Sieben Millionen Euro Investitionen: Schiefergruben in Martelingen sollen in neuem Glanz erstrahlen

Sieben Millionen Euro Investitionen: Schiefergruben in Martelingen sollen in neuem Glanz erstrahlen

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Jahrelang waren die Martelinger Schiefergruben eine Industriebrache ohne Lobby. Spätestens seit der Visite der beiden Staatssekretäre Francine Closener (LSAP ) und Guy Arendt (DP) ist klar, dass dieses Kapitel der Vergangenheit angehört. Das touristische Potenzial der Grube soll gefördert werden und einen Aufschwung für die ganze Region nach sich ziehen.

Von Pit Beffort

Kühl, nass und eng – das sind wohl die passendsten Adjektive, um den Gang der Schieferminen zu beschreiben, der begleitet von einer Pressekonferenz Mitte Juli zugänglich gemacht wurde. Der Boden war rutschig, die Treppen steil und die Decke teilweise sehr niedrig. Doch genau das machte die Besichtigung noch interessanter, da man sich ein Bild davon machen konnte, unter welchen Umständen die Menschen in den dunklen Schiefergruben einst arbeiten mussten.

„Sie müssen sich vorstellen, dass es damals in den Gängen noch dunkler war. Die Arbeiter hatten nur kleine Öllampen, die nicht viel Licht spendeten“, erklärte Doris Thilmany, Vorstandsmitglied der „Frënn vun der Leeë“ und Verantwortliche des „Musée de l’ardoise“. In Anwesenheit der beiden Staatsekretäre Francine Closener und Guy Arendt wurde im Spalthaus „Johanna“ ein Projekt zur Aufwertung der Schiefergruben vorgestellt. Dies soll nicht nur dem Schiefermuseum zu mehr Popularität verhelfen, sondern der ganzen Region einen wirtschaftlichen und touristischen Aufschwung verleihen, so jedenfalls der Tenor. Dass die Industriebrache reichlich Potenzial hat, ist hinlänglich bekannt. Allein, es fehlte irgendwie der politische Wille, dieses Industriedenkmal aufzuwerten.

Apropos Industriedenkmal: Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde in der Gegend um Obermartelingen, nahe der belgischen Grenze, mit dem Abbau von Schiefer begonnen. Die kleinen familiären Betriebe entwickelten sich im Laufe der Zeit zu großen industriellen Unternehmen. In der bekanntesten luxemburgischen Schiefergrube kam es so im Jahr 1889 zu einer Gesamtzahl von sechs Millionen produzierten Schieferplatten. Nach der Übernahme durch die Gebrüder Rother, gegen Ende des 19. Jahrhunderts, konnte die Produktion sogar zwischenzeitlich auf 12 Millionen Platten im Jahr angehoben werden.

Durch die gute Anbindung an das Schienennetz konzentrierte die deutsche Firma ihre Produktion auf die Anlage in Obermartelingen. Hier verband man die einzelnen Gruben miteinander, sodass zwei große Schieferbrüche entstanden: „Johanna“ und „Laura“. Der Abbau konnte, durch die Modernisierung begünstigt, zwar massiv gesteigert werden, dennoch fiel enormer Abfall an. Dies war dadurch bedingt, dass man von oben nach unten arbeitete und somit sowohl der brauchbare als auch der nicht brauchbare Stein aus den Gruben abtransportiert werden musste. Von 100 Kilo abgebautem Gestein konnten nur etwa 15 bis 25 Prozent verwendet werden.

Wirtschaftliches Aus im Jahr 1986

Die Schließung der Schieferbrüche in Obermartelingen 1986 bedeutete das Aus für die Schieferindustrie in Luxemburg. Zu groß war die Konkurrenz durch neue Arten des Dachdeckens und den Import von ausländischen Produkten zu günstigeren Preisen, die seit 1960 die Schieferindustrie im Großherzogtum belasteten. Im Jahr 1992 wurde die Anlage dann von der Gemeinde Rambrouch übernommen, mit dem Ziel, ein Schiefer- und Geologiemuseum zu errichten.

In diesem Zusammenhang entstand auch die „Frënn vun der Lee asbl.“, die sich für die Erhaltung des Areals sowie deren archäologische Erforschung und touristische Wertschätzung einsetzt. Seit 2003 ist das Grundstück im Besitz der Denkmalschutzbehörde, die für die Erhaltung des industriellen Erbes und die Nutzung für touristische Aktivitäten zuständig ist. Allerdings fehlten bisher die finanziellen Mittel, um die Schiefergruben in einen echten Touristenmagneten zu verwandeln.

Zurück zur Gegenwart: Erst jetzt, 2018, gibt der Staat grünes Licht für das rund sieben Millionen Euro schwere Projekt, das die Schieferanlage wieder attraktiver gestalten soll. „Der Staat ist es der Region schuldig“, so Francine Closener. Die Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium betont, dass die Anlage ein „enormes Potenzial“ hat, das es jetzt auszuschöpfen gilt. Staatsekretär Guy Arendt vom Kulturministerium sprach von einem „einzigartigen kulturellen Erbe“, das erhalten werden muss. Tony Rodesch, der Bürgermeister der Gemeinde Rambrouch, zeigte sich ebenfalls sehr glücklich über diese Investition und sicherte den Verantwortlichen die Unterstützung seiner Kommune zu.

Die Erwartungen an dieses Projekt sind klar umrissen: Die ganze Region rund um Martelingen soll einen wirtschaftlichen Aufschwung erleben und viele Touristen anziehen. Die Schiefergalerien, die im Umkreis von mehreren 100 Kilometern die tiefsten in der Gegend sind, sollen ein relevantes kulturelles Ausflugsziel im Großherzogtum werden. Dabei reicht die Zielgruppe von Schulklassen über Familien bis hin zu Archäologen, Geologen und Historikern. Da die Schiefergruben auch im Winter an drei Tagen in der Woche geöffnet werden, ist die Anlage nicht mehr so saisonabhängig. Die Rede war von einem „Zugpferd des Tourismus“ im Nordwesten des Landes, das mehr als ein „klassisches Museum“ ist. Die Besucher sollen einen Einblick in die Arbeitsbedingungen der damaligen Zeit erhalten.

Bis zu 42 Meter unter der Erde

Auf einem 350 m langen Kurs, der bis zu 42 Meter tief unter der Erde verläuft, durchqueren die Gäste verschiedene Gruben und können sich von deren Dimensionen und den Arbeitsmethoden des 19. und 20. Jahrhunderts ein Bild machen. Doch zur Eröffnung eines solchen Rundgangs sind noch viele Arbeiten erforderlich, unter anderem die Installation von Pumpen, Plattformen und Metalltreppen. Doch auch außerhalb der Minen müssen die Räumlichkeiten angepasst werden. So ist zum Beispiel das Einrichten eines Empfangsbereichs mit einer Kasse und einem Helmverleih geplant. Das für die erste Phase (bis 2020) eingeplante Budget dient allerdings nur der Modernisierung der Anlage. Die anschließenden Betriebskosten, ebenso wie die laufenden Kosten, werden dank einem Vertrag zwischen dem Wirtschaftsministerium und der zukünftigen Führungsebene übernommen.

Das Museum wird den Besuchern die traditionellen Handwerksberufe näherbringen und der ehemals zweitgrößten Industrie des Landes wieder zu neuem Glanz verhelfen. Es ist angedacht, dass die acht Hektar große Anlage neben geführten Touren auch freie Rundgänge und Freiluftaktivitäten anbietet. Die Pläne sind mindestens so groß wie das Potenzial, das in dem Gebiet steckt. Jetzt bleibt abzuwarten, wie sich das Projekt entwickelt und ob die Region tatsächlich so wie angedacht davon profitieren kann.

Die Entwicklung der Schieferindustrie in Obermartelingen

In der gallo-römischen Zeit: Schiefer aus dem heutigen Raum Martelingen wird zum Decken der Dächer der Villen benutzt.

1770: Auf der Karte von Jean de Ferraris steht im heutigen Obermartelingen nur ein Holzsägewerk an der Mündung zweier Bäche.

Ab 1790: Beginn des unterirdischen Schieferabbaus an mehreren Orten durch verschiedene Besitzer.

1820er Jahre: Entstehung der Siedlung Obermartelingen, mit Werkstätten und Wohnhäusern der Besitzer der Schiefergruben.

1839: Nach der belgischen Revolution verläuft die Grenze zwischen Belgien und dem Großherzogtum mitten durch die Ortschaft Martelingen.

1842: Zollunion mit Deutschland. Der „Zollverein“ und das Verbot der Strohdächer (1845) führen zu einem Aufschwung der Schieferindustrie.

1852: In einer Einwohnerzählung, die im Hinblick auf die Wahlen der Abgeordnetenkammer durchgeführt wurde, zählt Obermartelingen 95 Einwohner.

1889: Im Memorial des 16. Februar 1891 steht rückblickend auf das Jahr 1889, dass in Obermartelingen zwei Besitzer bis zu 140 Arbeiter beschäftigten und insgesamt 6 Millionen Schieferplatten jährlich produzierten.

1890: Die Strecke der Schmalspurbahn „Jangeli“ wird in Betrieb genommen. Mit einer Haltestelle in Obermartelingen ist die Eisenbahn maßgebend für den Export und die Entwicklung der Industrie.

Zwischen 1890 und 1910: Alle Gruben in der Umgebung werden von der deutschen Firma „Gebrüder Rother“ aufgekauft und modernisiert.

Um 1910: Blütezeit der „Obermosel Dachschiefer- und Plattenwerke Obermartelingen“, mit 600 Grubenarbeitern auf insgesamt 800 Angestellte und Arbeiter. 12 Millionen Schieferplatten werden im Schnitt pro Jahr hergestellt.

1920: Der Schiefergrubenbesitzer August Rother Junior wechselt den Hauptwohnsitz seiner Familie von Frankfurt am Main nach Obermartelingen. Im gleichen Jahr wird der Name der Firma „Obermosel Dachschiefer- und Plattenwerke Obermartelingen“ durch den französischen Zusatz „Ardoisières de Haut-Martelange“ ergänzt.

1923: Umwandlung der Firma in die Aktiengesellschaft „Ardoisières de Haut-Martelange s.a.“.

1940/1945: Die Schieferindustrie arbeitet in Kriegszeiten weiter und wird von den Nazis als „kriegswichtig“ eingestuft.

Dezember 1944: Vorläufige Festnahme durch amerikanische Soldaten des Schiefergrubenbesitzers August Rother wegen Spionageverdachts. Freilassung Mitte Januar, nachdem keine belastenden Beweise gefunden werden konnten.

Ab den 1950er Jahren: Stetiger Verfall der Einnahmen wegen hoher Personalkosten sowie immer mehr ausländischem Billigschiefer und Ersatzprodukten auf dem Markt.

1963: Tod von August Rother Junior, Übernahme der Geschäftsführung durch seine Tochter Christiane Rother.

1985: Tod von Christiane Rother.

1986: Endgültige Schließung der „Ardoisières de Haut-Martelange“. Durch diesen Schritt wird gleichzeitig ein Schlussstrich unter den Schieferabbau im Großherzogtum gezogen. rh

René Charles
18. August 2018 - 18.27

Nach den >Wahlen redet niemand mehr von diesem Aktivismus.

Mulles
16. August 2018 - 23.37

Wiefill leit mussen dan kommen fir den fusballstadion ze amortiseieren? Daat dauert dann awer 2000 joer. Alt rem ee mann deen neischt dervu keent.

Laird Glenmore
16. August 2018 - 17.56

meinen Kommentar nicht richtig verstanden, es ging darum wie viel Eintrittskarten müssen verkauft werden um diese Investition wieder einzuspielen, ich habe nichts gegen Renovierungen und Instandhaltungen es muß aber in Relation zum Objekt und dessen Lage stehen, meine Anmerkung bezog sich auch auf andere Denkmäler die einfach dem Erdboden gleichgemacht werden um Modernen Bauten platz zu machen, das war alles.

streveler a
16. August 2018 - 15.19

Geld am tourismuss gedd nik op enger plaatz verdingd mee mer brauchen vill plaatzen viir engd ganzt an eis regioun interessant ze maachen fir dasst d´legd mei laank bei eis bleiwen dann sen d´suen rem seier zreckverdingd an am eisleck kennen och interessant plaatzen opgeweert gin etr gedd nik nemmen belval etc mee leider fleien eis mattbirger leiwer duercht welt wie mol 1 keier an den norden ze kommen deen nik hannert mersch ophällt

KTG
16. August 2018 - 13.00

Sollen wir also unterirdische Wolkenkratzer bauen, damit sich die Gruben so rentieren, wie sich "Laird Glenmore" dies vorstellt? Ansonsten: die Gruben sind wirklich sehenswert.

Laird Glenmore
15. August 2018 - 19.22

andere wichtige und Sehenswerte Denkmäler werden einfach abgerissen um Platz für Betonklötze ( Banken und Wohnungen ) zu machen, da verdient man wenigstens etwas Geld, wie viele Besucher müssen denn kommen um diese Investition von € 7.000.000,-- einzufahren, das dauert ja mindestens 200 Jahre, was soll´s wir Luxemburger haben es ja, wenn nicht werden eben ein paar neue Steuern oder sonstige Abgaben für den Steuerzahler erfunden, unsere Regierung war in diesen Sachen schon immer sehr Kreativ. Wer fährt schon nach Martelange außer die Belgier zum Tanken.