Montag3. November 2025

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EditorialRiese mit Sorgen: Das Handwerk kämpft seit Jahrzehnten mit den gleichen Problemen

Editorial / Riese mit Sorgen: Das Handwerk kämpft seit Jahrzehnten mit den gleichen Problemen
Ein Auszubildender zum Kraftfahrzeug-Mechatroniker in der Garage Losch in Esch Foto: Editpress-Archiv/Isabella Finzi

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Das Handwerk ist eine nicht zu unterschätzende Macht in Luxemburg – zumindest nach Zahlen. Allerdings besteht dieser Riese zu 79 Prozent aus „Mikro“-Unternehmen (bis neun Beschäftigte) und kleinen Unternehmen (10 bis 49 Beschäftigte). Die Rolle als Jobmotor hat das Handwerk noch immer inne, auch wenn speziell das Baugewerbe im vergangenen Jahr einen beispiellosen Aderlass erlebte und die Konkurrenz ausländischer Unternehmen den einheimischen in verschiedenen Berufszweigen seit Jahren zusetzt. Jeder fünfte Arbeitnehmer hierzulande ist im Handwerk tätig. Nach Angaben der „Chambre des métiers“ hat sich die Zahl der dort Beschäftigten seit 1970 vervierfacht. Trotzdem hat das Handwerk seit Jahrzehnten mit den gleichen Problemen zu kämpfen. Bis heute wurden diese nicht gelöst.

Eines davon ist ein Imageproblem: Dies beginnt mit den üblichen Klagen der Kunden über die Handwerker. Selbst die Redensart „pünktlich wie die Maurer“ wird heute vor allem als Tadel benutzt, wenn sich jemand pünktlich in den Feierabend verabschiedet. Mal wird über die Qualität der Arbeit hergezogen, mal über ihren Preis. „Der Kunde sieht meistens nur das fertige Produkt, und das soll möglichst schnell gehen und später perfekt aussehen“, sagt der Chef eines Fliesenlegerbetriebs. Das Stresslevel habe sich vervielfacht, erklärt der Fachmann, und bei vielen, sowohl Architekten als auch Kunden, sind die Ansprüche gestiegen, das Verständnis und die Anerkennung für die geleistete Arbeit gesunken. Die einzelnen Berufe – vom Automechaniker (heute Mechatroniker) bis zum Zimmermann – müssen daher besser gefördert werden.

Ein weiteres Dauerproblem ist der Mangel an qualifiziertem Nachwuchs in fast allen Handwerksberufen. Trotz der steigenden Zahl der Beschäftigten um drei Prozent pro Jahr und der fast 1.700 Auszubildenden ist auch dies noch längst nicht behoben. Viele Handwerker kommen aus dem selbst nicht ganz so grenznahen Ausland und nehmen weite Anfahrtswege in Kauf, während hierzulande junge Leute das Handwerk nicht attraktiv genug finden – oder schlichtweg nicht dafür geeignet zu sein scheinen, wie Romain Schmit, der Generalsekretär der „Fédération des artisans“ (FDA), es bereits 2017 in einem Interview mit dem Autor dieser Zeilen formulierte: „Momentan führt der Weg ins Handwerk über mehrere aufeinanderfolgende schulische Misserfolge. Erst wenn man auf der untersten Stufe gelandet ist, darf man Handwerker werden.“ Manche könnten kaum ihren Namen schreiben, monierte Schmit, und sollen dann als Heizungsinstallateur mit den kompliziertesten Regelungen großer Anlagen arbeiten.

Der FDA-Generalsekretär wies darauf hin, dass angesichts der gestiegenen Anforderungen in manchen Berufen nur wenige ihre Ausbildung abschlossen. Hinzu komme, dass bei bestandener Meisterprüfung und Gründung respektive Übernahme eines Betriebs auch unternehmerische Qualitäten gefragt sind. Doch nach wie vor kapitulieren viele vor dieser Herausforderung. „Die Problematik liegt in den Köpfen der Menschen“, sagte 2013 der damalige Präsident der „Chambre des métiers“, Roland Kuhn. „Wir müssen den Jugendlichen zeigen, was das Handwerk und was ein Betrieb ist und wie er funktioniert.“ Dazu gehört nicht mehr nur der Werkzeugkasten, sondern das nötige betriebswirtschaftliche Rüstzeug. Trotz verschiedener Angebote hat sich daran seither nichts geändert.

Ein ähnlich gelagertes strukturelles Problem ist die Konkurrenz des Staates und der Kommunen auf dem Arbeitsmarkt. Zahlreiche Betriebe verlieren ihre Mitarbeiter an den öffentlichen Dienst. Mit den Löhnen sowie Arbeitsbedingungen, die Staat und Gemeinden bieten, können die meisten Firmen nicht mithalten. Zwar sind sich die Regierungen dieser Problematik schon lange bewusst, doch geändert hat sich trotz vereinzelter Initiativen nichts. Das Problem ist ein strukturelles. Dringend nötig sind eine „Fachkräfteoffensive“, wie jüngst wieder angemahnt, ein Umdenken und ein Ende des „mythe du col blanc“ ebenso.


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