etwa Güter zum doppelten – sowohl zivilem als auch militärischem – Nutzen, Cybertechnologie und die Pornoindustrie. Zur Letztgenannten sagte Charel Schmit, „Ombudsman fir Kanner a Jugendlecher“: „Sie missbraucht die Rechte der Kinder in großem Maße. Einige der größten Betreiber haben ihre Finanzabteilungen und juristischen Personen in Luxemburg.“

Vorreiter oder Komplize?

Für Jean-Louis Zeien ist die Frage klar: „Will die Regierung wirklich die Mittel aufbringen, um Menschenrechts-, Klima- und Umweltverletzungen durch in Luxemburg ansässige Unternehmen zu stoppen, oder wird sie sich für eine komplizenhafte Untätigkeit entscheiden?“ Und er betonte: „Während die Europäische Kommission unter dem Druck der wahnwitzigen Politik der Trump-Regierung und der zynischen Manöver, die von Business Europe & Co. inszeniert werden, ins Wanken gerät, kann sich Luxemburg kein Zögern leisten.“ Er betonte außerdem: „Es muss im Einklang mit seinen eigenen internationalen Verpflichtungen handeln, um den historischen Fortschritt, den die CSDD-Richtlinie im Bereich der Unternehmensverantwortung darstellt, zu verwirklichen.“

Pascal Husting, ebenfalls Co-Koordinator der IDV, warnte vor Versuchen, die Richtlinie zu verwässern: „Dies würde den Schutz der Opfer verringern und das Prinzip der Sorgfaltspflicht aushöhlen. Europa muss angesichts der wachsenden globalen Unsicherheit standhaft bleiben.“ Luxemburg habe die Gelegenheit, mit gutem Beispiel voranzugehen, so Husting. „Die Omnibus-Initiative von Frau von der Leyen könnte einen direkten Schlag gegen die Verpflichtungen der EU in den Bereichen Menschenrechte, Klima und nachhaltige Entwicklung bedeuten“, befürchtete der frühere Direktor von Greenpeace Frankreich und Programmdirektor von Greenpeace International. „Schlimmer noch: Unter dem Druck kurzfristiger Wirtschaftsinteressen könnte sie das demokratische Vertrauen untergraben, indem sie bereits verabschiedete Rechtsvorschriften aushöhlt, die für die Erreichung der Ziele des Green Deal unerlässlich sind.“

In ihren Aufrufen zu Kohärenz, Ehrgeiz und Genauigkeit betonten die IDV-Mitglieder Nora Back, OGBL-Präsidentin, und David Hoffmann (ASTM) sowie Charel Schmit, dass es ein Misserfolg wäre, sich mit dem Minimum zufrieden zu geben. Eine „ehrgeizige“ Umsetzung, die über die Mindestanforderungen der Richtlinie hinausgeht, würde Luxemburg zum Vorreiter in Sachen Unternehmensverantwortung machen. Die CSDDD-Richtlinge sei nur ein erster Schritt.

Es ist an der Zeit, die Straflosigkeit zu beenden.

Jean-Louis Zeien, Co-Koordinator der IDV

Jean-Louis Zeien sagte: „Erfolg im Bereich der Menschen-, Klima- und Umweltrechte ist weder eine Option noch eine Anpassungsvariable in einer Welt, in der das Geschäft über allem steht. Hinter jeder Verletzung steht eine Frau, ein Mann, ein Kind. Es ist an der Zeit, die Straflosigkeit derjenigen, die dafür verantwortlich sind, zu beenden.“ Er erinnerte daran, dass Luxemburg von 2022 bis 2024 Mitglied des UN-Menschenrechtsrats war, und verwies darauf, dass laut einer TNS-Ilres-Umfrage vom Januar 2024 neun von zehn Personen von der Regierung erwarten, dass sie die Einhaltung internationaler Verträge und Verpflichtungen in den Bereichen Menschenrechte, Klima und Umwelt sicherstellt. Das globale Engagement für nachhaltige Entwicklung müsse zur DNA der luxemburgischen Unternehmen und Wirtschaft werden.

