The Every Corner TourIn 25 Tagen durch 102 Gemeinden

The Every Corner Tour / In 25 Tagen durch 102 Gemeinden
In 25 Tagen durch das ganze Land: Tom, Charles, Julien und Mika (v.l.n.r.) sind inzwischen richtige Luxemburg-Kenner Foto: The Every Corner Tour

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Während andere in 80 Tagen um die Welt jetten, reist ein junges Quartett in 25 Tagen durch Luxemburg: Vom 21. Juli bis 14. August haben vier Studenten auf ihrer „Every Corner Tour“ die eigene Heimat entdeckt. Dabei konnten sie feststellen, dass das Großherzogtum alles andere ist als klein.

„Was waren denn die Highlights dieser Reise?“ Mit einem Schlag haben Charles (23), Mika (18), Tom (19) und Julien (19) ein breites Lächeln auf dem Gesicht. Mit Negativem will sich das Quartett nicht lange aufhalten. Und das, obschon man die Studenten nach ihrer Reise durch sämtliche Gemeinden des Landes inzwischen durchaus als Kritiker der Luxemburger Tourismusbranche bezeichnen könnte.

25 Tage haben sie gebraucht, um die 102 Gemeinden des Landes zu bereisen und dabei auch (fast) alle Sehenswürdigkeiten in Augenschein zu nehmen, die das Großherzogtum so zu bieten hat. Manches davon war ihnen bekannt, vieles aber war Neuland für Charles, Mika, Tom und Julien. Niemals hätten sie sich erträumt, dass Luxemburg so viel zu bieten hat, unterstreichen die Jungs denn auch gleich mehrmals.

Und so schwärmt das Quartett beim Treffen am Echternacher See fast eine Stunde lang von unzähligen Entdeckungen, unerwarteten Momenten und freundlichen Menschen, ohne deren Unterstützung das Abenteuer kaum möglich gewesen wäre. Sogar das Gespräch über verbesserungswürdige Punkte tut der guten Stimmung keinen Abbruch. Dennoch zeigen sich die Jungs sichtlich erleichtert, als das Gespräch von der Kritik zurück zu der Frage nach den Höhepunkten ihrer Reise geleitet wird.

Ein Abenteuer aus Langeweile

Julien Wald zieht gleich mehrere Zettel aus seiner Hosentasche und breitet sie sorgfältig auf der hölzernen Bank aus, die an diesem warmen Augustmontag am Echternacher See als Treffpunkt herhalten muss. „Also, am ersten Tag …“, beginnt der 19-jährige Luxemburger seine Ausführung – und dem aufmerksamen Beobachter wird sofort klar, dass die Jungs zwar mit der Frage gerechnet hatten, sich aber nicht auf zwei oder drei Höhepunkte einigen konnten. Vielmehr gehen sie sämtliche Tage durch und listen auch wirklich alle Sehenswürdigkeiten auf, die ihnen in jeder der besuchten Ortschaft am besten gefallen haben.

Der Grund für dieses Abenteuer? „Langeweile“, wie Julien im Gespräch mit dem Tageblatt unumwunden zugibt. Die Idee, innerhalb weniger Wochen sämtliche Gemeinden des Landes zu bereisen, sei während der Ausgangsbeschränkungen zu Beginn der Pandemie entstanden: „Wir haben zu jener Zeit gleich mehrmals in der Woche per Videochat miteinander gesprochen und dabei auch etwas herumgeblödelt. Irgendwann ist daraus aber die Idee entstanden, sämtliche Ecken des Landes zu bereisen“, so der 19-Jährige. Eine Auslandsreise sei zu jenem Zeitpunkt schließlich nicht denkbar gewesen.

Und so ist aus der Langeweile heraus ein Projekt entstanden, das die Jungs bereits lange vor dem Start am 21. Juli beschäftigen sollte. „Erste Gespräche fanden im März statt“, bestätigt Charles Drinkwater. „Grundidee war es, etwas Originelles zu tun“, so Mika Bouchet-Virette. „Ich habe dann vorgeschlagen, das Ganze für Familie und Freunde in den sozialen Netzwerken festzuhalten“, fährt Charles, der 23-jährige Luxemburger mit britischen Wurzeln, fort. Dass daraus allerdings ein ganzes Projekt entwachsen sollte, war zunächst nicht geplant.

Brief an alle Gemeinden

„Die Idee, in unsicheren Zeiten den lokalen Tourismus im Land mitsamt dem kostenlosen öffentlichen Transport und den schönen Wanderpfaden zu fördern, kam erst später“, pflichtet Tom Schlesser bei. Vielmehr sei es den Jungs darum gegangen, aus der aktuellen Situation einen Urlaub, ja ein Abenteuer herauszuschlagen.

Angesichts des angespannten Zeitplans musste dieses Abenteuer minutiös vorbereitet werden. Zu diesem Zweck wurden nicht nur eigene Nachforschungen angestrengt, sondern auch sämtliche Gemeindeoberhäupter angeschrieben. „Das Echo war recht positiv: Wir erhielten mehr als 40 Antworten mit teils sehr detaillierten Ausführungen und Empfehlungen“, unterstreicht Julien. Mehr noch: Während in Monnerich Gemeinderat Michel Martins das Quartett durch die Gemeinde führte, wurden Julien, Charles, Mika und Tom in Wormeldingen von Schöffin Martine Schmit empfangen. In Garnich wartete sogar Bürgermeister Georges Fohl als Reiseführer auf die Jungs.

Ansonsten musste sich das Quartett als Fortbewegungsmittel auf den öffentlichen Transport oder die eigenen zwei Füße verlassen. Geschlafen wurde meist in Jugendherbergen, auf Campingplätzen oder bei Bekannten. „Schlafgelegenheiten gab es nicht überall“, so Julien. „Wir hatten oft Glück, bei Freunden oder Familienmitgliedern schlafen zu können. Touristen aus dem Ausland tun sich dort etwas schwerer.“

So ist den Jungs aufgefallen, dass es in manchen Ortschaften trotz touristischer Sehenswürdigkeiten an begleitenden Einrichtungen fehle. Vor allem was die Verpflegung angeht, sei man immer wieder auf Hürden gestoßen. So seien manche Einrichtungen an bestimmten Tagen geschlossen gewesen. „Besonders montags gingen wir oft leer aus“, betont Charles. Auch habe man sich nicht immer aufs Internet verlassen können, wie Tom hervorstreicht. „Laut Google oder Facebook war ein bestimmtes Etablissement an einem konkreten Tag geöffnet. In Wirklichkeit aber waren die Türen geschlossen“, so der 19-Jährige weiter.

„So klein ist das Großherzogtum nicht“

Ansonsten aber wollen die vier Studenten lieber über die Höhepunkte ihres Abenteuers reden als über ungewisse Öffnungszeiten und fehlende Wanderpfade zwischen den Ortschaften. Abwechselnd nehmen sie sich im Gespräch mit dem Reporter jeden einzelnen ihrer 25 Tage auf Reise vor. Eine halbe Stunde lang zählen sie bekannte Sehenswürdigkeiten auf oder ganze Städte, die es ihnen angetan haben, aber auch weniger bekannte Attraktionen, an deren Besuch sie immer noch mit einem Glitzern in den Augen zurückdenken.

Eines fällt sofort auf: Dem Abenteuer mangelt es nicht an Höhepunkten. Angefangen am 21. Juli in Colmar-Berg, geht das Quartett bis zum 14. August in Bissen mit großer Begeisterung auf jede einzelne Gemeinde ein. Dazwischen liegt eine einmalige Reise durch 100 weitere Kommunen, von denen manche gleich mehrmals Erwähnung finden. Besonders aber haben es dem Quartett das Müllerthal, Bourscheid und seine Burg, das Patton-Museum in Ettelbrück, die erst 2018 entdeckte Gourmangslay in Lorentzweiler und die Valentiny Foundation in Remerschen angetan. Aber auch Diekirch, Grevenmacher und Clerf konnten das Quartett mit ihrem Gesamteindruck begeistern.

Bourscheid hat es den vier Jungs aus dem Zentrum und Süden des Landes angetan. Dabei ist die Burg nur eine von unzähligen Sehenswürdigkeiten, die das Quartett im Anschluss an die Reise hervorheben.<br />
Bourscheid hat es den vier Jungs aus dem Zentrum und Süden des Landes angetan. Dabei ist die Burg nur eine von unzähligen Sehenswürdigkeiten, die das Quartett im Anschluss an die Reise hervorheben.
 Foto: Editpress-Archiv

„Es wird immer wieder vom kleinen Luxemburg gesprochen“, meint Mika. „Doch so klein ist das Großherzogtum nicht“, ergänzt der 18-Jährige mit französisch-dänischen Wurzeln. Allein der Umstand, dass die vier Freunde 25 Tage lang ein prall gefülltes Programm hatten und manche Attraktionen dennoch weglassen mussten, spreche Bände. „Es gibt so viel zu entdecken in Luxemburg! Langeweile sieht anders aus!“ Laut Tom reichen dafür die eigenen zwei Beine und der öffentliche Transport: „Ein Wagen mag zwar etwas bequemer erscheinen. Aber man kann das Großherzogtum auch auf diesem Weg bereisen. Vor allem der kostenlose öffentliche Transport macht’s möglich“, so der 19-Jährige.

Charles zeigt sich überrascht, dass das anstrengende Programm keinen Tribut gefordert hat. „Reisen, wandern, die sozialen Netzwerke updaten: Ich hätte gedacht, dass wir nach einigen Tagen zusammenbrechen“, meint der Älteste im Team. Das sei jedoch nicht der Fall gewesen: Trotz aller Routine, die sich entwickelt habe, habe jeder Tag etwas Neues gebracht. „Daran werde ich mich noch lange erinnern“, so Charles.

Julien hebt indessen den menschlichen Aspekt ihres Abenteuers hervor: „Ich hätte nicht gedacht, dass wir das alles schaffen. Dank der Unterstützung so vieler Menschen konnten wir das Projekt aber durchziehen“, so der Luxemburger. Ob es nun Freunde und Bekannte waren oder Fremde, die sie mit Informationen oder gar einem bezahlten Essen unterstützt haben: „Wir durften erleben, wie einladend und hilfsbereit die Luxemburger eigentlich sind!“

Fotos und weitere Eindrücke erhalten die Leser in den sozialen Netzwerken, unter anderem auf Instragram mit dem Suchwort „everycorner.lux“.