Die luxemburgische Regierung hat noch eineinhalb Jahre Zeit, um die Richtlinie umzusetzen. Die IDV fordert die Regierung auf, die Lücken in der Richtlinie zu schließen, etwa den Geltungsbereich auszuweiten, um die gesamte Geschäftskette abzudecken, insbesondere den Finanzsektor (Banken und Investmentfonds), und noch mehr Unternehmen einzubeziehen. Darüber hinaus sollte der Zugang zur Justiz sowie der Rechtsschutz für Opfer von Menschenrechtsverletzungen verbessert werden, insbesondere durch eine Umkehr der Beweislast, damit Unternehmen leichter zur Rechenschaft gezogen werden können. Außerdem müssten ausreichende Ressourcen bereitgestellt werden, um Verstöße von Unternehmen zu untersuchen und abschreckende Sanktionen zu verhängen. Um die Richtlinie zu gewährleisten, sei es von entscheidender Bedeutung, dass ihre Umsetzung über die von der EU festgelegten Mindestanforderungen hinausgeht.

Leitfaden für die Umsetzung

Der Leitfaden für die Umsetzung in Luxemburg ergänzt den „Transposition Guide“, der von der European Coalition for Corporate Justice (ECCJ), deren Mitglied die IDV ist, und anderen Organisationen der europäischen Zivilgesellschaft ausgearbeitet wurde. Aus einer Erhebung des in Amsterdam ansässigen Center for Research on Multinational Corporations (SOMO) geht hervor, dass nur 76 Unternehmen in Luxemburg von der CSDDD von dieser Richtlinie betroffen sein werden, und dies auch nur schrittweise: im Jahr 2027 Unternehmen oder Konzerne mit mehr als 5.000 Beschäftigten und einem weltweiten Umsatz von 1,5 Milliarden Euro sowie Unternehmen außerhalb der EU mit einem EU-Umsatz von 1,5 Milliarden (21 Unternehmen); im Jahr 2028 Unternehmen oder Gruppen mit mehr als 3.000 Beschäftigten und einem weltweiten Umsatz von 900 Millionen Euro sowie Nicht-EU-Unternehmen mit einem EU-Umsatz von 900 Millionen Euro (14 Unternehmen); und im Jahr 2029 Unternehmen oder Gruppen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und einem weltweiten Umsatz von 450 Millionen Euro sowie Nicht-EU-Unternehmen mit einem EU-Umsatz von 450 Millionen Euro (41 Unternehmen).

Die IDV verweist auf den im Mai 2023 eingereichten Gesetzesvorschlag N.8217 als einen Referenztext für die Umsetzung der Richtlinie. Er stelle eine „Benchmark“ und einen Fahrplan für Luxemburg dar. Und gewährleiste eine Angleichung an die internationalen Normen und Standards im Bereich der Sorgfaltspflicht. Laut Informationen, die bei den vom Wirtschaftsministerium im Dezember 2024 durchgeführten Konsultationen mit Vertretern der Zivilgesellschaft geteilt wurden, gehöre der Vorschlag zu den Dokumenten, die von der interministeriellen Arbeitsgruppe, die den Gesetzentwurf zur Umsetzung der CSDDR ausarbeiten soll, geprüft werden. Dabei werde die Einrichtung einer unabhängigen Aufsichtsbehörde mit Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten von entscheidender Bedeutung sein.

In Zusammenhang mit der CSDDD weisen Unternehmerlobbyisten immer wieder auf vermeintliche bürokratische Belastungen für Unternehmen hin. Doch was ist mit den bürokratischen Hindernissen, denen sich die Opfer von Menschenrechtsverletzungen gegenübersehen? Gegen die Übermacht der multinationalen Konzerne ziehen sie meistens den Kürzeren. Damit muss Schluss sein. Darauf haben die Verfechter der Direktive einmal mehr hingewiesen.

V.l.: Jean-Louis Zeien, Pascal Husting und Nora Back bei der gemeinsamen Pressekonferenz in den Räumen der Salariatskammer
V.l.: Jean-Louis Zeien, Pascal Husting und Nora Back bei der gemeinsamen Pressekonferenz in den Räumen der Salariatskammer Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante